Österreich erstes Land

„Beißen auf Befehl“ wird nun zum Auslaufmodell

Tierecke
09.03.2025 07:45

Es ist ein österreichischer Meilenstein im Tierschutz, der nun auch in anderen Ländern für Diskussionen sorgen wird. Die zuständige Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) hält an der Verordnung von Ex-Tierschutzminister Rauch fest, die ein gegen den Menschen gerichtetes Beißtraining zukünftig untersagt. 

Mit seiner letzten Amtshandlung hat sich der ehemalige Minister Johannes Rauch ein Denkmal gesetzt und endlich verboten, was in der breiten Bevölkerung bereits sehr lange auf Unverständnis gestoßen ist: Wenn Hunde nämlich darauf trainiert werden, auf Kommando einen Menschen anzuspringen und ihm in den Unterarm beißen. 

Kritische Methoden
Verfechter dieser Disziplin sehen darin einen Teil einer traditionellen Sportart – auch IGP oder Gebrauchshundeausbildung genannt – und treiben ihre Vierbeiner regelmäßig zu Extremleistungen bei Wettbewerben und Prüfungen an.

Dort läuft der Hund in hohem Tempo aus großer Entfernung auf den sogenannten „Schutzhelfer“ und verbeißt sich im Sprung in dessen „Schutzärmel“. Laut offizieller Prüfungsordnung kommt dabei auch ein „Softstock“ zum Einsatz, der Abwehrschläge auf den Körper des Tiers andeuten soll. Tierschützer sehen das seit jeher kritisch, denn derartiges steht nicht im Einklang mit dem Tierschutzgesetz. 

Wer ist von dem Verbot betroffen?

  • Diensthunde von Polizei und Militär sind von der Verordnung ausgenommen!
  • Die Ausbildung von Rettungs-, Therapie- oder Blindenführhunden ist nicht von dem Verbot betroffen
  • Das Verbot dreht sich um Teile von Ausbildungen oder sportlichen Aktivitäten (auch in Vereinen), die ein gegen den Menschen gerichtetes Beißtraining beinhalten
  • Sportarten wie etwa Agility, Flyball oder weitere Aktivitäten können bedenkenlos ausgeübt werden
  • Verbeißen in vom menschlichen Körper abgegrenzte Gegenstände wie Seile, Frisbees oder ähnliches ist weiterhin erlaubt

Dass diese Hunde dabei Verletzungen erleiden – bis hin zu Todesfällen durch Genickbruch beim Aufprall – oder der Hund auch mal am Schutzhelfer vorbeiläuft und Unbeteiligte anspringt, wird gerne unter den Teppich gekehrt. Tierschützer, die Missstände oder verbotene „Starkzwang“- Methoden aufdeckten, wurden in der Vergangenheit sogar geklagt. 

Der „Schutzärmel“ ist das begehrte Beuteobjekt. Experten warnen, dass hier auch Fehlverknüpfungen passieren können. So soll es bereits zu einem Vorfall mit einem falsch interpretierten Kommando und einer Dame mit Gipsarm gekommen sein.  (Bild: Sabine Teichert - stock.adobe.com)
Der „Schutzärmel“ ist das begehrte Beuteobjekt. Experten warnen, dass hier auch Fehlverknüpfungen passieren können. So soll es bereits zu einem Vorfall mit einem falsch interpretierten Kommando und einer Dame mit Gipsarm gekommen sein. 

Andere Länder könnten folgen
Dass diese Praktiken nun verboten werden, wird vielerorts bejubelt. Es könnte den Anstoß geben, dass eine Art Domino-Effekt einsetzt, und sich auch andere Länder anschließen. „Mich erinnert das an das Auftrittsverbot von Wildtieren im Zirkus. Auch hier war Österreich federführend und hat das – trotz größter Widerstände der Schausteller – sogar vor dem Europäischen Gerichtshof durchsetzen können. Mittlerweile sind viele Länder dem Beispiel gefolgt und verbieten den Auftritt von Tieren wie Elefanten oder Löwen in der Manege“, gibt sich „Krone“-Tierecke Chefin Maggie Entenfellner optimistisch. 

