Leistbares Wohnen ist eines der Hauptthemen der SPÖ in der Dreier-Koalition. Parteichef und Vizekanzler Andreas Babler ist persönlich dafür zuständig. Die Regierung hat sich auf eine Mietpreisbremse verständigt, das alleine wird aber die Probleme am Wohnungsmarkt nicht lösen. Diese sind vielschichtig. Langfristig muss die Regierung die lahme Baukonjunktur wieder ankurbeln – und zwar so ...
Die Mieten sind in Österreich in den vergangenen Jahren sehr stark gestiegen. Laut Berechnungen des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts sogar dreimal so stark wie in der gesamten Euro-Zone. Von 2010 bis 2024 betrug der Anstieg über 70 Prozent. Lediglich in Estland (208,2 Prozent), Litauen (177,3 Prozent) und in Irland (108,1 Prozent) kletterten die Mieten stärker als in Österreich.
Regulierte Mieten werden heuer eingefroren
Die SPÖ hat in der Opposition der Regierung stets vorgeworfen, dass sie durch das Nicht-Eingreifen in die Mietpreise die Inflation weiter angeheizt hätte. In der Regierung mit ÖVP und NEOS haben die Roten nun durchgesetzt, dass die Mieten 2025 nicht erhöht werden und die Mietanpassung 2026 maximal ein Prozent bzw. 2027 höchstens zwei Prozent betragen darf.
Von der Mietpreisbremse erfasst sind allerdings nicht alle Mietwohnungen, sondern nur jene in Gemeindebauten, gemeinnützigen Wohnbauten und in privat vermieteten Altbauwohnungen mit Richtwert- oder Kategoriemiete. Das sind rund 1,3 der insgesamt 1,7 Millionen Miethaushalte. Rund ein Viertel profitiert daher nicht von dieser Maßnahme.
Preisbremse bei hoher Inflation auch am freien Markt
Doch zugleich soll auch ein neuer Wertsicherungsindex kommen. Anlass ist ein OGH-Urteil, wonach zahlreiche Index-Klauseln rechtswidrig sind. Eine neue gesetzliche Wertanpassung soll Mietern und Vermietern Rechtssicherheit geben, auch hier ist eine „Bremse“ eingebaut: Denn bei über drei Prozent Anstieg soll darüberliegend nur die Hälfte für den Mieter anfallen, den Rest soll der Vermieter tragen. Bei fünf Prozent Inflation wären es somit vier Prozent Anstieg. Fakt ist aber auch, dass in den allermeisten Jahren diese Bremse keine Wirkung haben wird, da die Inflation ohnehin unter drei Prozent betragen wird. Sie ist eher für Phasen extrem hoher Inflation gedacht, damit sich die Teuerung nicht „selbst anheizt“.
Jüngste Daten der Statistik Austria zeigen, dass sich der starke Mietpreisanstieg zuletzt ohnehin eingebremst hat. Im Durchschnitt lagen die Mieten inklusive Betriebskosten im 4. Quartal 2024 bei monatlich 9,9 Euro pro Quadratmeter und stiegen damit im Vergleich zum 4. Quartal des Vorjahres um 4,2 Prozent. Verglichen mit dem Vorquartal blieben sie sogar unverändert. Die Durchschnittsmiete ohne Betriebskosten stieg im Vorjahresvergleich um 5,6 Prozent auf 7,5 Euro pro Quadratmeter.
Kostenanstieg bremste sich zuletzt ein
„Zu Jahresende 2024 haben sich die Anstiege bei den Wohnungsmieten in Österreich weiter verlangsamt. Den höchsten Zuwachs seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2012 hatten wir im 2. Quartal 2023 mit einer Steigerung von 8,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Seitdem sind die Anstiege kontinuierlich zurückgegangen, doch sie bewegen sich nach wie vor über dem Durchschnittsanstieg der Quartale zwischen 2012 und 2020 von 3,2 Prozent“, analysiert Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Die durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten betrug im letzten Jahresviertel 2024 pro Wohnung 662,9 Euro.
