Die Frauenquote im Nationalrat war auch in der vergangenen Legislaturperiode erschreckend tief. Auf 183 Abgeordnete kamen nur 53 Frauen, so der Leiter des Instituts für Parlamentarismus und Demokratiefragen, Werner Zögernitz. Das sind magere 29 Prozent. Aber das könnte sich nach der Nationalratswahl ändern, weil die Parteien verstärkt auf Frauen setzen.
Hier Skizzen von vier jungen Kandidatinnen - mit einem Hauch von Nestroys "Haus der Temperamente", weil ihre Charaktere so verschieden sind:
Basketballstar tritt in Papas Fußstapfen
Das Postsportzentrum in Wien-Hernals: holzgetäfelte Basketballhalle, Anzeigetafel für Spielzeit, Fouls, Outzeiten, 800 Zuschauersitze. Hier ist der Teamkapitän der "Flying Foxes", Petra Steger (rechts im Bild), 25, in ihrem Element. Ein Basketballstar, wie ihre Erfolgsstory zeigt: siebenfache Staatsmeisterin, vierfache Cupsiegerin und von den Trainern zweimal zur besten Spielerin gekürt. Und jetzt will die Studentin für Wirtschaftsrecht ihre "beiden Leidenschaften Sport und Politik" verbinden. Im Sport liegt vieles im Argen: die Sportstätten, die Förderungen, die sehr oft aus Freunderlwirtschaft und Haberei vergeben werden.
Petra stammt aus einer "politischen Basketballfamilie". Ihr Vater, Ex-Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef Norbert Steger, war Basketballer. Er verliebte sich beim Basketball in seine Frau Helga, die heute als Managerin beim SV Post die Fäden zieht. Ich war selbst dabei, als Norbert Steger 1986 beim Innsbrucker FPÖ-Parteitag von Jörg Haider gestürzt wurde - unter unfairsten Begleitumständen. Wieso, frage ich Norbert Steger, lassen Sie es nach diesen bitteren Erfahrungen zu, dass Ihre Tochter in die Politik geht?
"Glauben Sie ernsthaft, dass ein Vater seiner Tochter sagen kann, was sie tun soll oder nicht?", gibt der Ex-Vizekanzler zu bedenken. Petra Steger, an zehnter Stelle der Wiener FPÖ-Liste gereiht, auf die Frage, ob Strache nicht genau so ein Populist wie Jörg Haider sei: "Es gibt Ähnlichkeiten", räumt sie ein. "Aber ich würde beide nicht miteinander vergleichen, weil sie vom Charakter sehr verschieden sind." Petra verspricht, sie würde etwaige rechtextreme Aussagen in der FPÖ zurückweisen, wie das schon ihr Vater getan hat.
Mit 26 schon seit einem Jahr im Parlament
Das Hohe Haus am Ring: Pallas Athene, die Säulenhalle, der ÖVP-Klubsaal. Mit den Gemälden von Parteigranden ringsum: Leopold Figl, Julius Raab, aber auch umstritten, wie Karl Lueger oder Engelbert Dollfuß. Und mittendrin Eva-Maria Himmelbauer (2. von rechts), 26, die jüngste ÖVP-Abgeordnete. Es ist fast wie eine Prozession. Sie führt mich zu ihrem Sitz 187 in der siebenten und letzten Reihe des Plenarsaals. "Hier hat man einen guten Überblick, was sich abspielt", erzählt sie locker vom Hocker.
Eva-Maria Himmelbauer erinnert sich noch genau daran, wie sie vor einem Jahr die Nachfolge des Justizsprechers Heribert Donnerbauer antrat. Betreut von Gertrude Kirchweger, die schon Tausende Jugendliche durch das Parlament geführt hat. Wie es das erste Mal am Rednerpult war? Vor der Präsidentin, den Damen und Herren Abgeordneten, den Fernsehkameras? "Aufregend, spannend. Ich bin nervös, aber auch konzentriert gewesen. Voll innerer Spannung."
