Die Kritik treffe vor allem Bundeskanzler Werner Faymann, sagte Hannes Androsch (77) in einem aktuellen Interview im "Standard": "Wenn der Dirigent nicht dirigiert, macht jede Gruppe im Orchester, was sie will, dann kommt keine Sinfonie zustande, sondern eine Kakofonie." In der SPÖ - siehe Burgenlands neue rot-blaue Koalition - mache jeder, was er will.
Faymann sei "jedenfalls nicht gestärkt aus diesen Wahlen hervorgegangen", kritisiert Androsch: "Er soll endlich aufhören mit dem Schönreden, Beschwichtigen, Gesundbeten, und anfangen zu regieren. Regieren ist mehr als Administrieren des Stillstands."
Zu den aktuellen Wahlniederlagen der SPÖ in der Steiermark und im Burgenland sagt der Ex-Finanzminister der Regierung Kreisky: "Bei beiden Landtagswahlen wurde am wenigsten über die Landespolitik abgestimmt, sondern gegen den Stillstand, die Stagnation und Perspektivlosigkeit der Bundesregierung. Die Leute sind verunsichert und werden abgespeist mit Beschwichtigungsformeln - dann kriegen's einen Zorn."
Die größte Gruppe der Österreicher gehe "ohnehin nicht mehr wählen, die anderen wählen Protest", analysiert Androsch. Und er warnt: "Da droht in Wien ein Waterloo."
Darabos kritisiert Androsch
Androschs Vorwurf gegen Faymann, seine Partei nicht im Griff zu haben, quittierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos mit dem Hinweis auf die "neun Landesorganisationen, die ihre eigenen Entscheidungen treffen. Wir sind eine demokratische Partei." Auf Bundesebene habe Faymann "die SPÖ-Linie bekräftigt und unmissverständlich klargemacht, dass eine Koalition mit der FPÖ nicht infrage kommt".
Im Übrigen sei Androsch in der Vergangenheit auch nicht immer als Verfechter der "Grundsätze und Kernanliegen der Sozialdemokratie" aufgefallen, habe er sich doch etwa für Studiengebühren und Uni-Zugangsbeschränkungen ebenso ausgesprochen wie für die Anhebung von Massensteuern, so Darabos.
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