Nach einer hitzigen Debatte hat Niederösterreichs Landtag am Donnerstag die Änderung des Mindestsicherungsgesetzes ab 2017 beschlossen. Die entsprechende Novelle enthält unter anderem einen Deckel der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) von 1500 Euro pro Haushalts- bzw. Wohngemeinschaft, wobei jedes Einkommen eingerechnet wird. In diesem Betrag sind auch die Wohnkosten enthalten. Wird diese Summe überschritten, wird gleichmäßig prozentuell bis auf 1500 Euro gekürzt. Ausnahmen gibt es für Personen, die Pflegegeld oder erhöhte Familienbeihilfe beziehen, oder die dauerhaft arbeitsunfähig sind.
Für die Neuregelung ab 2017 stimmten ÖVP, FPÖ und die Stronach-Abgeordneten (FRANK). SPÖ, Grüne und der parteilose Abgeordnete Walter Naderer waren dagegen. Von SPÖ und FPÖ eingebrachte Anträge zu Änderungen des Gesetzesentwurfs blieben in der Minderheit.
Wartefrist für vollen Mindestsicherungsanspruch
Für den vollen Anspruch auf Mindestsicherung gilt künftig eine Wartefrist. Neu eingeführt wird eine reduzierte Mindestsicherung ("BMS light") für Personen, die in den vergangenen sechs Jahren weniger als fünf Jahre ihren Hauptwohnsitz bzw. rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich hatten. Die Höhe der Leistungen wird für einen Erwachsenen bei 572,50 Euro liegen, wobei darin auch ein Integrationsbonus enthalten ist.
Verpflichtende Werte- und Deutschkurse für Asylwerber
Antragsteller, die sich innerhalb der vergangenen sechs Jahre weniger als fünf Jahre in Österreich aufgehalten haben, müssen sich im Rahmen einer Integrationsvereinbarung zu Maßnahmen wie Werte- und Orientierungskursen oder Erwerb von Deutschkenntnissen verpflichten. Bei nicht fristgerechter Erfüllung wird der Bezug gekürzt. Eingeführt wird auch eine Verpflichtung für Mindestsicherungsbezieher zur gemeinnützigen Hilfstätigkeit, sofern nicht gleichzeitig das Arbeitsmarktservice Maßnahmen anordnet.
ÖVP: "Arbeitender Mensch muss entsprechend anerkannt werden"
"Es muss einen Unterschied geben zwischen dem, der arbeitet, und dem, der nicht arbeitet", sagte ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger. Die Novelle der Mindestsicherung sei nicht eine unmittelbare Frage des Budgets, sondern eine Frage der Gerechtigkeit. "Gerechtigkeit schaut so aus, dass der arbeitende Mensch entsprechend anerkannt werden muss und dass wir den wirklich Armen helfen", so Schneeberger.
Grüne: Neuregelung "Schande"
Die Debatte am Donnerstagnachmittag war mitunter von Schreiduellen geprägt. Scharfe Kritik an der Novelle übte die grüne Klubobfrau Helga Krismer-Huber. Sie bezeichnete die Neuregelung als "Schande", der Antrag der ÖVP "treibt noch mehr Menschen in die Armut". Die Volkspartei habe "den Wettbewerb der Grauslichkeiten in Österreich gewonnen", so die Klubobfrau in ihrer Rede, auf die vor allem ÖVP-Abgeordnete mit zahlreichen lautstarken Zwischenrufen reagierten. Die Neuregelung werde verfassungsrechtlich nicht halten, so Krismer-Huber.
Die SPÖ sprach sich gegen eine "BMS light" aus. "Die soziale Kälte hat einige Minusgrade erreicht", kritisierte die Landtagsabgeordnete Christa Vladyka, die für eine bundesweite Lösung plädierte. FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl sagte, viele Forderungen der Freiheitlichen seien umgesetzt worden. Er begrüßte die vorgesehene Wartefrist und die Deckelung. FRANK-Klubobmann Ernest Gabmann bezeichnete die Novelle als "allerersten Schritt". Es sei wichtig, einen Unterschied zwischen der Höhe des Erwerbseinkommens und des Erwerbsloseneinkommens zu schaffen.
Druck auf Wien steigt
Dass mit der beschlossenen Kürzung der Sozialhilfe in Niederösterreich der Druck auf das von Rot-Grün regierte Wien noch weiter steigt, ebenfalls Höchstgrenzen bei der Sozialhilfe einzuführen, ist in St. Pölten klar: So sei anzunehmen, dass noch mehr Asylberechtigte mit ihren oft zahlreichen Kindern nach Wien ziehen - was nachvollziehbar ist, wie das Beispiel eines Ehepaars mit fünf Kindern zeigt:
Schon jetzt leben 56 Prozent der Mindestsicherungsbezieher in der Bundeshauptstadt, Tendenz steigend. Auch im kommenden Jahr wird die Stadt Schulden machen, unter anderem um die steigenden Sozialleistungen decken zu können. Die Neuverschuldung beträgt heuer satte 569 Millionen Euro. Damit wächst der Schuldenberg von bisher 5,42 Milliarden Euro auf beinahe sechs Milliarden (5,969.000.000 Euro) an. Und der Negativtrend setzt sich fort. Geschätzer Schuldenstand mit Ende 2017: 6,5 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2008 war der Schuldenstand noch bei 2,2 Milliarden Euro gelegen, 2010 - da begann die Ära Rot- Grün - dann bei 4,2 Milliarden. Im Jahr 2015 wuchsen die Schulden schon auf 5,4 Milliarden Euro an, Anfang 2016 lag die Schätzung dann bereits bei knapp unter sechs Milliarden Euro.
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