Die Reaktion quer durch den Plenarsaal sah wie aus? "Beifall aus allen Fraktionen", lacht Eva-Maria Himmelbauer kurz auf. "Es war in einer Nachtsitzung. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass Jungfernreden von allen Fraktionen beklatscht werden." Das Gefühl dabei? "Mein Gott, das gibt es einmal und nie wieder." Eva-Maria beginnt fast wie Nestroy zu philosophieren: "Man kommt rein, hat an Idealismus, möcht die Welt umreißen. Aber erkennt, dass Sachfragen heranreifen müssen, wie die Regionalförderung für das Weinviertel, die Ansiedelung usw."
"Schwarz trinken, Rot wählen" ist das Motto von Kucharowits
Gleich hinter dem Burgtheater liegt in der Löwelstraße 18 die SPÖ-Wahlkampfzentrale. 40 Mitarbeiter, Hunderte Bildschirme, Wahlkampfutensilien: Feuerzeuge ("Rot gibt Vollgas"), Kulis ("Die Partei der Arbeit. Da unterschreibe ich"), rote Brillen ("Junge Wähler wählen Rot"), rote Käppis ("Wähl mit Köpfchen"). Die Bundeschefin der Jungen Generation in der SPÖ, Katharina Kucharowits (2. von links), 29, freut sich. Sie steht auf der SPÖ-Bundesliste auf Platz fünf, kommt also sicher ins Parlament. Kucharowits verspricht: "Ich werd mich richtig reinhauen."
Katharina Kucharowits hat das ehrsame Lehramtsstudium ergriffen: Mathematik, Psychologie und Philosophie. Sie ist aber nicht nur eine gute Theoretikerin, sondern auch eine geschickte Praktikerin – wie etwa im niederösterreichischen Wahlkampf. So schenkte sie auf ihrer "Coffee-to-go-Tour" frisch gekochten Kaffee unter dem Motto "Schwarz trinken, Rot wählen" aus. Was Katharina, die Große, sehr ärgert, sind die Untergriffe im Wahlkampf, die "vor allem von einer Oppositionspartei kommen".
"Frauen werden immer nach ihrem Äußeren beurteilt"
Die Nationalbibliothek. Eingang Heldenplatz. Einige Stufen. Doppeladler, Buchausgabe, Lesesaal. Hier schreibt Sigi Maurer (links im Bild), 28, auf Platz sechs der grünen Bundesliste, ihre Bachelor-Arbeit. Worüber? Sie lacht hell auf: "Über das Verhältnis von Theorie und Praxis in der kritischen Theorie." Fast entschuldigend fügt sie hinzu: "Ein eher komplexes Thema." Wie sie, die Intellektuelle, in die Politik rutschte? "Mein Uni-Fach Musikwissenschaft sollte abgeschafft werden", erzählt Maurer. "Ich habe dagegen protestiert, Unterschriften gesammelt – und es verhindert."
Sigi Maurer zieht ihr dunkles Haar zurecht, blickt über den Rand ihrer großen Brille und lächelt nachsichtig. "Künftige Koalitionen?", hinterfragt sie mit leicht erhobener Stimme. "Ich bin keine Freundin von Schwarz-Grün. Ich bin auch nicht von der SPÖ begeistert. Aber mit ihr könnten hier Bildung und soziale Gerechtigkeit verwirklicht werden." Und dann zieht sie emotionell gegen extrem rassistische und sexistische Politik vom Leder.
"Vizekanzler Michael Spindelegger hat kürzlich gesagt, dass die Frauen schön seien!", empört sich Maurer. "Ja, was ist daran so verwerflich?", wage ich einzuwenden. "Na ja, eine Frau käme nie auf die Idee zu sagen, die Männer sind schön." Nachsatz: "Frauen werden immer nach ihrem Äußeren beurteilt." Sigi Maurer als Ministerin? "Nicht, dass ich es mir nicht zutrauen würde. Aber es ist zu früh."
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