Wiens Bürgermeister Michael Häupl wird mit allen Fraktionen Gespräche führen. Allerdings schloss er eine Koalition mit den Freiheitlichen erneut aus. Das vorläufige Ergebnis nehme er mit einer Mischung aus Enttäuschung und Freude zur Kenntnis. Er könne mit dem Ergebnis unter den Bedingungen des Duells mit den Freiheitlichen "gut leben", auch wenn er sich natürlich nicht über ein Minus vor dem SPÖ-Ergebnis freue. Die Konfrontation mit den Freiheitlichen sei übrigens nicht sein Wunsch gewesen: "Ich habe keinen Wert darauf gelegt, mit Herrn Strache in ein Duell zu treten."
Ebenfalls nicht sein Wunsch sei das Flüchtlingsthema im Wahlkampf gewesen, bekräftigte Häupl. Aber er sei davon überzeugt, dass man Menschen, die vor Terror und Hunger flüchten, helfen müsse. "Das habe ich mein ganzes politisches Leben vertreten und das tue ich auch jetzt." Häupl meinte erneut, dass eine Modernisierung der SPÖ auf der Tagesordnung stehe: "Ich werte dieses Wahlergebnis nicht als Auftrag, so weiterzumachen wie bisher." Man werde Veränderungen herbeiführen müssen, das wolle er aber zuerst mit seinen "Freunden" bereden.
So wurde der Bürgermeister in der Wahlzentrale empfangen:
Bundeskanzler Werner Faymann ist erfreut über das Abschneiden der SPÖ: "Es ist ein tolles Ergebnis", sagte er am Sonntagabend im Bundeskanzleramt. "Ich gratuliere dem Wiener Bürgermeister." Bürgermeister Michael Häupl habe in schwierigen Zeiten einer Wirtschafts- und einer Flüchtlingskrise "ein beachtliches Ergebnis" erreicht. Dass die SPÖ dennoch Verluste erlitten habe, führte Faymann darauf zurück, dass es europaweit eine Verunsicherung gebe, die Arbeitslosigkeit in ganz Europa hoch sei und die Flüchtlingskrise in einem zwar "friedlichen Europa" eben eine Rolle spiele. In Bezug auf die Bundesebene bedeute das Ergebnis, dass man weiterhin auf sozialen Zusammenhalt so wie auf eine Bildungsreform setzen werde.
Feiern wolle der Kanzler das Ergebnis jedenfalls gemeinsam mit Häupl: "Ich werde dann ins Zelt gehen und ihm sagen - wovon ich überzeugt bin -, dass er ein guter Bürgermeister für die Stadt ist", sagte er. "Umarmt habe ich ihn schon."
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich trotz des doch deutlichen Abstands zur SPÖ recht zufrieden. Man habe den ersten Platz nicht erreicht, aber das historisch beste Resultat eingefahren. "Das kann man nicht kleinreden!", so Strache. Er sei keineswegs enttäuscht.
Der blaue Parteiobmann und Wiener Spitzenkandidat rechnete außerdem mit der sogenannten Sperrminorität im Landtag (ab 34 von 100 Mandaten). Damit könnte die FPÖ etwa Änderungen der Stadtverfassung blockieren. Strache freute sich auch darüber, dass seiner Partei dank Proporzsystem der (nicht amtsführende) Vizebürgermeister zustehen werde. "Es wäre schön gewesen, wenn es zu einem rot-blauen Kopf-an-Kopf-Rennen gekommen wäre", so Strache. Angesichts der ersten Hochrechnung prophezeite er allerdings eine "rot-grüne Leidensverlängerung".
In der "ZIB 2" forderte Strache schließlich Neuwahlen auf Bundesebene. Österreich habe eine "handlungsunfähige Bundesregierung", die "in Wahrheit zurücktreten müsste". Er befürchte aber, so Strache, dass die Vertreter von SPÖ und ÖVP in der Bundesregierung sich "wieder einhängen werden".
