Die Diskussion über den Standort des Akademikerballs "hat nur wenig mit rechtlichen oder juristischen Kriterien zu tun", unterstreicht Fischer. "Mir hat dieser frühere WKR-Ball und jetzige Akademikerball in der Vergangenheit auch oft Sorgen gemacht oder ein gewisses Unbehagen bereitet. Wenn die Veranstalter zu dem Entschluss kommen, diese Tradition zu beenden und einen Neustart an einem anderen Ort unter einem anderen Namen zu machen, würde ich das für eine weise Entscheidung halten. Aber rechtlich gesehen gibt es keine Art von Bannmeile um die Amtsräume des Bundespräsidenten."
Die betreffenden Räumlichkeiten der Hofburg würden "von einer GmbH verwaltet und vermietet, und diese Gesellschaft hat sich einerseits an Gesetze zu halten, andererseits an kaufmännische Überlegungen. Aber sie kann nicht sagen: SPÖ, ÖVP und Grüne dürfen in der Hofburg Veranstaltungen abhalten, aber die Freiheitliche Partei darf der Präsidentschaftskanzlei nicht zu nahe kommen."
"Ich lehne jede Gewalt dieser Art ab"
Zu den Ausschreitungen bei den Gegendemonstrationen am Freitag vor einer Woche findet Fischer sieben klare Worte: "Ich lehne jede Gewalt dieser Art ab. Ich habe als Student an vielen Demos teilgenommen. Aber Auslagenscheiben wahllos und sinnlos einzuschlagen oder Autos umzuschmeißen, das sind Gewaltszenen, die ich in Wien nicht sehen möchte." Die Sicherheitsbehörden stünden in solchen Situationen indes stets "im Kreuzfeuer von zwei entgegengesetzten Ausgangspositionen. Den einen ist die Polizei zu rigoros, den anderen zu wenig energisch."
Gibt es Lehren aus den Szenen in der Wiener Innenstadt zu ziehen? "Wahr ist, dass der Ball und die Besucher des Balles ohne Gefährdungen und ohne Verletzungen davongekommen sind", so der Bundespräsident. "Wahr ist aber andererseits, dass Auslagen und damit Geschäftsleute zu Schaden gekommen sind. Im Idealfall müsste man beides verhindern können."
"Vertrauensvorschuss" für Regierung
In seiner Neujahrsansprache hatte Fischer um einen "Vertrauensvorschuss" für die von Kritikern schon zu ihrem Antritt gescholtene Regierung gebeten. Daran hält er auch fest: Bei aller Kritik brauche Österreich auch den Blick auf Positives. Er sehe in der Regierung ernsthafte Bemühungen um ein ausgeglichenes Budget. Dies werde sowohl ausgaben- als auch einnahmenseitig in Angriff genommen, will er Kritik am Steuerpaket, nicht gelten lassen.
Denn "die allererste Maßnahme der neuen Regierung war, die Regierung zu verkleinern. Und die erste fundamentale Maßnahme war, die Ermessensausgaben in allen Ressorts um rund sechs Prozent zu kürzen." Abgesehen von der Entwicklungszusammenarbeit sieht Fischer auch nicht viele Möglichkeiten, bestimmte Bereiche wie etwa die Bildung von diesem Spardruck auszunehmen. In Sachen Wissenschaft oder Verteidigung bereiten ihm die Einsparungen zwar "große Sorge". Doch die Regierung habe ein Signal für eine "zentrale Kraftanstrengung" ausgesendet: "Alle Ministerien sind bereit, einzusparen. Wir tragen das gemeinsam." Denn die erste größere Ausnahme würde unweigerlich eine zweite und dritte Ausnahme zur Folge haben.
Skeptisch beim Sterbehilfeverbot, euphorisch bei der EU-Wahl
Skeptisch ist Bundespräsident Fischer bezüglich der Notwendigkeit, ein Sterbehilfeverbot in der Verfassung zu verankern. Er begrüße aber die Absicht der Regierung, das Thema breit und sachlich zu diskutieren, sagte er.
Für die EU-Wahl wünscht sich Fischer, der heuer sein zehnjähriges Amtsjubiläum begeht, eine hohe Wahlbeteiligung. Es sei "wichtig, dass alle politischen Kräfte die EU-Wahl ernst nehmen", mahnt Fischer Bemühungen aller Parteien ein, sich "mit dem Thema Europa ernsthaft und seriös auseinanderzusetzen. Ich kann nur an die im Parlament vertretenen Parteien das Ersuchen richten, mitzuhelfen, dass Österreich durch eine hohe Wahlbeteiligung positiv auffällt und auch gute Leute ins EU-Parlament schickt." Die Beteiligung möge hierzulande höher ausfallen als der EU-Schnitt, wünscht sich Fischer.
Sanierung des Parlamentsgebäudes "begrüßenswert"
Die Entscheidung für eine umfassende Sanierung des Parlamentsgebäudes begrüßt der frühere langjährige Nationalratspräsident. Dass zu einem späteren Zeitpunkt Budgetnöte dem Unterfangen einen Strich durch die Rechnung machen könnten, befürchtet er nicht: "Da sitzt der Nationalrat am längeren Arm", nämlich beim Beschluss des Parlamentsbudgets. Außerdem sollte die Budgetsituation in drei bis vier Jahren entspannter sein als heute.
Nicht überraschend, aber doch überraschend früh kam für ihn der Rückzug von Frank Stronach aus dem Nationalrat: "Das haben viele erwartet, ich selbst habe nur nicht damit gerechnet, dass es schon so bald erfolgt." Grundsätzlich habe "jeder, der in das Parlament gewählt wird, auch das Recht, wieder auszuscheiden". Stronachs rascher Abgang sei "ungewöhnlich, aber das hält unsere Demokratie aus".
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