„Krone“ hat erfolgreich Verbot gefordert
Auch beim heißen Thema „Beißtraining“ gibt es Interessensvertreter, die es nicht gelten lassen möchten, dass es nun endlich zu geforderten tierschutzgerechten Veränderungen in diesem Sport kommt, und die „Krone“ diesen Schritt als Erfolg verbucht. Der größte Hunde-Dachverband „Österreichischer Kynologen Verband“ (ÖKV) ließ nach Bekanntwerden des kommenden Verbots mit einer Aussendung in fragwürdiger Tonalität wissen, dass er alle rechtlichen und politischen Mittel ausschöpfen wird, um den „Angriff auf den Hundesport“ abzuwehren. 

Es ist keine Rede davon, dass Hundesport allgemein verboten werden soll! Ganz im Gegenteil – Hundehalter müssen viel Zeit in Erziehung, Sozialkompetenz und Alltagstauglichkeit investieren.  (Bild: Даша Швецова - stock.adobe.com)
Es ist keine Rede davon, dass Hundesport allgemein verboten werden soll! Ganz im Gegenteil – Hundehalter müssen viel Zeit in Erziehung, Sozialkompetenz und Alltagstauglichkeit investieren. 

Absichtliche Irreführung
Doch das führte zu Unsicherheit in den eigenen Reihen, denn viele glaubten, nun keinerlei sportliche Aktivität mit ihrem Vierbeiner ausüben zu dürfen. Das ist natürlich Unfug, denn das ist ausdrücklich weiterhin erlaubt – auch „Zerrspiele“ mit Seilen, Bällen oder vergleichbaren Gegenständen sind erlaubt. Im Gegenteil - es wird sogar dazu explizit aufgerufen, dass Hundehalter ihr Hauptaugenmerk auf geeignetes Training, richtige Sozialisierung, Beschäftigung und Auslastung ihres Tiers richten sollen. 

Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) wurde von Bundespräsident van der Bellen als Staatssekretärin für Tierschutz angelobt.   (Bild: ROLAND SCHLAGER)
Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) wurde von Bundespräsident van der Bellen als Staatssekretärin für Tierschutz angelobt.  

Guter Start in die Amtsperiode
Dieses Verwirrspiel von manchen endet nun. Die am Montag angelobte Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) sieht keinerlei Anlass, an der bestehenden Verordnung ihres Vorgängers zu rütteln. Das kann als starkes Bekenntnis der Regierung gewertet werden, dass auch Verbesserungen im Tierschutz Platz auf der Agenda gefunden haben. 

Tierschutz im Hohen Haus
Auch der Tierschutz-Sprecher der NEOS Christoph Pramhofer nahm sich während der turbulenten ersten Arbeitswoche der Regierung Zeit, sich der Causa zu widmen und sagte im Gespräch mit der „Krone“: „Wir sehen das ganz klar. Solche Trainings sollen in Zukunft nur Polizei, Zoll oder Bundesheer vorbehalten sein“. 

NEOS Tierschutzsprecher Christoph Pramhofer im Gespräch mit „Krone“ Journalistin Maggie Entenfellner.  (Bild: Katharina Lattermann)
NEOS Tierschutzsprecher Christoph Pramhofer im Gespräch mit „Krone“ Journalistin Maggie Entenfellner. 
(Bild: Katharina Lattermann)

Ende ist fixiert
Vereine, die diese Art der Ausbildung anbieten und sportliche Wettbewerbe organisieren, müssen nun umdenken. Kritisch sind vor allem begonnene Ausbildungen, die in den letzten sechs Monaten vor Inkrafttreten der Verordnung gestartet wurden. Diese dürfen nur noch in einem eingeschränkten Rahmen weitergeführt werden, bis bei dem Hund die vollständige Signalkontrolle erreicht wurde. Das muss allerdings bis 01. September abgeschlossen sein, gegen den Menschen gerichtetes Angriffsverhalten oder Beißtraining darf nicht mehr gefördert werden. 

Allianz hat auf Ende gepocht
„Dass Bundesminister Rauch nun Trainingsmethoden, bei denen Hunde auf Angriffe gegen Menschen gedrillt werden, verbietet, ist ein absoluter Erfolg für den Tierschutz“ so auch die Reaktion der „Tierschutz-Allianz“ zu der Vier Pfoten, Verein „Freunde der Tierecke“, Gut Aiderbichl, Pro Tier, TierQuarTier Wien, Tierschutz Austria, TSV NÖ, VGT, Verein Pfotenhilfe und die Tierschutzombudsstelle Wien gehören.

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