Rechtsgutachten warnt

Veraltete Gesetze bedrohen freilaufende Haustiere

Tierecke
12.03.2025 12:42

In Österreich dürfen Hunde und Katzen legal erschossen werden – und das nahezu überall. Ein neues Rechtsgutachten, beauftragt von einer privaten Hundehalterin aus dem Burgenland, stellt diese Praxis infrage und fordert eine Reform der Landesjagdgesetze.

Nach derzeitiger Rechtslage darf ein Jäger einen Hund erschießen, wenn dieser beim Wildern ertappt wird oder sich außerhalb der Rufweite seines Halters befindet – teilweise sogar präventiv. Katzen dürfen ab einer Entfernung von 300 Metern zum nächsten bewohnten Gebäude geschossen werden.

Skandal: Hunde in Fallen gefangen und getötet!
Besonders erschreckend ist die Gesetzeslage in Burgenland, Tirol und Oberösterreich: Dort dürfen Hunde ohne Einschränkungen erschossen werden – selbst wenn sie bereits in einer Falle gefangen sind. In der Steiermark ist der Abschuss je nach Jahreszeit erlaubt, in Niederösterreich, Wien, Vorarlberg und Salzburg gibt es widersprüchliche, kaum praxistaugliche Regeln.

Ein aktuell veröffentlichtes Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Dr. Erika Wagner vom Institut für Umweltrecht an der Johannes Kepler Universität Linz sieht die Regelungen unzeitgemäß und dringend re­form­be­dürf­tig.

Persönlicher Hintergrund für den Auftrag
Beatrix Leberth, die Initiatorin des Gutachtens, setzt sich für eine Gesetzesänderung ein, nachdem sie selbst traumatische Erfahrungen mit der Tötung ihres Hundes durch einen Jäger machen musste. Ihr Ziel ist es, neben ethischen Argumenten auch die juristischen Aspekte hervorzuheben, um eine rechtliche Änderung im Sinne des Tierschutzes zu bewirken.

Zitat Icon

Hunde sind heute für uns Menschen Familienmitglieder. Die Vorstellung, dass ein geliebtes Haustier einfach erschossen werden darf, ist aus gesellschaftlicher und tierschutzrechtlicher Sicht nicht mehr tragbar!

Univ.-Prof. Dr. Erika Wagner, Institut für Umweltrecht an der Johannes Kepler Universität Linz

Relikt aus der Vergangenheit
Die gesetzliche Erlaubnis zur Tötung von Hunden geht auf eine über 300 Jahre alte Praxis zurück. Damals ging es darum, wildernde, oft herrenlose Hunde daran zu hindern, Wildtiere zu reißen. Heute haben sich jedoch sowohl die Mensch-Tier-Beziehung als auch das Verständnis von Tierschutz grundlegend gewandelt.

Das aktuelle Gutachten hebt hervor, dass die bestehenden Regelungen in mehrfacher Hinsicht rechtlich problematisch sind:

  • Eigentumsrecht: Die entschädigungslose Tötung eines Hundes stellt einen massiven Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht dar.

  • Verhältnismäßigkeit: Die Tötung von Hunden ist nicht das mildeste Mittel, um Wild zu schützen. Alternative Methoden zur Vergrämung oder Einfangung wären deutlich angemessener.

  • Gleichheitswidrigkeit: Jagdhunde sind von den Tötungsermächtigungen meist ausgenommen, unabhängig davon, ob sie tatsächlich Wild reißen oder nicht. Diese Ungleichbehandlung ist rechtlich fragwürdig.

Das 50-seitige Rechtsgutachten ist im Original in der Zeitschrift „Tier- und Artenschutz in Recht und Praxis“ (TiRuP) veröffentlicht. Es kann kostenlos hier abgerufen werden.

Kritik auch von anderen Experten
Der international anerkannte Biologe und Verhaltensforscher Univ.-Prof. Kurt Kotrschal hält es für nicht möglich, aus dem Verhalten eines Hundes immer schließen zu können, ob er gerade wildert, und empfindet einen Abschuss als beispiellose Geringschätzung der Gefühle anderer, weil Hunde ganz wichtige Sozialpartner für ihre Menschen sind. 

Forderung nach Reformen zum Schutz von Haustieren
Tierschutzorganisationen wie Tierschutz Austria schließen sich der Kritik an und fordern ein generelles Verbot des Abschusses von Haustieren. „Schätzungen zufolge werden jährlich bis zu 30.000 Haustiere von Jägern erschossen. Diese Praxis ist nicht mehr zeitgemäß und gehört abgeschafft“, so Dr. Michaela Lehner, leitende Juristin von Tierschutz Austria.

Ein erster Schritt in Richtung Reform könnte ein bundesweites Jagdgesetz sein, das die landesgesetzlichen Regelungen vereinheitlicht und an moderne Tierschutzstandards anpasst. Ein entsprechendes Volksbegehren wurde bereits gestartet – und erst kürzlich durch den Bundesminister für Inneres gestoppt. Eine Beschwerde gegen den Ablehnungsbescheid wurde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht.

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