EuGH-Urteil:

Arbeitgeber darf Kopftuch im Job verbieten

Ausland
14.03.2017 10:15

Arbeitgeber in der EU dürfen das Tragen von Kopftüchern und anderen religiösen Zeichen ab sofort verbieten - das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg entschieden. Demnach stelle ein unternehmensinternes Verbot keine unmittelbare Diskriminierung dar.

Ein Verbot müsse allerdings offiziell ausgesprochen werden. Der EuGH sprach dabei von einer "neutralen Regel", die der Arbeitgeber diskriminierungsfrei anwenden soll. Demnach sollen alle Arbeitnehmer gleich behandelt werden, indem ihnen allgemein und undifferenziert vorgeschrieben wird, sich neutral zu kleiden. Das gelte vor allem bei Mitarbeiterinnen mit Kundenkontakt.

Kundenwünsche reichen für Verbot nicht aus 
Wünsche von Kunden, die nicht von Mitarbeiterinnen mit islamischem Kopftuch bedient werden wollen, würden für ein Verbot nicht ausreichen, präzisierten die Richter. Zudem könne ein nationales Gericht zu einem anderen Schluss kommen, wenn sich herausstellen sollte, dass im Einzelfall die Regel selektiv angewandt werde, also etwa nur auf das Tragen islamischer Kopftücher.

(Bild: Peter Tomschi)

Fall von muslimischer Rezeptionistin als Auslöser
Anlass des Urteils waren Klagen muslimischer Frauen. In Belgien war die Rezeptionistin Samira A. nach drei Jahren Arbeit in einem Sicherheitsunternehmen entlassen worden, als sie ankündigte, das Kopftuch künftig auch während der Arbeitszeit tragen zu wollen. Das widersprach jedoch der internen Arbeitsordnung, die sichtbare Zeichen von "politischen, philosophischen oder religiösen Überzeugungen" nicht erlaubte.

Muslimas mit Hijab (Bild: FETHI BELAID/AFP/picturedesk.com)
Muslimas mit Hijab

Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar, erklärten die Luxemburger Richter. Allerdings könne es um "mittelbare Diskriminierung" gehen, also eine Regelung, die Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung besonders benachteiligt. Das könne jedoch gerechtfertigt sein, etwa um politische, philosophische oder religiöse Neutralität gegenüber Kunden zu wahren.

Eine Ungleichbehandlung verschiedener Anschauungen und Religionen sei laut EuGH nur dann zulässig, wenn sich diese aus der Art der Tätigkeit ergibt. Das könne etwa aus Gründen der Hygiene oder der Sicherheit sein.

Kurz und Lopatka erfreut über EuGH-Urteil
Die ÖVP-Politiker Sebastian Kurz und Reinhold Lopatka begrüßten das EuGH-Urteil. "Ich sehe die Entscheidung sehr positiv, da sie Diskriminierung aufgrund von religiöser oder politischer Weltanschauung nicht zulässt, aber gleichzeitig Arbeitgebern den Freiraum zuspricht, die sie für unternehmerisches Handeln brauchen", so Außen- und Integrationsminister Kurz in einer Aussendung.

VP-Klubchef Lopatka sieht in dem Urteil auch Rückenwind für das geplante Burkaverbot. Das von der Regierung vorgesehene Verbot der Gesichtsverhüllung in der Öffentlichkeit wird von Menschenrechtsgruppen, Anwälten und Religionsgemeinschaften gleichermaßen abgelehnt. Lopatka pocht dagegen weiterhin auf die Maßnahme und sagte am Dienstag, Vollverschleierung sei ein nicht hinnehmbares Zeichen islamischer Fanatiker. Außerdem seien laut einer Umfrage im Auftrag des ÖVP-Klubs 79 Prozent der Österreicher für ein Burkaverbot.

Sebastian Kurz, Reinhold Lopatka (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Sebastian Kurz, Reinhold Lopatka

Duzdar: "Jegliche Form der Diskriminierung wird unterbunden"
Kanzleramtsstaatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) sieht durch das EuGH-Urteil das von der Regierung geplante "Neutralitätsgebot" für bestimmte Berufsgruppen bestätigt. Die für Diversitätsfragen zuständige Politikerin betonte, dass damit "jegliche Form der Diskriminierung aufgrund religiöser oder politischer Weltanschauung unterbunden wird".

Muna Duzdar (Bild: Peter Tomschi)
Muna Duzdar

Österreich: Kopftuch am Arbeitsplatz erlaubt
In Österreich ist das Tragen von Kopftüchern am Arbeitsplatz grundsätzlich gestattet, die Bundesregierung möchte es aber im öffentlichen Dienst mittels eines "Neutralitätsgebots" untersagen. Im Vorjahr erklärte der Oberste Gerichtshof (OGH) die Kündigung einer Muslimin, die ihren Gesichtsschleier nicht abnehmen wollte, für zulässig. Der OGH erklärte aber zugleich, dass eine Benachteiligung bei der Zuweisung von Aufgaben am Arbeitsplatz wegen des Tragens von religiöser Gewandung (islamisches Kopftuch und Über-Mantel) sehr wohl eine Diskriminierung dargestellt habe.

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