Flüchtlingsströme

Doskozil: “Keiner kann Aufgaben allein bewältigen”

Österreich
08.07.2016 10:05

In der polnischen Hauptstadt Warschau beginnt am Freitag das Gipfeltreffen der 28 Mitgliedsstaaten - darunter 23 EU-Staaten - der NATO. Im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden" ist auch Österreich in der Person von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) vertreten. Doskozil teilt nicht mehr die österreichischen NATO-Berührungsängste früherer Zeiten: "Kein Staat ist heute in der Lage, alle militärischen und sicherheitspolitischen Aufgaben im Alleingang zu bewältigen. Zusammenarbeit ist daher ein Grundprinzip unserer Verteidigungspolitik." Im Zentrum des Gipfels stehen neben den Flüchtlingsströmen vor allem die Beziehungen zu Russland.

Vertreten beim Gipfel, der bis Samstag dauert, sind etwa US-Präsident Barack Obama, Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande, Englands Premierminister David Cameron und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan - sofern es seine Sultanslaune erlaubt. Auch die Regierungschefs Finnlands und Schwedens werden erwartet.

Die notwendige Zusammenarbeit mit NATO-Staaten wie Slowenien, Kroatien und Bulgarien spätestens seit der Migrationskrise sowie die Teilnahme an NATO-geführten Einsätzen im Kosovo oder in Afghanistan begründet Doskozil wie folgt: "Die NATO ist die wesentliche Sicherheitsorganisation in Europa, deshalb ist mir auch eine professionelle Zusammenarbeit wichtig. Die Neutralität Österreichs steht dabei selbstverständlich außer jeglicher Diskussion."

(Bild: APA, AFP)

Stabilisierung der Migrationsströme nötig
Besonders interessiert ist Doskozil an den Strategien der NATO zur Stabilisierung der Migrationsströme und Bekämpfung des Schlepperwesens aus Regionen in Nordafrika und aus Afghanistan. Ebenso geht es um die Bekämpfung des Terrors, der im Nahen und Mittleren Osten seine Wurzeln hat. Der Verteidigungsminister: "All das hat unmittelbare Auswirkungen auf uns und die Sicherheitsprobleme Europas."

In diesem Zusammenhang hat Doskozil die Absicht, einem Unterstützungsansuchen der deutschen Bundeswehr für die Gebirgsausbildung der afghanischen Armee nachzukommen. Dazu wird sich schon kommende Woche eine Fact Finding Mission auf den Weg nach Kabul machen. Österreich zählt in diesem speziellen militärischen Bereich weltweit zu den führenden Nationen.

2,6 Millionen fluchtbereite Afghanen 
Hans Peter Doskozil: "Aus Afghanistan kommt trotz aller Gegenmaßnahmen ein hoher Migrationsdruck. Laut Heeresnachrichtenamt halten sich in Afghanistan 2,6 Millionen fluchtbereite Menschen auf. Die Schaffung sicherer Zonen würde dazu beitragen, dass weniger Menschen flüchten. Ausbildungsunterstützungen der Armee sind nur ein kleiner Mosaikstein, aber sie leisten einen Beitrag."

"Auch in Jordanien werden Bundesheerexperten mithelfen, die Armee auszubilden", ergänzt der Verteidigungsminister. "Dort geht es um die Sicherheit der Flüchtlinge und darum, dass der Krieg in Syrien nicht übergreift." Gemeinsam mit dem NATO-Staat Norwegen hat Österreich ein Programm zum "Schutz von Zivilisten in bewaffneten Konflikten" ausgearbeitet. Es wird am NATO-Gipfel abgesegnet.

Boot mit Migranten (Archivbild) (Bild: AP)
Boot mit Migranten (Archivbild)

NATO rückt Russland auf den Pelz
Eigentliches Hauptthema beim Gipfel sind die angespannten Beziehungen der NATO-Staaten zu Russland. Bei ihrem zweiten Treffen seit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim wollen die 28 Staats- und Regierungschefs beschließen, Russland militärisch näher als bisher auf den Pelz zu rücken.

Dabei will das Bündnis vier Bataillone Kampftruppen nach Polen und ins Baltikum entsenden. Die insgesamt rund 4000 Soldaten sollen zwar immer wieder ausgetauscht werden, um nicht durch eine permanente Präsenz an der NATO-Russland-Grundakte von 1997 zu rühren. Künftig werden jedoch stets westliche Truppen an der Ostflanke der Allianz stehen - ein klares Signal in Richtung Moskau, dass die NATO ein russisches Eingreifen dort nicht hinnehmen will.

Moskau kritisiert "konfrontative Agenda"
Das Verhältnis zwischen der Atommacht Russland und der NATO ist seit Jahren zerrüttet. Angesichts der nunmehrigen Truppenverlegungen schaut Russland mit Skepsis auf den NATO-Gipfel: "Uns wird eine konfrontative Agenda angeboten, an der wir nicht interessiert sind", sagte Russlands NATO-Botschafter Alexander Gruschko am Donnerstag der Zeitung "Kommersant".

(Bild: ASSOCIATED PRESS)

Die NATO wiederum kritisiert Truppenkonzentrationen der russischen Armee im Westen Russlands. Dazu sagte Gruschko, die regelmäßige Verlegung von Soldaten sei für Moskau die effektivste Sicherheitsmaßnahme. "Wir können uns in der aktuellen Krisensituation eine Armee mit drei Millionen Mann nicht leisten." Daher sei Mobilität ein wichtiges Sicherheitselement. "Wir sehen die NATO derzeit nicht als Partner bei der Lösung von Problemen", so Gruschko.

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