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hat den Wahl-Sonntag als "Freudentag" für seine Partei bezeichnet. Man habe das Wahlziel nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen. Mit dem "überwältigenden Vertrauen" wolle die FPÖ "sorgsam umgehen". Einen "historischen Tag" sieht Kickl für die SPÖ, weil diese so schlecht wie noch nie in Wien abgeschnitten habe.
Der Wiener ÖVP-Chef Manfred Juraczka nimmt den Hut. Zwar nicht sofort, denn er wolle einen geordneten Übergang, wie er am Sonntagabend erklärte. Beim Parteitag im Februar 2016 werde er aber nicht mehr antreten. "Es ist unbestritten, dass das Ergebnis schmerzlich ist", so Juraczka. "Wir hatten viel zu wenig Möglichkeit, uns mit den Zukunftsthemen der Stadt zu beschäftigen", klagte er in der ORF-Spitzenkandidatenrunde. Die Flüchtlingskrise habe vieles überlagert. Sowohl FPÖ als auch SPÖ hätten das "herbeigeschriebene Duell" genutzt, um Wählerstimmen zu maximieren.
krone.tv hat kurz vor der Bekanntgabe der ersten Trends die Stimmung in den Parteizentralen eingefangen:
ÖVP-Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner hat als Konsequenz aus den neuerlichen Verlusten bei der Wien-Wahl eine "vollkommene Neuaufstellung der ÖVP-Wien" angekündigt. Als Gründe für die Niederlage seiner ÖVP machte auch der Vizekanzler das Duell zwischen SPÖ und FPÖ und das Flüchtlingsthema aus. "Die ÖVP Wien ist nicht erst seit heute das größte Sorgenkind der ÖVP. Wir brauchen jetzt eine vollkommene Neuaufstellung der ÖVP Wien - sowohl personell als auch strukturell." Gleichzeitig betonte der Parteichef: "Nur der Austausch eines Spitzenkandidaten wäre eine reine Symptomkur. Es braucht eine grundlegende Neuaufstellung."
Bei NEOS-Bundeschef Matthias Strolz ist die Freude über das Ergebnis seiner Partei groß: "Ich freue mich, es ist ein wichtiger Schritt für NEOS." Im Wahlkampf habe man von den anderen Bundesländern lernen können, außerdem habe Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger einen großartigen Job gemacht. Es sei wichtig gewesen, eine klare Haltung gegenüber der FPÖ zu haben und Heinz-Christian Strache nicht zum Bürgermeister machen zu wollen. Meinl-Reisinger habe Mut und Haltung bewiesen.
NEOS-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger freute sich über einen "sehr guten Erfolg": "Ich bin sehr froh, dass wir den Einzug geschafft haben." Zu den Ergebnissen der anderen Parteien meinte sie, es sei die SPÖ, die die FPÖ stark mache.
Die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, gab sich zufrieden. "Es ist sehr respektabel, unter diesen Bedingungen das Ergebnis zu halten. Die Fortsetzung von Rot-Grün geht sich aus, das ist auch unser oberstes Ziel." Durch den Vorsprung der SPÖ gegenüber der FPÖ zeigte sie sich darin bestätigt, dass der Kampf zwischen Rot und Blau um den ersten Platz ein "herbeigeschriebenes Duell" gewesen sei. Dass die Fortsetzung von Rot-Grün eine Verliererkoalition darstellen würde, wies sie zurück, außerdem gebe es kaum eine Alternative.
Sie wolle jedenfalls, dass erneut Maria Vassilakou die Grünen in eine Koalition führt. Ihre Ankündigung, bei einem Wahlverlust zu gehen, "habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden", so Glawischnig. Vassilakou habe gute Arbeit für Wien geleistet, sie wünsche sich eine Fortsetzung.
Die Chefin der Wiener Grünen, Maria Vassilakou, selbst hat am Wahlabend erneut vehement für Rot-Grün geworben: "Wir stehen auf alle Fälle bereit, die gute Zusammenarbeit auch in den kommenden fünf Jahren fortzusetzen. Ich denke, die Bilanz der letzten fünf Jahre ist eine, die sich mehr als sehen lassen kann", zeigte sich Vassilakou überzeugt.
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