Die Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Ulrike Rabmer-Koller, legt ihre Funktion nach nur etwas mehr als einem Jahr zurück. Ihren Rücktritt begründete sie mit mangelndem Reformwillen im Gesundheitssystem, das als Gesamtes zu ineffizient sei. Sie habe eine umfangreiche Reformagenda eingefordert, es habe aber der politische Wille zur Umsetzung gefehlt, erklärte sie in einem Pressegespräch am Donnerstag. Rabmer-Koller wollte dafür zwar niemanden namentlich verantwortlich machen, nannte aber konkrete Beispiele für ihren Standpunkt.
Den Rücktritt habe sie sich lange überlegt und sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, sagte Rabmer-Koller. Sie habe versucht, Reformen umzusetzen, das Gesundheitssystem weiterzuentwickeln und die Finanzierung langfristig abzusichern. Fehlender politischer Wille sei aber dafür verantwortlich, dass sie das nicht umsetzen habe können.
"Neuwahldiskussionen verhindern sachorientierte Lösungen"
Angesichts der Neuwahldiskussionen seien auch in den nächsten zwei Jahren sachorientierte Lösungen nicht zu erwarten. Ein Abbau der Ineffizienzen im System und wesentliche Reformen in der Trägerstruktur seien nicht absehbar. Das sei für sie "inakzeptabel", begründete Rabmer-Koller ihren Rücktritt.
Sie sei angetreten, um zu verändern und zu gestalten, sehe dafür aber keinen Spielraum. Konkret drängte sie auf eine Hebung der Effizienzpotenziale und eine strukturelle Neuaufstellung der Sozialversicherungen. Da sie als Hauptverbands-Chefin kein Durchgriffsrecht auf die Träger habe, könne sie auch nicht steuernd eingreifen. Mit der derzeitigen Struktur und den rechtlichen Rahmenbedingungen seien Reformen nicht möglich. Sie habe einsehen müssen, dass sie Reformen so nicht umsetzen könne, nannte Rabmer-Koller einen Beweggrund für ihren Rücktritt. Mit der Hebung von Effizienzpotenzialen könnten bessere Leistungen finanziert und die Lohnnebenkosten gesenkt werden.
Konkrete Beispiele untermauern Standpunkt
Die scheidende Hauptverbands-Chefin betonte zwar, dass die Struktur und das Gesamtsystem dafür verantwortlich seien, dass keine klaren Entscheidungen getroffen werden können, gleichzeitig nannte sie aber auch zwei konkrete Beispiele: Zum einen ziele der "Plan A" von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) nur darauf ab, noch mehr Geld ins System zu pumpen, statt die Defizite zu beheben. Zum anderen kritisierte Rabmer-Koller die von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) in Auftrag gegebene Effizienzstudie für die Sozialversicherung. Die Vorgaben der Studie seien politisch motiviert, außerdem dauere es "sehr lange", bis ein Ergebnis vorliegt, und dann sei die Frage, ob überhaupt etwas davon umgesetzt werde, kritisierte Rabmer-Koller.
Als weiteres Beispiel nannte sie, dass die Wiener Gebietskrankenkasse das Verhandlungsergebnis zur Lösung der langen Wartezeiten bei CT- und MRT-Untersuchungen nicht akzeptieren wolle.
Modernisierung und "exakte Regeln" nötig
Die Selbstverwaltung hält Rabmer-Koller für zeitgemäß, aber sie müsse modernisiert werden. Sie stehe auch zur Sozialpartnerschaft, allerdings wünscht sie sich dafür "exakte Regeln", damit diese sach- und lösungsorientiert vorgeht. Auch den oft als Problem für das Gesundheitssystem genannten Föderalismus hält sie für positiv, allerdings brauche man dafür eine klare Aufgabenverteilung und Entscheidungsstrukturen. Diese gebe es derzeit nicht, deshalb seien hier gesetzliche Veränderungen der Strukturen dringend nötig.
Rabmer-Koller appellierte an alle Entscheidungsträger, so schnell wie möglich politische Entscheidungen zu treffen und Reformen umzusetzen. Dabei sollten alle ideologiefrei und ohne Berücksichtigung von Eigeninteressen vorgehen. Rabmer-Koller will nun für einen geregelten Übergang sorgen und so lange im Amt bleiben, bis ihre Nachfolge geregelt ist. Namen wollte sie nicht nennen - nun werde in den Gremien diskutiert, diese Diskussion werde noch am Donnerstag starten. Klar ist, dass aufgrund der Mehrheitsverhältnisse der Wirtschaftsbund ein Vorschlagsrecht für den Vorsitz im Hauptverband hat.
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