Mit jedem Tag, der bis 30. Juni vergeht, rückt Australien einem bemerkenswerten Weltrekord näher. Wenn nicht noch eine größere Katastrophe passiert, wird das Land auf der anderen Seite der Erdkugel am Ende des laufenden Quartals so lange ohne Rezession sein wie noch nie ein Staat zuvor: 104 Quartale - oder 26 Jahre.
Im "Lucky Country" (Glückliches Land), wie sich Australien gerne selbst nennt, ist das Wachstum ohne Ende praktisch zum Normalzustand geworden. Eine ganze Generation kennt das gar nicht anders. Als die Wirtschaftsleistung zum letzten Mal zwei Quartale hintereinander schrumpfte - dann sprechen Experten von einer Rezession -, schrieb man das Jahr 1991. Anderswo waren noch Michail Gorbatschow, George Bush sen. und Helmut Kohl an der Regierung, in Australien selbst ein Mann namens Bob Hawke.
Premier Turnbull darf Glückwünsche einheimsen
Als amtierender Regierungschef wird nun - sechs Premierminister später - aller Voraussicht nach Malcolm Turnbull die Glückwünsche einheimsen dürfen. Passenderweise hält sich der konservative Politiker Anfang Juli, wenn die Sache gelaufen sein dürfte, beim Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in Hamburg auf. Es gibt für einen Politiker auf der internationalen Bühne wohl keinen besseren Termin.
Australien überholt bisherigen Rekordhalter Niederlande
Dass Australien den Rekord schaffen wird, daran zweifelt kaum noch jemand. Mit der neuen Bestleistung überholt es dann die Niederlande, die 103 Quartale ohne Rezession überstanden - zwischen 1982 und 2008. Die weltweite Banken- und Finanzkrise setzte dem Wachstum damals aber ein Ende. In Down Under litt man darunter ebenfalls, doch die zwölftgrößte Volkswirtschaft der Welt überstand die Krise, ebenso wie den Verfall der Rohstoffpreise 2015.
Ende des Vorjahres zitterte man in Australien zwischenzeitlich sehr, ob es mit dem Rekord etwas wird: Im dritten Quartal 2016 gab es ein Minus, aber zum Jahresende kehrte das Wachstum zurück. Bis Ende 2018 erwartet die australische Zentralbank nun weiter ein Plus von etwa drei Prozent.
Wachstum durch China als wichtigstem Handelspartner
Die Grundlage für den Erfolg, neben Arbeitsmarktreformen und einer guten Geldpolitik: die anhaltend starke Nachfrage aus Asien nach einheimischen Bodenschätzen wie Gas, Öl, Kohle und Erz sowie nach Agrarprodukten. Längst ist China wichtigster Handelspartner, ein Drittel der Exporte geht heute dorthin. Zum Vergleich: 1991 waren es lediglich zwei Prozent gewesen. Der Wirtschaftsprofessor Saul Eslake von der University of Tasmania sagt: "Außer China selbst hat in den letzten drei Jahrzehnten kein Land auf der Welt so sehr von Chinas Wachstum und seiner Industrialisierung profitiert wie Australien."
Immer wichtiger wird auch der Bildungsmarkt: Mehr Eltern aus Asien, auch aus der Mittelschicht, schicken ihre Kinder nach Australien zur Schule oder in die Universität. Down Under ist nicht nur näher als die USA oder Europa, sondern auch billiger. Dass der australische Dollar die vergangenen Jahre im Vergleich zum US-Dollar an Wert verloren hat, trägt dazu bei.
Auch auf dem Häuser- und Wohnungsmarkt sind Chinesen sehr aktiv, vor allem an der australischen Ostküste. In Metropolen wie Sydney oder Melbourne soll inzwischen jede dritte Immobilie an chinesische Käufer gehen. Und die Preise steigen: In Sydney etwa haben sie sich innerhalb von acht Jahren sogar verdoppelt.
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