Zum ersten Mal in dieser Zusammensetzung sind die Spitzenkandidaten zur Wien-Wahl bei der „Krone“-Elefantenrunde aufeinander getroffen. Mit harten Bandagen wurde über Sicherheit, Bildung, Integration oder Mindestsicherung diskutiert.
Sicherheitsfragen dominierten gleich zu Beginn. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bemühte sich, Ruhe auszustrahlen. Wien sei „eine der sichersten Millionenstädte der Welt“. Dominik Nepp (FPÖ) konterte prompt: „Die Menschen haben Angst. Seit 2015 ist die Stadt außer Kontrolle.“ Und: „Die SPÖ zahlt Millionen an Menschen, die weder arbeiten noch Teil unserer Gesellschaft werden wollen.“ Er sieht Wien als Magnet für Kriminalität – durch zu großzügige Sozialleistungen. Ludwig wies das zurück.
„Orte, an denen sich Menschen nicht sicher fühlen“
Auch Karl Mahrer (ÖVP) malte ein düsteres Bild: „Es gibt Orte, an denen sich Menschen nicht mehr sicher fühlen. Jugendgewalt ist explodiert.“ Er forderte mehr Polizei, strengere Strafen – und ein Umdenken in der Sozialpolitik. Judith Pühringer (Grüne) widersprach dem Sicherheitsnarrativ: „Wer jeden Tag Angst schürt, schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Ihre Alternative: Grätzelpolizei, mehr Sozialarbeit, Prävention. Bettina Emmerling (NEOS) ergänzte: „Wir brauchen keine Angstdebatte, sondern funktionierende Strukturen.“
Beim Thema Bildung entfaltete sich die nächste Front. Pühringer brachte Zahlen: „50 Prozent der Kinder in der ersten Volksschulklasse können nicht ausreichend Deutsch. Und 80 Prozent davon waren zwei Jahre im Kindergarten.“ Ihre Schlussfolgerung: „Das System funktioniert nicht.“ Mahrer verlangte verpflichtende Sprachförderung im Kindergarten, Emmerling verteidigte ihre Bilanz: „Wir haben 500 Sprachförderkräfte aufgebaut – es ist nicht genug, aber ein Anfang.“ Nepp sprach von einem „Bildungschaos“, das durch „ungebremste Zuwanderung“ verursacht sei. Ludwig verwies auf Investitionen in die Elementarpädagogik.
„Mindestsicherung nur für Österreicher“
Emotional wurde es bei der Debatte zur Mindestsicherung. Nepp blieb bei seiner harten Linie: „Mindestsicherung soll es nur für Österreicher geben.“ Die Reaktion? Einhellige Ablehnung. Ludwig: „Das ist verfassungswidrig.“ Pühringer: „Das ist nicht nur unmenschlich, sondern auch sinnlos.“ Emmerling schlug einen anderen Zugang vor: „Sachleistungen statt Geldleistungen – gezielter, gerechter, kontrollierbarer.“ Mahrer wiederum nahm besonders abgelehnte Asylwerber ins Visier: „In Wien erhalten sie 1200 Euro – in anderen Bundesländern 400. Das ist ein Pull-Faktor, den man nicht leugnen kann.“
Beim Dauerbrenner Lobautunnel gerieten vor allem die Grünen und die SPÖ aneinander. Pühringer sprach vom „schlechtesten aller Vorschläge“: „Ein Tunnel unter einem Naturschutzgebiet für sechs Milliarden ist ein verkehrspolitischer Irrsinn.“ Emmerling stimmte zu: „Das bringt keine Entlastung. Es ist ein Symbolprojekt aus einer anderen Zeit.“ Ludwig hielt dagegen: „In der Donaustadt rasen internationale Lkws an Schulen vorbei. Der Tunnel schützt Wohngebiete.“
Einigkeit eigentlich nur beim Thema Gesundheit
Das Thema Gesundheit brachte kurzfristig Einigkeit – zumindest oberflächlich. Ludwig kündigte 30 neue Gesundheitszentren an und will Wien zur „Präventionshauptstadt Europas“ machen. Mahrer lobte den Ansatz, kritisierte aber das System: „Wartezeiten in den Spitälern sind inakzeptabel. 1450 funktioniert nicht. Wir brauchen Digitalisierung und Strukturreformen.“ Emmerling forderte „mehr Effizienz, nicht nur neue Zentren“. Pühringer regte einen „Gesundheitsverbund Ostregion“ an, um die Finanzierung mit dem Umland besser zu koordinieren.
Beim Budgetthema schlug die Debatte erneut um in Konfrontation. Wien schreibe Defizite in Milliardenhöhe. Ludwig relativierte: „87 Prozent der Defizite entstehen auf Bundesebene.“ Und: „Wir sparen bereits – aber nicht auf dem Rücken der Menschen.“ Mahrer forderte eine radikale Verwaltungsreform: „Wir müssen den Förderdschungel durchforsten.“ Emmerling nannte „nicht amtsführende Stadträte“ und die „europaweit höchste Parteienförderung“ als Streichliste. Pühringer sagte: „Bei Events wie der St.-Marx-Halle wurde der Öffentlichkeit ein Null-Euro-Modell versprochen – jetzt zahlt die Stadt Millionen.“
Nepp blieb seiner Linie treu: „Wir könnten zwei Milliarden sparen, wenn wir die Sozialleistungen für Menschen ohne österreichischen Pass streichen. Wer nicht arbeitet, soll auch nichts bekommen.“ Ludwig konterte mit Fakten: „Die Hälfte der Mindestsicherungsbezieher sind Kinder, Alte oder Kranke. Wer arbeiten kann, soll arbeiten – dafür haben wir das AMS.“
Nette Worte zum Abschluss für die Konkurrenz
Zum Abschluss versuchten die Kandidaten sich an einem kurzen Moment der Freundlichkeit. Ludwig lobte Pühringers Mut („Sie haben Ihre Motorrad-Angst überwunden, das finde ich stark“), Pühringer bedankte sich bei Emmerling für deren Naturverbundenheit, Emmerling nannte Mahrer „humorvoll und angenehm“, Mahrer forderte Nepp zu „mehr rechtskonformer Politik“ auf – und Nepp gestand: „Der Bürgermeister ist im persönlichen Gespräch ein umgänglicher Mensch.“
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