Sportler zur Politik

Schinkels: “Haider hatte lauter Ja-Sager um sich”

Sport
09.09.2013 10:12
Frenkie Schinkels "geht fremd". Für krone.at sinniert der scharfzüngige Fußball-Analytiker anlässlich der Nationalratswahl über Politik. Der holländische Schmähbruder über Jörg Haiders Geldbeschaffungskünste, mühsame Diskussionen mit Frank Stronach und warum er auf Erwin Pröll steht.

krone.at: Du bist 1985 nach Österreich gekommen. Wann bist du erstmals mit der rot-weiß-roten Politik in Berührung gekommen?
Frenkie Schinkels: Als ich hier hergekommen bin, haben mich viele Holländer kritisiert, dass ich in ein Land gehe, wo der Waldheim zuhause ist. Ich hab' zuerst geglaubt, Waldheim ist eine Stadt. Dann habe ich mich ein wenig für Politik zu interessieren begonnen. So habe ich etwa den Aufstieg Jörg Haiders mitbekommen, er war natürlich auch in Holland ein Begriff. Erstmals wirklich mit Politik in Berührung gekommen bin ich 1995, nach dem Tod meiner Frau. Damals hat mich Erwin Pröll angerufen, um mich aufzumuntern. Er hat mir seine Unterstützung zugesichert. Dass ein Landeshauptmann so etwas tut, ist nicht üblich. Und langsam bin ich dann auch in die Politik reingerutscht. Das gipfelte dann in meiner Zeit als Trainer in Kärnten, wo ich ein politisches Opfer geworden bin.

krone.at: Apropos! Du meintest einmal, so gut wie als Trainer in Kärnten hast du davor und danach nie wieder verdient. Präsident war damals Jörg Haider. Wie hast du die Zusammenarbeit mit ihm in Erinnerung?
Frenkie Schinkels: Haider war ein Wahnsinnstyp. Er hatte eine unheimliche Ausstrahlung.

krone.at: Hatte er Ahnung vom Fußball?
Schinkels: Nein.

krone.at: Hat er das selbst auch so gesehen?
Schinkels: Ja, dazu ist er gestanden. Aber er hat ein unheimliches Gefühl dafür gehabt, Leute für den Fußball zu begeistern. Er hat Kärnten immer ein wenig als ein gallisches Dorf gesehen. Und das hat er uns auch vermittelt, bevor wir zu Spielen gegen Rapid oder die Austria gefahren sind. Er konnte sehr gut motivieren. Aber ich habe von seinem Umfeld dann schon eingebläut bekommen, mit wem ich besser nicht reden sollte, weil die entsprechende Person der falschen Partei angehört.

krone.at: Wie geht's dir heute, wenn du beobachtest, wie das viel zitierte "System Haider" auseinanderbricht?
Schinkels: Das wundert mich überhaupt nicht. Der hatte lauter Ja-Sager um sich, die alle von ihm profitiert haben und alles gemacht haben, was er gesagt hat. Gegen ihn hat praktisch kaum jemand gesprochen. Und das ist nicht gut.

krone.at: War Haider - rückblickend betrachtet - ein guter Präsident?
Schinkels: Er war deswegen ein sehr guter Präsident, weil er Möglichkeiten geschaffen und Kapital aufgetrieben hat.

krone.at: Da bist du als Trainer nie misstrauisch geworden?
Schinkels: Ich glaube nicht, dass der Bjelica jeden Montag zum Kraetschmer geht und fragt, wo der Verein das Geld hernimmt. Der Barisic geht sicher auch nicht zum Edlinger und fragt ihn danach. Das ist nicht die Aufgabe eines Trainers. Einmal habe ich zu Jörg Haider gesagt, dass wir Probleme mit der Auszahlung der Spielergehälter haben - zwei, drei Tage später war das erledigt.

krone.at: Wie Haider einst sorgt jetzt auch ein anderer ehemaliger Chef von dir in der Politik für Furore - Frank Stronach. Hat er mehr Ahnung vom Fußball als Haider?
Schinkels: Beide haben gleich viel.

