Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat sich am Nationalfeiertag gegen die Aufrüstung der Worte ausgesprochen: "Wir müssen alle gemeinsam an einem rot-weiß-roten Strang ziehen. Polarisierung wirft uns zurück", sagte er bei der feierlichen Angelobung von 1200 Rekruten des Bundesheeres am Heldenplatz. Kern warnte auch: "Der Weg zu einer Gewalt der Taten ist kurz." Beim Festakt dabei waren auch Altbundespräsident Heinz Fischer und Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen.
Der Heldenplatz sei heute "ein Platz der Demokratie, der Freiheit, der Menschenwürde und ein Platz friedlicher und demokratischer Versammlungen", sagte Kern. Das sei aber nicht immer so gewesen, "auf diesem Platz ist einst bewusst und dezidiert zu Krieg und zu Vernichtung aufgerufen worden". Heute aber gedenke man der Befreiung Österreichs "mit einem Fest der Freude".
"Österreichs Erfolgsgeschichte von Gemeinschaft geschrieben"
Der Nationalfeiertag sei auch immer ein Tag, der daran erinnere, was uns ausmache. "Österreich ist kein Land, in dem der stärkere Ellbogen zählt, Österreichs Erfolgsgeschichte wird von der Gemeinschaft geschrieben." Mit Bezug auf die zwei Millionen Freiwilligen in Vereinen und Organisationen befand Kern, dieses Engagement sei "der schönste Beweis für ein Österreich-Bewusstsein, das uns weiterbringt". Einmal mehr zitierte Kern den früheren deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau: "Nationalisten verachten andere Länder. Patrioten lieben ihr Land." Patriotismus lebe vom Miteinander.
"Weiterbringen werden wir Österreich nur, wenn wir zusammenhalten, wenn wir miteinander anpacken", so Kern. "In Österreich sind Patrioten die, die ihr Land gemeinsam vorwärtsbringen." Wohl auch in Richtung FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der zuletzt gar vor einem Bürgerkrieg gewarnt hatte, sagte Kern außerdem: "Polarisierung wirft uns zurück, Spaltung gefährdet den Zusammenhalt, deshalb müssen wir sie gemeinsam überwinden." Sonst hätten Demagogen ein leichtes Spiel. "Die Verrohung der Sprache ist ein Zeichen, das wir mit Sorge sehen müssen", denn der Weg zu einer Gewalt der Taten sei kurz.
Video: Nationalfeiertag heuer ohne Bundespräsident
Bures bei Angelobung: "Können uns auf Heer verlassen"
Weil es aufgrund der Turbulenzen rund um die Hofburg-Wahl derzeit keinen Bundespräsidenten gibt, hielt heuer Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) statt des Staatsoberhaupts die Rede beim Festakt - formal erfolgte die "Meldung" seitens des Heeres aber an den Kanzler. Die immerwährende Neutralität sei "ein Grundstein der Identität unseres Landes, ein Grundstein unserer demokratischen Republik", sagte Bures in ihrer Ansprache. Vor 60 Jahren habe die Neutralität und damit auch das Bundesheer die "erste Bewährungsprobe" bestanden, erinnerte Bures an die Ungarnkrise. "Ob beim Schutz unserer Grenzen oder im Rahmen von Hilfsmaßnahmen nach Naturkatastrophen: Unsere Bevölkerung kann sich auf ihr Bundesheer verlassen", unterstrich Bures. Dieses werde auch immer weiblicher, begrüßte die Nationalratspräsidentin ausdrücklich das Ziel, mehr Frauen zum Heer zu bringen. Unter den knapp 1200 Rekruten am Heldenplatz befanden sich 37 Frauen.
Mitterlehner appelliert an Mut der Österreicher
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner appellierte an die Österreicher (und wohl auch an die Bundesregierung selbst), alle "aktuellen und künftigen Herausforderungen mit Mut und Optimismus" anzugehen. Gleichzeitig lehnte der ÖVP-Parteichef das "Schüren von Ängsten und Vorurteilen" ab. Globalisierung sollte als Chance, nicht als Bedrohung gesehen werden und Sozialleistungen als "Hilfe zur Selbsthilfe" neu ausgerichtet sein.
Neben Altbundespräsident Fischer befand sich auch Präsidentschaftskandidat Van der Bellen unter den Ehrengästen - der Neffe zweiten Grades seiner Ehefrau war einer der Rekruten, die angelobt wurden, hieß es aus seinem Wahlkampf-Team. Der Ex-Grünen-Chef sah seine Anwesenheit aber "auch" als Signal und zeigte sich zuversichtlich, im kommenden Jahr als Staatsoberhaupt am Festakt teilzunehmen. Van der Bellens FPÖ-Konkurrent, der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, hielt unterdessen beim Tag der offenen Tür im Parlament die Stellung.
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