Kulturdialog in Graz

Welche Zukunft kommt auf die steirische Kultur zu?

Steiermark
24.03.2025 19:21

Es gärt in der steirischen Kulturszene. Die Neubestellung des Kulturkuratoriums, erste Förderkürzungen und eine ungewisse Zukunft bei Budget und Linie der Kulturpolitik haben zu Protestbriefen und sogar einer großen Demo geführt – wir haben berichtet. Montagabend luden ORF Steiermark, „Krone“ und „Kleine“ zum großen Kulturdialog.

Seit Wochen brodelt es in der Kulturszene. Die neue Landesregierung hat handstreichartig das Kulturkuratorium umbesetzt und erste Kürzungen bei den Förderungen vorgenommen – weitere werden befürchtet. Als Reaktion gingen zuletzt rund 2500 Menschen auf die Straße, knapp 6000 haben bereits eine Petition gegen die aktuelle Kulturpolitik unterschrieben. Das Vertrauen zwischen Kulturszene und Politik ist zerrüttet – ORF Steiermark, „Krone“ und „Kleine“ luden daher am Montag zu einem gemeinsamen Kulturdialog im Funkhaus.

Kulturszene und -politik sahen zu: Patrick Schnab (A 9), Graz-Stadtrat Günter Riegler, Opern-Intendant Ulrich Lenz, Schauspielhaus-Intendantin Andrea Vilter, hinten Birgit Lill-Schnabl, die im neuen Kulturkuratorium sitzt.  (Bild: Jauschowetz Christian)
Kulturszene und -politik sahen zu: Patrick Schnab (A 9), Graz-Stadtrat Günter Riegler, Opern-Intendant Ulrich Lenz, Schauspielhaus-Intendantin Andrea Vilter, hinten Birgit Lill-Schnabl, die im neuen Kulturkuratorium sitzt. 
Bernd Pürcher und Birgit Lill-Schnabl (Bild: Jauschowetz Christian)
Bernd Pürcher und Birgit Lill-Schnabl
(Bild: Jauschowetz Christian)
Andrea Vilter (Bild: Jauschowetz Christian)
Andrea Vilter
Klaus Kastberger, Literaturhaus Graz (Bild: Jauschowetz Christian)
Klaus Kastberger, Literaturhaus Graz

Im ORF-Landesstudio Steiermark diskutieren am Montagabend Gernot Rath (ORF), Ute Baumhackl („Kleine“) und Christoph Hartner („Krone“) mit Gästen aus der Szene und aus der Politik: Kulturlandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP), Lidija Krienzer-Radojević, Geschäftsführerin IG Kultur Steiermark, Heidrun Primas, Koordinatorin der Kulturstrategie 2030 und Bernhard Rinner, Geschäftsführer der Bühnen Graz.

Kornhäusl: „Nicht undankbar für die Debatte“
Das erste Thema: das Kulturkuratorium. „Im ganzen Konstrukt Förderansuchen gibt es ja nicht nur das Kulturkuratorium, sondern auch Fachbeiräte mit Expertinnen und Experten. Da ist eine ganz große Expertise vorhanden in der Abteilung 9“, sagte Kornhäusl. In den Sitzungen der Landesregierung werde dann schließlich entschieden.

Das Kulturkuratorium starte nun mit der Bearbeitung der kürzlich eingereichten mehrjährigen Förderverträge. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir da wirklich was Tolles zusammenbringen. Das mag sich komisch anhören, aber ich bin nicht undankbar für die Debatte. Das gemeinsame Ziel eint uns. Eine offene Kulturlandschaft, eine vielfältige Szene.“ Es gehe um die „Symbiosen“ zwischen Hoch- und Volkskultur.

Kritik über fehlende Diversität
Heidrun Primas brachte die Neubesetzung einmal mehr zur Sprache, die das Vertrauen in das Gremium erschwere. „Die parteipolitische Besetzung macht einen höchst riskanten Raum auf.“ Das sei eine „spaltende Kultur“, keine einende. „Die Ausgewogenheit der Geschlechter, der Regionen, die Expertise in allen Künsten und Zugängen – das sollte vertreten werden.“ Die umfassende Sicht, die Diversität würden fehlen, so Primas.

Kulturlandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP) (Bild: Jauschowetz Christian)
Kulturlandesrat Karlheinz Kornhäusl (ÖVP)

Kornhäusl entgegnete, dass es auch im alten Kuratorium vier Frauen gab – „für die Persönlichkeiten, die ich nominiert habe, kann ich sagen, es sind vier Männer und vier Frauen“. Die restlichen sieben Mitglieder habe die FPÖ nominiert. „Das Kuratorium soll jetzt mit Weitblick und Offenheit arbeiten.“ Sollte es „Entgleisungen“ einzelner Mitglieder geben – eines der Mitglieder arbeitet für einen Verlag, der Inhalte auflegt, die vom DÖW als rechtsextrem eingestuft werden – werde er „genau hinschauen“. Mit dem alten Kuratorium habe es auch nicht nur zufriedene Reaktionen gegeben. 

Mehr Transparenz bei Besetzungen
„Wir können das nicht ohne einen Blick auf das Regierungsprogramm diskutieren“, sagte Lidija Krienzer-Radojević. „Das Fördersystem ist wie ein Wettbewerb organisiert. Natürlich gibt es da eine Unzufriedenheit. Genau deshalb ist die Besetzung der Gremien so wichtig – nach Qualitätskriterien, transparent und nachvollziehbar. Dass das nicht in irgendwelchen Hinterzimmern ausgemacht wird.“ Das sei auch in der Kulturstrategie 2030 so erwähnt. 

Sollte das Kuratorium mit Hearings und partizipativen Prozessen besetzt werden? „Man muss sich anschauen, was ist wirklich praktikabel. Ich habe schon den Wunsch nach einer Flexibilisierung und Verschlankung vernommen“, antwortete Kornhäusl in Bezug auf eine mögliche Gesetzesnovellierung. 

Lidija Krienzer-Radojević (Bild: Jauschowetz Christian)
Lidija Krienzer-Radojević

„Nonmonetäre“ Unterstützungsmöglichkeiten prüfen
Zum Thema Kürzungen verwies Krienzer-Radojević auf die Summe in den Fördertöpfen, die 2025 – im Budgetprovisorium – kleiner war als im Vorjahr. „Das ist eine tatsächliche Kürzung und hat massive Auswirkungen. Kulturvereine sind Arbeitgeber und haben Mitarbeiter. Sie sind jetzt unter enormem Stress.“ „In der freien Szene hat es zarte Steigerungen in absoluten Zahlen gegeben“, sagte Kornhäusl und erinnerte an Kürzungen in der Stadt Graz. „Es war immer kommuniziert, wie hoch der Fördercall war. Natürlich werden die Wünsche mehr, aber ich kann nicht mehr Geld ausgeben, als mir zur Verfügung steht.“ Man wolle auch „nonmonetäre“ Unterstützungen suchen, etwa Räume für die freie Szene zur Verfügung stellen.

Bernhard Rinner sprach ein „wertschätzendes Klima“ mit der freien Szene an. „Die Kulturstrategie 2030 ist aber in einen Verteilungskampf übergegangen, was ich sehr bedauere.“ Unterstützung für die Szene sei „seit Jahrzehnten gelebte Praxis“, 24 Prozent der Produktionen des Schauspielhauses seien Kooperationen, 32 Prozent beim Next Liberty, viele freischaffende Künstler würden an den Häusern engagiert.

Man spüre jetzt „eine ruppige Zeit“. „Viele sitzen mit einem Hilfeschrei bei uns.“ Helfen könne man etwa mit altem Material wie Bühnenbildern – für Ideen sei man offen. Hohe Gehaltsabschlüsse hätten auch bei den Bühnen Einsparungen bedingt. „Es ist nicht so, dass Milch und Honig fließen.“

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