"Die Nationalbank war nicht Brandstifter, sie war Feuerwehr", umriss Nowotny die Rolle der Notenbank. Im Gefolge des Zusammenbruches der US-Investmentbank Lehman im Herbst 2008 habe sich die Finanzkrise massiv verschärft. Unter politischem Druck sei Lehman nicht gerettet worden, die Finanzkrise habe rasch auf Europa übergegriffen. "Wir haben 2008/09 einen finanziellen Tsunami erlebt, aber der Schutzwall, den wir um das österreichische Bankensystem und die Ersparnisse der Sparer gelegt haben, hat gehalten", so der Notenbanker.
Nowonty schilderte dann die sich zuspitzenden Ereignisse vor der Verstaatlichung der Hypo im Dezember 2009. Während der Mehrheitseigentümer, die BayernLB, noch Ende November bereit gewesen sei, die Hypo mit einer Kapitalstärkung - gemeinsam mit den anderen Eigentümern - zu halten, habe es Anfang Dezember einen Kurswechsel der Bayern gegeben.
Kurswechsel der Bayern "politische Entscheidung"
Am 8. Dezember 2009 sei ihm bei einem Treffen im Finanzministerium mitgeteilt worden, dass die bayrische Landesregierung nicht bereit sei, neues Geld in die Hypo zu stecken. Die Bayern hätten also einen Kurswechsel vollzogen. "Das war eine politische Entscheidung", sagte Nowotny. Während die BayernLB sehr wohl eine Konsensuallösung erreichen habe wollen, habe die bayrische Politik dann eine politische Entscheidung getroffen. "Das war eine Kurzschlusshandlung", so Nowotny. Wegen der Stützen für die BayernLB habe es damals ein Wettbewerbsverfahren der EU gegeben.
Die Finanzkrise sei zu einem großen Teil eine Vertrauenskrise gewesen, so Nowotny weiter. Damals war jede mittlere und größere Bank in Zentraleuropa als systemrelevant zu betrachten, so der Gouverneur. Dazu kamen noch Haftungen des Landes Kärnten in Höhe von damals 19 Milliarden Euro. Diese Haftungen wären im Konkursfall der Hypo sofort fällig geworden. "Das war klare Politik der EZB und der europäischen Staaten, dass man es nicht riskieren könne, eine Bank in Konkurs schlittern zu lassen."
Die Republik sei an dem Wochenende im Dezember 2009 vor der Situation gestanden, dass ein Hypo-Konkurs unmittelbar zu befürchten war. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, habe damals gemeint, die Bayern könnten sich einen Konkurs der Hypo leisten. Um den drohenden Konkurs abzuwenden, sei die Hypo dann in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 2009 verstaatlicht worden. In die vertragliche Ausgestaltung mit den Bayern sei er nicht eingebunden gewesen, so Nowotny. Ab dem ersten Tag der Verstaatlichung habe er sich für eine Trennung in eine Bad Bank und einen gesunden Teil der Bank eingesetzt.
"Kanzler stellte Verantwortung über Skepsis"
Nowotny ging bei seiner Befragung auch auf die Rolle von Bundeskanzler Werner Faymann in der Notverstaatlichungsnacht der Hypo ein. "Der Herr Bundeskanzler war sehr skeptisch gegenüber der Hypo", so der Nationalbank-Governeur. Schlussendlich habe Faymann aber gesamtwirtschaftliche Interessen über eigene gestellt.
"Ich sage offen, ich bin beeindruckt vom Übernehmen der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung, obwohl es damit schwerer war", so Nowotny über den Bundeskanzler. "Das war, glaube ich, die richtige Entscheidung." Skeptisch gegenüber der Hypo sei Faymann gewesen, "weil es in Zeitungen Berichte über Boote und Flugzeuge und so weiter gab", spielte Nowotny auf Malversationen in der Skandalbank an.
"Die Begeisterung, sich in so einer Bank zu engagieren, war gering. Noch dazu haben sich einige reiche Leute beim Einkauf der Bayern eine Menge Geld geholt", zielte Nowotny offenbar unter anderem auf Ex-Hypo-Chef und -Investor Tilo Berlin, der am Vortag Zeuge im Ausschuss war. "Die skeptische Betrachtung (von Faymann, Anm.) kann ich nachvollziehen", so der oberste Notenbanker.
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