krone.at: Aber Stronach wollte das nicht wahrhaben.
Schinkels: Genau. Menschlich kann ich nichts gegen Stronach sagen. Er hat mir die Chance gegeben, bei der Wiener Austria Cheftrainer zu sein. Aber die Diskussionen mit ihm waren sehr mühsam. Wenn ich als Trainer mit einem Präsidenten diskutieren muss, warum der Didulica so oft ausschießt oder warum bei einem Eckball nicht drei, vier Spieler von uns vorne bleiben, ist das wirklich mühsam.

krone.at: Solche Fragen hat er ernsthaft gestellt?
Schinkels: Ja, es waren immer die gleichen Gesprächsthemen. Ich habe nichts dagegen, schließlich war er mein Geldgeber, er muss sich ja auch informieren. Aber auf Dauer ist das anstrengend.

krone.at: Waren solche Gespräche auch mit ein Grund für dich, dich aus dem Trainergeschäft komplett zurückzuziehen?
Schinkels: Als ich Trainer war, hat die Unseriosität im Fußball begonnen. Die Austria hat mir viel Geld in Form einer Meisterprämie geschuldet - Peter Stöger übrigens auch. Dann ist in Kärnten der Verein in Konkurs gegangen. Nach dem Tod von Jörg Haider habe ich gewusst, dass eine Zusammenarbeit mit dem neuen Landeshauptmann Gerhard Dörfler und dem zur FPÖ gewechselten Mario Canori nicht mehr möglich ist. So bin ich zum Spielball der Politik geworden. Dann waren da die Gebrüder Scheuch, die mit Fußball überhaupt nichts am Hut gehabt haben. Und mich haben sie in der Mitte quasi sterben lassen. Und dann habe ich einfach die Kraft nicht mehr gehabt. Ich war nur froh, dass es vorbei war. Nach einer kurzen Pause habe ich bei der Vienna angeheuert. Dort ist's ähnlich zugegangen. Das hat mich einfach nicht mehr interessiert.

krone.at: Traust du Stronach zu, dass er in der Politik eine bessere Figur macht als im Fußball?
Schinkels: Stronach ist immer abhängig von den Leuten, die seine Ideen ausführen. Er soll sich nicht zu viel einmischen, das ist nicht gut. Auf der anderen Seite hat er auch im Fußball schon viel zu oft falsche Berater gehabt, die nur in die eigene Tasche gearbeitet haben.

krone.at: Hat er dich eigentlich nie in sein Team Stronach holen wollen?
Schinkels: Über Umwege bin ich schon einmal gefragt worden, ob ich Interesse hätte. Aber wenn ich das gemacht hätte, wäre ich unglaubwürdig. Ich finde es nicht korrekt, dass er damals bei der Austria sein Wort mir gegenüber gebrochen hat. Das vergesse ich nicht. Und: Ich bin in Niederösterreich daheim und ein Erwin-Pröll-Fan. Dazu bekenne ich mich. Ich habe ihm nicht vergessen, dass er mir 1995, in dieser für mich so schwierigen Phase, unter die Arme gegriffen hat.

krone.at: War das der Grund, warum du dich zu Jahresbeginn für die Beibehaltung der Wehrpflicht starkgemacht hast? Aus Sympathie zu Erwin Pröll? Oder war das deine Überzeugung?
Schinkels: Das war meine Überzeugung. Ich wohne ja in St. Pölten, in einer roten Stadt. Dort mag ich den Toni Heinzl ja auch sehr gern. Ich mag auch den Faymann genauso wie den Spindelegger. Ich bin also wirklich überzeugt davon, dass die Wehrpflicht Sinn macht. Ich habe einen 16-jährigen Sohn und sehe, dass sich die Zeiten komplett ändern. Ich hoffe, dass mit einer Veränderung beim Bundesheer die Jugend wirklich einen Entwicklungsschub erfährt. Aber es muss sinnvoll sein.

krone.at: Wirst du zur Wahl gehen?
Schinkels: Natürlich.

krone.at: Und du weißt auch schon, wen du wählst?
Schinkels: Jetzt weiß ich es schon, ja.

krone.at: Selbst in die Politik zu gehen, könntest du dir nicht vorstellen?
Schinkels: Sportpolitik würde ich gern machen, da kenn ich mich aus. Bei anderen Fragen wie Wirtschaft habe ich zwar meine Meinung, aber für Politik bin ich da fehl am Platz. Das ist übrigens auch ein großes Problem im Fußball: Viele reden darüber, kennen sich aber nicht aus.

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(Bild: KMM)
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