Gleich zu Beginn des Gesprächs stand das Drama mit 71 toten Flüchtlingen auf der Ostautobahn im Mittelpunkt. Faymann sieht die Asylpolitik der EU als "die entscheidende Frage Europas." Viele Länder wie Tschechien oder die baltischen Staaten seien unvorbereitet und würden es mit Wegschauen versuchen - was dazu führe, dass Länder wie Österreich mit einem derartigen Ansturm konfrontiert seien: "Dann brauchen wir natürlich schnell viele Quartiere. Wir können in Österreich nicht akzeptieren, dass Menschen kein Dach über dem Kopf haben."
Auch die Zelte müssten weg, so Faymann: "Es kommt der Winter." Hier nahm der Kanzler erneut die Bundesländer in die Pflicht. Diese müssten endlich ihre Quoten erfüllen, "und zwar zu 100 Prozent. Jedes Prozent, das an Quartieren fehlt, bedeutet irgendwo ein Zelt." Zum Flüchtlingsdrama auf der A4 fand Faymann klare Worte: "Man kann sich das eigentlich gar nicht vorstellen, wie schrecklich das sein muss. Man kommt in die Hände von Verbrechern und Mördern und stirbt qualvoll."
"Solidarität ist keine Einbahnstraße"
Faymann hatte sich vor der Sendung auf diesen Punkt speziell vorbereitet, indem er sich auch mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, Bundespräsident Heinz Fischer und Caritas-Chef Michael Landau beriet. Diese kamen auch in einem Beitrag zu Wort, da Faymann diese Drei als seine "engsten Berater" nannte.
Dass es eine Lösung der Asylfrage auf europäischer Ebene geben müsse, hatte Faymann schon häufig betont. Auch am Montagabend pochte er auf eine EU-weite Verteilungsquote: "Wir sind immerhin Nettozahler, dann haben wir auch das Recht, dafür zu sorgen, dass andere ihren Beitrag leisten. Solidarität ist keine Einbahnstraße, Länder die sich drücken, die kaum Flüchtlinge aufnehmen, müssen wissen: Das geht so nicht."
"Grenzzäune sind der allerletzte Ausweg"
Grenzzäune und Mauern sind für den Bundeskanzler "der allerletzte Ausweg. Das ist nicht das, was wir uns für unsere Kinder und Enkelkinder wünschen." Mauern, Stacheldraht und Wachtürme seien nicht das, was Europa ausmache, sondern ein Rückschritt in die Vergangenheit. Wichtig sei allerdings ein gemeinsamer Schutz der EU-Außengrenzen sowie eine massive Bekämpfung des Schlepperwesens. Deren Geschäftsmodell, so Faymann, müsse man zerschlagen: "Wir brauchen verstärkte Kontrollen - auf allen Routen!" Zudem forderte der Kanzler härtere Strafen für Schlepper. Eine Gesetzesänderung, ähnlich dem bayrischen Vorbild, die eine längere Untersuchungshaft ermögliche, sei bereits in Arbeit.
Kritik setztes es auch für den ungarischen Premier Viktor Orban, nachdem Hunderte Flüchtlinge am Montag einfach per Zug nach Österreich gelassen wurden: "Orban hatte zugesagt, die Regeln der EU einzuhalten. Das tut er nicht. Was ist das für eine Politik?"
Faymann steht hinter Asylkoordinator Konrad
Auch der neue Asylkoordinator Christian Konrad war Thema in der Sendung. Der Kanzler hat gegen den Ex-Raiffeisen-Chef nichts einzuwenden: "Ich bin für Konrad, er war ein gemeinsamer Vorschlag von Reinhold Mitterlehner und mir. Ich habe gegen ihn absolut nichts einzuwenden."
Angesprochen auf seinen Zwist mit der SPÖ-Parteibasis, übte sich Faymann in Beschwichtigung. Die SPÖ sei eine Partei der verschiedenen Meinungen, er wollte zwar weiterhin versuchen, alle zu überzeugen, aber "ich werde nichts tun, wovon in nicht überzeugt bin." Ob Sozialminister Rudolf Hundstorfer als Kandidat für die Präsidentschaftwahl antritt, wollte Faymann nicht sagen, meinte aber: "Er wäre ein sehr guter Kandidat."
Erneute Absage an die FPÖ
Eine erneute Absage erteilte der SPÖ-Chef hingegen einer möglichen Zusammenarbeit mit der FPÖ auf Bundesebene: "Wir stehen in einer direkten Konfrontation mit der FPÖ. Mit diesen Hetzern wird es keinen Zerstörungsversuch auf Bundesebene geben." FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache habe "noch nie bewiesen, dass er irgendwas kann".
In der vergangenen Woche war ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner zu Gast im "Sommergespräch". Davor hatte Hans Bürger Heinz-Christian Strache, Eva Glawischnig , Frank Stronach und Matthias Strolz zum Interview gebeten.
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