Vier Tage nach der Koalitionseinigung auf ein neues Arbeitsprogramm sind in der Regierung schon wieder Schwierigkeiten aufgetaucht. Auslöser für den Konflikt ist eine missverständliche Erklärung von SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar über religiöse Symbole in öffentlichen Gebäuden, unter anderem geht es dabei auch um das Kreuz in den Klassenzimmern.
Ausgebrochen ist die Debatte wegen eines vergleichbar kleinen Teils im neuen Koalitionsabkommen, das als "Burkaverbot" in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Im Detail geht es dabei unter anderem darum, dass die Regierung "religiöse Neutralität im öffentlichen Dienst" beschlossen hat. Das bedeutet etwa, dass Richter, Staatsanwälte sowie Polizisten in Ausübung ihres Dienstes keine religösen Symbole tragen sollen.
Das "Neutralitätsgebot" noch einmal besprechen?
Diese Frage war von allen Seiten als geklärt betrachtet worden. Bis SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar am Mittwoch erklärt hatte, das man noch "mit allen Religionsgemeinschaften" diskutieren müsse, was das Gebot im Einzelnen heißt und ob das Kreuz in Gerichtssälen und Schulen nach der Einigung auf das "Neutralitätsgebot" bleiben könne. Nachdem Duzdar mit ihrer Erklärung ausreichend große Verwirrung und teilweise auch sehr heftige Empörung ausgelöst hatte, war von der Staatssekretärin keine weitere Klarstellung gekommen.
Es war Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der kurz nach Duzdars Äußerungen prompt klargestellt hatte, dass das "Neutralitätsgebot" nichts daran ändern werde, dass das "Kreuz bleibt". Kurz sagt, dass "die Entfernung des Kreuzes aus der Klasse oder dem Gerichtssaal weder Ergebnis noch Thema bei den Verhandlungen über das Regierungsprogramm gewesen ist".
Sebastian Kurz muss wieder alles aufklären
Der Außenminister hat sich einigermaßen verwundert über die von Duzdar ausgelöste Diskussion gezeigt. Um weiteren Missverständnissen vorzubeugen, erklärte Sebastian Kurz noch einmal die Einigung der Regierung: "Vereinbart wurden in diesem Bereich konkret zwei Dinge: Erstens das Verbot der Vollverschleierung durch ein eigenes Gesetz. Zweitens das Untersagen des Tragens sichtbarer politischer oder religiöser Symbole für Richter, Staatswanwälte und Polizisten."
SPÖ-Ministerin stellt Regierungsposition klar
Die von Duzdar ausgelöste Aufregung konnte spätestens am Donnerstag auch von der SPÖ nicht länger ignoriert werden. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid war es schließlich übertragen worden, das von ihrer Partei- und Regierungskollegin angerichtete Schlamassel auch öffentlich in Ordnung zu bringen. "Das Neutralitätsgebot, wie es im Arbeitsprogramm der Bundesregierung formuliert ist, betrifft das Kreuz im Klassenzimmer nicht. Die Kreuze werden weiterhin im Klassenzimmer hängen", so die Ministerin.
Bei ihrer Klarstellung hat Hammerschmid sehr dezent auf die Fehlleistung ihrer Regierungskollegin hingewiesen, indem sie sagte, dass dies im Übrigen auch mit Staatssekretärin Muna Duzdar akkordiert gewesen sei.
Nachhilfeunterricht für SPÖ-Staatssekretärin
Offenbar weniger an die Allgemeinheit, sondern mehr für Duzdar, hat die Bildungsministerin dann auch noch Nachhilfeunterricht erteilt. Hammerschmid erklärte, dass es sich beim Kreuz nicht nur um ein religiöses, sondern auch um ein "Symbol der abendländischen Geschichte" handle.
Kommentar von Claus Pándi: Merkwürdig
Für die Kanzlerpartei wird Muna Duzdar zum Problem. Die Staatssekretärin hat wieder einmal eine Phantomdebatte ausgelöst - einen Konflikt zwischen SPÖ und ÖVP um eine Frage, die niemals zur Frage gestanden hat. Im konkreten Fall um das Kreuz in den Klassenzimmern.
Von SPÖ-Chef Christian Kern als politisches Talent am linken Rand des Wiener Rathauses entdeckt und in die Bundesregierung befördert, etabliert sich die Staatssekretärin als Spezialistin für Missverständnisse. Das wäre halb so schlimm, ginge es nur um übliche Fehlleistungen des alltäglichen koalitionären Betriebs. Duzdar begibt sich jedoch ohne Not, aus eigenem Antrieb auf das Feld der Religionen.
Nun hat es als Privatsache zu gelten, dass sich die Staatssekretärin des Bundeskanzlers als nicht-praktizierende Muslima bezeichnet. Auch ihre Führungsfunktion in der Palästinensisch-Österreichischen Gesellschaft ließe sich noch als sentimentaler Dienst an der Herkunft ihrer Eltern erklären. Als unpolitisch werden sich die Aktivitäten Duzdars, die wie viele Kinder mit palästinensischen Förderern an der Sorbonne Recht der arabischen Länder studiert hat, in einer Palästinenser-Organisation jedoch schwer darstellen lassen.
Richtig kritisch wird das aber erst, wenn man österreichisches Regierungsmitglied ist. Und wirklich ernst wird es, wenn man mit diesem Hintergrund sehr merkwürdig in eine Debatte über religiöse Symbole eingreift.
Damit hat jetzt weniger Muna Duzdar, sondern der Bundeskanzler ein Problem.
Kronen Zeitung
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