Asylkrise in Europa

Kurz: “Wir haben die Kontrolle verloren”

Österreich
20.06.2016 19:52

Außenminister Sebastian Kurz hat am Montag bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Luxemburg eingeräumt, dass das derzeitige System einer europaweiten Migrationspolitik nicht funktioniert. "Wir haben die Kontrolle verloren. Im Moment entscheiden nicht wir als EU, wer zu uns kommt, sondern die Schlepper entscheiden", sagte Kurz. Man müsse Schleppern daher dringend die Geschäftsgrundlage entziehen.

Die österreichische Regierung zieht laut Kurz in der Frage der Migration an einem Strang. "Wir sind der Meinung, dass es dringend eine europäische Lösung braucht. Solange es die nicht gibt, müssen wir in Österreich nationale Maßnahmen setzen", so Kurz.

Kurz-Plan: Illegale Migranten nicht weiterreisen lassen
Kurz will seinen EU-Amtskollegen den mit Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) abgesprochenen Regierungsplan gegen illegale Migration vorstellen. Der Plan der drei Minister sieht vor, dass Migranten, die illegal auf Inseln oder europäisches Festland kommen, künftig nicht mehr weiterreisen können. Sie sollen in "Asyl- und Migrationszentren" in Drittstaaten etwa in Afrika zurückgeschickt werden. Diese Zentren sollen von der EU und dem Flüchtlingshochkommissariat UNHCR gemeinsam betrieben werden. Gleichzeitig soll die Hilfe vor Ort ausgebaut und legale Wege nach Europa geschaffen werden.

Boot mit Migranten (Archivbild) (Bild: AP)
Boot mit Migranten (Archivbild)

"Wenn uns das gelingt, werden wir wieder Kontrolle über die Zuwanderung erlangen", hofft Kurz. Der österreichische Vorschlag finde auch in anderen Ländern Gehör. "Wenn man im Detail diskutiert, verspüre ich eigentlich bei fast allen meinen Gesprächspartnern Verständnis dafür, dass das derzeitige System nicht funktioniert", so Kurz.

"EU braucht noch mehr Kooperationspartner" 
Die EU müsse laut Kurz neben der Türkei "noch mehr Kooperationspartner" gewinnen. Länder, die kooperativ sind, sollen belohnt werden, den anderen hingegen sollen Strafen drohen. "Das, was in der Türkei und Griechenland möglich ist, muss auch mit Italien und Libyen möglich sein", so Kurz. Griechenland stoppe derzeit illegale Flüchtlinge an der Außengrenze und lasse sie von Lesbos und den andern Inseln nicht aufs Festland reisen, sondern versuche, sie in die Türkei zurückzustellen. "Das alleine hat bewirkt, dass sich wesentlich weniger Menschen aus der Türkei nach Griechenland auf den Weg gemacht haben - und es sterben dort auch weniger", so der Außenminister.

Kurz wünscht sich das auch in Italien am Brenner. Italien habe zwar die Kontrollen verstärkt, der Zustrom sei aber nach wie vor "zu hoch". Bisher seien heuer rund 25.000 Menschen in Österreich angekommen - "eine viel zu hohe Zahl für die ersten sechs Monate. Insofern braucht es hier ein Ende des Weiterwinkens", so Kurz.

Flüchtlinge auf der Überfahrt von Afrika nach Europa (Bild: APA/EPA/GIUSEPPE LAMI)
Flüchtlinge auf der Überfahrt von Afrika nach Europa

Außenminister mahnt EU schon seit Monaten
Bereits seit rund einem Dreivierteljahr mahnt Kurz die EU, mehr gegen Schlepperkriminalität zu tun, und fordert eindringlich die Schaffung von Aufnahmezentren in Krisenstaaten. Die derzeitige Praxis der EU in der Flüchtlingskrise hatte er bereits im September des Vorjahres als "Schlepper-Förderungsprogramm" bezeichnet.

Anfang Juni sorgte Kurz mit Internierungsideen für Aufregung und nannte dabei das australische Modell als Vorbild. Die australische Regierung verfolgt seit rund zwei Jahren eine restriktive Asylpolitik: Boote mit illegalen Migranten werden regelmäßig auf hoher See abgefangen und zur Umkehr gezwungen oder die Bootsflüchtlinge auf Inseln interniert. Auf den Vorhalt, er wolle Flüchtlinge internieren, sagte Kurz am Sonntagabend in der ORF-Diskussion "Im Zentrum", seine Aussagen seien medial zugespitzt worden.

Außenminister Kurz im Gespräch mit Migranten (Bild: APA/AUSSENMINISTERIUM/DRAGAN TATIC)
Außenminister Kurz im Gespräch mit Migranten

Libyen: EU weitet Marine-Einsatz im Mittelmeer aus
Bei ihrem Marine-Einsatz im Mittelmeer wollen die EU-Staaten künftig auch gegen Waffenschmuggler vorgehen. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag zudem, die libysche Regierung beim Aufbau einer Küstenwache zu unterstützen und das Mandat der EU-Operation "Sophia" entsprechend zu erweitern.

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