Jubel bei der Bürgerinitiative: Gastro-Großhändler Transgourmet sagt Bauprojekt ab – und spart nicht mit Kritik.
Die Vision war klar umrissen: Ein vollständig CO₂-neutraler Gastronomie-Großmarkt mit Logistikzentrum an der Westeinfahrt Wiens, geplant vom Schweizer Konzern Transgourmet. Geliefert werden sollte mit Elektro-LKWs, gebündelt am Stadtrand, zum Wohle der innerstädtischen Verkehrsachsen. Ein Projekt, das laut Transgourmet-Geschäftsführer Manfred Hayböck nicht nur nachhaltige Stadtentwicklung, sondern auch 250 neue Arbeitsplätze und einen zweistelligen Millionenbetrag an Investitionen gebracht hätte. Doch all das bleibt nun graue Theorie. Das Unternehmen zieht sich aus der Standortentwicklung zurück. Der Grund: Planungsunsicherheit.
Projekt wurde zum politischen Spielball
Denn seit Beginn ist das Projekt umstritten. Auf Bezirksebene formierte sich ein Abwehrblock. Hannes Taborsky und Michael Gorlitzer von der ÖVP kritisierten das Projekt als „überdimensioniert“ und warnten vor einem „Verkehrschaos an der Westeinfahrt“, vor „zugemauerter Frischluft“ und dem Verlust von Lebensqualität für Mensch und Tier. Der Lainzer Tiergarten, mehrere Hundert Meter entfernt, wurde dabei immer wieder symbolisch ins Spiel gebracht. Im Gemeinderat wurde das Projekt – trotz Unterstützung der Stadtplanung – zur politischen Spielwiese. Über 3000 Protestunterschriften, politische Anträge, Vorwürfe der Intransparenz und sogar Spekulationen über zu niedrige Baurechtszinsen bestimmten die Debatte. Mitte Mai sollte das Gericht entscheiden, ob für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig ist.
Unternehmen zieht Schlussstrich
Für Hayböck ist damit jetzt die Schmerzgrenze erreicht: „Wer Verantwortung übernimmt, muss auch den Mut haben, einen Schlussstrich zu ziehen – insbesondere dann, wenn zentrale Rahmenbedingungen dauerhaft unklar bleiben.“ Die wirtschaftliche Realität sei, so der Konzernchef, dass man keine Millionen auf eine vage Hoffnung hin investiere könne. Tatsächlich wurde mit dem Rückzug auch ein symbolischer Satz gesprochen: „Dieser Tag ist kein Grund zum Jubeln. Die bundesweite Gesetzeslage ermöglicht es, Projekte dieser Art über einen sehr langen Zeitraum zu verzögern oder zu blockieren.“
Zwischen Rückzug und Resignation
Transgourmet wird auch künftig Gastronomiebetriebe in Wien beliefern – aus Brunn am Gebirge, Krems und dem Norden Wiens. Doch die bestehenden Kapazitäten stoßen längst an ihre Grenzen. Statt kurzer Lieferwege kommt es zu mehr Verkehr in der Stadt. Der Rückzug vom Standort Wien West ist kein Strategiewechsel, sondern eine Notbremse. „Wir glauben weiterhin an den Standort Wien als attraktiven Logistik- und Wirtschaftsraum und schließen nicht aus, ein ähnliches Projekt in Zukunft an anderer Stelle zu realisieren“, so Hayböck.
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