Die Regierung steht auf der Kippe, das Misstrauen wächst von Tag zu Tag, die Stimmung ist auf dem Nullpunkt. Das Einzige, das zügig und munter vorangeht, sind die gegenseitigen Sticheleien, Anschuldigungen sowie Schuldzuweisungen. Jetzt spricht auch Bundeskanzler Christian Kern im Gespräch mit der "Krone" Klartext: "Ich bin sehr unzufrieden mit dem, was vorliegt. Unsere Hand ist ausgestreckt, die ÖVP muss entscheiden, ob sie das will."
"Unsere Geduld wird stark belastet", so Kern am Dienstag nach dem Ministerrat. Die SPÖ habe viel versucht, viele Vorschläge gemacht, aber von der ÖVP kommen nur "Überschriften als Antworten", beklagt sich der Regierungschef.
Ministerin Karmasin attackiert den Kanzler
Bereits am Vormittag war die schlechte Stimmung in der Koalition wieder einmal deutlich geworden. Familienministerin Sophie Karmasin - sonst eher sehr zurückhaltend - warf dem Kanzler vor, "Inszenierung vor die Arbeit" zu stellen. Eine vorgezogene Neuwahl "liegt ein bisschen in der Luft", sagte Karmasin. Auffallend auch Außenminister und vermutlich nächster ÖVP-Chef Sebastian Kurz: Er hielt sich ungewohnt im Hintergrund und meinte dann nur äußerst knapp, dass das Koalitionsklima gut sei.
"Höchst unerfreulich und entbehrlich" nennt Kanzler Kern die Aussagen von Ministerin Karmasin. Die ÖVP solle sich lieber mit den Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen, beschäftigen oder eigene bringen, betont Kern.
Drozda sagt lange geplante Reise ab
Somit blieb es am Dienstag im Anschluss an den Ministerrat wieder einmal den Regierungskoordinatoren Harald Mahrer (ÖVP) und Thomas Drozda (SPÖ) überlassen, zu beteuern, dass man natürlich arbeiten wolle und bis Anfang Februar ein neues Regierungsprogramm vorlegen wolle.
Video: Regierung arbeitet weiter an "Programm neu"
In den kommenden Tagen dürfte sich das Schicksal der Koalition entscheiden. Wie ernst es um ihren Zustand bestellt ist, zeigt die Tatsache, dass Drozda nun eine lange geplante Reise nach Israel abgesagt hat.
Wie allerdings der Ausweg aus dem Chaos beziehungsweise die Rettung der Regierung funktionieren soll, weiß niemand so recht. Auch der Glaube daran scheint weder bei Rot noch bei Schwarz besonders ausgeprägt zu sein. Bei so manchem ist maximal noch Zweckoptimismus vorhanden. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass alle Medienberichte eigentlich noch eine Beschönigung der Koalitions-Realität seien.
"Dann braucht niemand mehr diese Regierung"
Kern bringt es auf den Punkt: "Wenn wir nichts zustande bringen, nicht für mehr Arbeitsplätze und für mehr Sicherheit sorgen können, dann braucht niemand mehr diese Regierung."
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.