Das SPÖ-Debakel bei der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in Wien-Leopoldstadt und den damit einhergehenden Verlust des Postens des Bezirksvorstehers an die Grünen hält Bürgermeister und Landesparteichef Michael Häupl für "katastrophal". Er räumte ein, dass das rote Stammklientel auf eine "Kerngröße" geschrumpft sei, sagte Häupl mit Verweis auf das schlechte Abschneiden von SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer beim ersten Durchgang der Bundespräsidentenwahl. "Um den Rest muss man kämpfen", sagte Häupl am Montag.
Das Ergebnis sei für die SPÖ "extrem traurig", aber es sei "zur Kenntnis zu nehmen, so wie es ist", so der Bürgermeister. Er begründet die enormen Stimmenverluste einmal mehr mit Mobilisierungsproblemen."Die Mobilisierung unserer Wähler ist das größte Problem", analysierte Häupl nicht zum ersten Mal.
Eine Lösung hatte der Stadtchef nicht parat: "Wenn ich Ihnen ein komplett schlüssiges Konzept hier und jetzt vorlegen könnte, dann wäre ich eine Mischung aus Hellseher und politischem Wunderrabbi. Beides bin ich nicht. Also werden wir darüber nachdenken müssen, wie wir mit solchen Situationen umgehen."
Dazu brauche es offenbar emotionalere und polarisierende Wahlkämpfe, so der SPÖ-Landesparteichef im Hinblick auf die erfolgreiche Duell-Inszenierung der Grünen gegen die FPÖ - bei der es eigentlich um Platz zwei ging. Wobei die generell niedrige Wahlbeteiligung bei der Wiederholung eigentlich "die größte Katastrophe" sei. Eine emotionalere und polarisierendere Themensetzung ist auch für SPÖ-Landesparteisekretärin Sybille Straubinger die Lehre aus dieser Wahl: "Schade, dass man mit Arbeit allein nicht mehr durchkommt."
Häupl: "Wehsely-Rücktritt fordert intern niemand"
Wie es nun personell bei den Roten in der Leopoldstadt weitergeht, werde in der Bezirkspartei "in den nächsten zwei Tagen" entschieden. Dabei geht es auch um die Frage, ob der glücklose Bezirksvorsteher Karlheinz Hora für den der SPÖ zustehenden Stellvertreterposten infrage kommt. Er werde sich hier nicht einmischen, so Häupl. Den Rücktritt von SPÖ-Bezirksparteiobfrau Sonja Wehsely, die als Gesundheitsstadträtin gerade erneut einen Konflikt mit den Spitalsärzten am Hals hat, habe intern niemand gefordert, versicherte er auf Nachfrage.
Die Frage, ob er selbst oder die Landespartei sich zu wenig in der Leopoldstadt-Auseinandersetzung engagiert hätten, verneinte Häupl ebenfalls. Er sei dreimal bei Wahlkampfveranstaltungen gewesen: "Das ist nicht allzu wenig." Auch einige rote Stadträte und Kanzler Christian Kern hätten sich blicken lassen. Der Bürgermeister wies zudem darauf hin, dass "jeder für seine Wahl verantwortlich" sei - er selbst für die Gemeinderatswahlen. Die SPÖ werde die Wahl trotz erneuter Probleme bei den Wahlkarten - Häupl sprach vom "Klebstoff der Nation" - jedenfalls nicht anfechten.
Keine Auswirkungen auf Verhältnis zwischen Rot und Grün
Häupl versicherte jedenfalls, dass der grüne Erfolg im Bezirk das Verhältnis zwischen Rot und Grün auf Landesebene nicht belasten werde - und veranschaulichte das anhand des Fußballs. "Mir kommt das ein bisschen vor wie ein anderes Ereignis an diesem Wochenende - nämlich dass meine Wiener Austria gegen Salzburg 4:1 verloren hat. Ich kann nicht sagen, ich mag die Salzburger nimmer, weil sie uns 4:1 geschlagen haben, wenn man ganz klar erkennen kann, dass man selber schuld ist."
Wahlkarten ausgezählt: Sieg der Grünen jetzt noch deutlicher
Auch nach Auszählung der Briefwahl und der Stimmen der nicht österreichischen EU-Bürger bleiben die Grünen die Nummer eins in der Bezirksvertretung von Leopoldstadt. Sie konnten ihren in der Wiederholungswahl eroberten Vorsprung sogar noch ausbauen - und haben jetzt zwei Mandate mehr, SPÖ und FPÖ dafür je eines weniger als im Sonntagabend-Ergebnis. Die Grünen kommen nun auf 35,34 Prozent (ohne Wahlkarten 35,24 Prozent) und stellen mit Uschi Lichtenegger die künftige Bezirksvorsteherin. Die SPÖ erreicht 28,06 Prozent (ohne Wahlkarten waren es 28,83 Prozent) und kommt auf Platz zwei. Die FPÖ landet mit 22,47 Prozent auf Platz drei, die ÖVP folgt mit 6,01 Prozent auf Platz vier, die NEOS mit 5,06 Prozent auf Platz fünf und die Partei ANDAS mit 2,32 Prozent auf Platz sechs. Die Wahlbeteiligung erhöhte sich durch die Wahlkarten von 26,7 (19.181 Stimmen) auf 35 Prozent bzw. 25.143 Stimmen. Wahlberechtigt waren 71.845 Personen.
3170 Wahlkarten waren schadhaft
Insgesamt wurden 7422 Wahlkarten ausgestellt. Aufgrund des bereits bekannten Produktionsmangels wurden in 3170 Fällen die Wahlberechtigten kontaktiert und ein Austausch angeboten. 2371 Wahlberechtigte haben die Wahlkarten getauscht, 799 Wahlberechtigte haben das angebotene Service nicht in Anspruch genommen.
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