Die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria hält der Regulierung von Mieten entgegen, dass die Löhne und der Verbraucherpreisindex deutlich stärker steigen als die Richtwertmieten. Das führe zu realen Einkommensverlusten der Vermieter und mache das Vermieten von Wohnraum im regulierten Bereich immer unattraktiver. Die Einführung des verschärften Preisdeckels würde bereits bis Ende 2027 für einen Vermieter einer 60 Quadratmeter großen Wohnung im neunten Wiener Bezirk, die unter die Richtwertmiete fällt, einen Einkommensverlust von rund 1100 Euro bedeuten.
Regierung fördert jene, die besser gestellt sind
Berücksichtigt man obendrein die Änderungen aus dem Vorjahr, steigt der Verlust aufgrund der hohen Inflation der letzten Jahre sogar auf 3500 Euro an, rechnet die Agenda Austria vor. Die Regierung fördert also mit dem Einfrieren der Mieten vor allem jene, die ohnehin besser gestellt und im „geschützten Bereich“ beheimatet sind. Auch an der Erhöhung der Mindestbefristung übt die Vermieterseite Kritik, das würde Vermieten noch unattraktiver machen, Österreich hat bereits ein sehr mieterfreundliches Recht. Die Preise zu regulieren und zugleich zu erwarten, dass Bauträger gerne Geld für Investitionen in die Hand nehmen, ist laut vielen Experten wenig realistisch. Schließlich müssen Private die Chance haben, ihr eingesetztes Kapital auch über Mieteinnahmen zurückzuverdienen.
Um den Wohnbau anzukurbeln, sollte die Regierung, wie bei so vielen Themen, auch bei der Bürokratie ansetzen. Baunormen, zahlreiche Vorschriften und doppelgleisige Förderungen erschweren das Bauen. Die Regierung bekennt sich, das ändern zu wollen. Leicht umzusetzen ist es aber nicht: Denn Bauen und Wohnen ist eine echte Querschnittsmaterie, einiges ist auch auf Länderebene angesiedelt.
Mietrecht gehört entrümpelt
Entscheidend ist neben geringeren Kosten auch die Rechtssicherheit. Denn sich ändernde Bestimmungen und holprige Klauseln schrecken auch Investoren ab. Zuletzt gab es erstmals seit Langem ein Quartal, in dem keine einzige Immobilientransaktion mit ausländischem Investor stattfand.
Auch das Mietrecht ist extrem komplex. Über Jahrzehnte haben die Sozialpartner und Parteienvertreter hier immer wieder punktuell „aktionistisch“ eingegriffen. Mietervereinigung und Wirtschaftskammer liegen derart weit auseinander, dass eine Entrümpelung und Neuordnung des Mietrechts bisher immer scheiterte.
Ein weiterer Kritikpunkt an der kommenden Preisbremse ist, dass vielen Vermietern das Geld für die Sanierung und Dekarbonisierung ihrer Häuser fehlen könnte. Hier hat die Regierung aber auch an eine Maßnahme gedacht. So soll künftig bei der Mietzins-Bildung auch die „energetische Qualität“ des Gebäudes eine Rolle spielen. Ist das Haus sehr effizient, darf die Miete höher sein, da sich der Mieter auf der anderen Seite ja auch Energiekosten spart.
Arbeiterkammer gegen Wohnen als „Spekulationsobjekt“
Die Arbeiterkammer warnt wiederum vor den Folgen der Privatisierung von gemeinnützigen Bauvereinigungen samt ihren Wohnungen. Was einst günstiger, sozialer Wohnraum gewesen sei, verwandle sich dann in ein lukratives Spekulationsobjekt. Die Mieten schießen in die Höhe, befristete Mietverhältnisse ziehen ein. Der Grund dafür sei, dass Vermieter häufig die gesetzlichen Regeln für günstigen Wohnraum umgehen. AK-Experte Walter Rosifka warnt: „Ist die Gemeinnützigkeit weg, geht es nur noch um Maximierung der Rendite.“ Um den Mietern mehr Sicherheit zu geben, fordert die AK mehr Transparenz in Form eines „Pickerls“ im Grundbuch für gemeinnützige Wohnungen. Das soll anzeigen, dass der Mietdeckel auch dann noch gilt, wenn abverkauft wird. Zudem seien Strafen für Mietwucher nötig.
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