Klagt Österreich?

EU und Deutschland einigen sich auf Pkw-Maut

Ausland
01.12.2016 21:08

Der jahrelange Streit zwischen Brüssel und Berlin um die deutsche Pkw-Maut ist beigelegt. Beide Seiten hätten sich geeinigt, sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc am Donnerstag nach einem Treffen mit dem deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt. Mit den von Dobrindt zugesagten Änderungen werde gewährleistet, dass das deutsche Mautsystem künftig mit EU-Recht vereinbar sei. Die Brüsseler Behörde legt damit das gegen Deutschland laufende Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht auf Eis. Österreich sieht die Einigung dagegen kritisch.

Bulc sagte, es gebe keine Ungleichbehandlung für EU-Bürger. Ziel sei, nicht aufgrund der Staatszugehörigkeit diskriminiert zu werden. Es werde auch keine 1:1-Steuerentlastung für deutsche Bürger wegen der Maut geben. Dobrindt erklärte: "Die Maut kommt." Es werde "keine Mehrbelastung für inländische Autofahrer geben".

Vignette für Ausländer ab 2,50 Euro
Künftig werde jeder, der die Autobahn benütze, einen "angemessenen Beitrag leisten". Für die Vignette werde es fünf statt drei Stufen geben. Eine Zehn-Tages-Maut soll je nach Fahrzeugeigenschaften 2,50, vier, acht, 14 oder 20 Euro kosten. Im geltenden Mautgesetz sind es fünf, zehn und 15 Euro.

Einnahmen von rund 500 Millionen Euro erwartet
Zudem sollen Pkw-Halter in Deutschland mit besonders umweltschonenden Autos stärker entlastet werden, wenn sie wie von Dobrindt geplant die Mautgebühren über die Kfz-Steuer zurückerhalten. Für Pkws der Abgasnorm Euro-6 sollen sich die Entlastungen auf rund 100 Millionen Euro belaufen. Angesichts der Kombination aus erwarteten Mehreinnahmen bei den Kurzzeitvignetten, der Entlastung für die schadstoffarmen Pkws und dem weiter gestiegenen Verkehrsaufkommen ausländischer Fahrzeuge bliebe die Prognose für Einnahmen von rund 500 Millionen Euro pro Jahr bestehen, hieß es.

Einigung für Leichtfried "fauler Kompromiss"
Österreich sieht die Einigung kritisch. Verkehrsminister Jörg Leichtfried bezeichnete sie am Donnerstag als "faulen Kompromiss": "Jetzt ist die Diskriminierung ein bisschen mehr verschleiert als vorher, aber sie ist da."

Es habe sich nicht viel gegenüber dem ersten Vorschlag geändert, er werde sich den Wortlaut der Einigung aber erst genau ansehen müssen. Auf die Frage, ob Österreich vor den Europäischen Gerichtshof ziehen werde, sagte Leichtfried, man werde jetzt einmal das Papier analysieren. Er habe beim Verkehrsrat mit seinen Kollegen aus Belgien, den Niederlanden und Polen gesprochen, die ebenfalls betroffen seien. Es werde ein Treffen dieser Länder zu dieser Problematik geben.

Auf Konfrontationskurs: Verkehrsminister Leichtfried (li.) und sein deutscher Amtskollege Dobrindt (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER, APA/AFP/EMMANUEL DUNAND, dpa)
Auf Konfrontationskurs: Verkehrsminister Leichtfried (li.) und sein deutscher Amtskollege Dobrindt

Niederlande wollen gegen Maut klagen
Die Niederlande wollen gegen die Einführung der Pkw-Maut in Deutschland klagen, sagte Verkehrsministerin Melanie Schultz van Haegen am Donnerstagabend in Brüssel. Auch wenn die EU-Kommission den Plänen zustimme, würden die Nachbarländer Deutschlands vor Gericht ziehen, sagte sie. Laut ihren Worten ist auch Österreich dabei, Belgien und Dänemark würden sich der Klage möglicherweise ebenso anschließen. Die Mautpläne nannte Schultz besorgniserregend: "Diese Sorgen können nur ausgeräumt werden, wenn die Maut nicht eingeführt wird."

Möglicher Start nach Bundestagswahl 2017
Wann die Maut tatsächlich kommt, beantwortete Dobrindt damit, dass er erst jetzt ins parlamentarische Verfahren gehe. Nach Abschluss der Beratungen und einer positiven Entscheidung des deutschen Bundestags beginne die Ausschreibung des Mautsystems. Er rechne mit einem möglichen Start der Maut erst nach der Bundestagswahl 2017. Die Maut hätte eigentlich schon Anfang 2016 starten sollen, lag aber bisher auf Eis, weil die Brüsseler Behörde wegen der Pläne ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagt hatte.

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