Nach den blutigen Terroranschlägen in den zurückliegenden Monaten und am Wochenende in London fordert Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) nun vehement einen Schulterschluss in offenen Sicherheitsfragen und ein Bekenntnis zum gemeinsam im Regierungsabkommen festgelegten Sicherheitspaket. Er appellierte am Montag in Richtung Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ): "Wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen!"
"Wenn in ganz Europa entschlossen Maßnahmen gegen den Terror festgelegt werden, dürfen wir nicht die Hände in den Schoß legen und hoffen, dass nichts passiert. Der Letztvorschlag zum Sicherheitspolizeigesetz liegt dem Koalitionspartner mit allen Details seit knapp zehn Tagen vor. Ich erwarte mir einen Schulterschluss im Sinne der Sicherheit Österreichs", so Sobotka am Montag in einer Aussendung.
Angesichts der Terrorentwicklung in Europa dürfe dieses Thema nicht zu einem Spielball der Politik werden, nimmt der Minister Bezug auf die jüngsten Anschläge in London und Manchester. Das Sicherheitspolizeigesetz umfasst neben einer koordinierten Videoüberwachung auch eine Kennzeichenerfassung an Österreichs Grenzen, um im Bedarfsfall Daten abzurufen und Bewegungsfelder von Kriminellen und potenziellen Terroristen nachzuvollziehen.
"Müssen Bevölkerung bestmöglich vor Terror schützen"
"Wenn Experten des Verfassungsschutzes klar aufzeigen, dass es in diesen Bereichen ernst zu nehmende Sicherheitslücken gibt, muss ich als Innenminister handeln. Wir müssen den Polizeibeamten das nötige Werkzeug in die Hand geben, um die Bevölkerung bestmöglich vor Terror und Kriminalität schützen zu können. Erst abzuwarten, bis etwas passiert, ist fahrlässig und hätte rein gar nichts mit verantwortungsvoller Sicherheitspolitik zu tun", so der Sobotka weiter.
Äußerungen, wonach das Thema Sicherheit nicht geeignet für Schnellschüsse sei, weist Sobotka entschieden zurück. "Für konstruktive Kritik bin ich offen, mir fehlt aber jegliches Verständnis in Zeiten größter internationaler Terrorgefahr, wochenlang das Haar in der Suppe zu suchen, nur um Entscheidungen hinauszuzögern. Alle Punkte des Sicherheitspolizeigesetzes sind im von Kanzler Kern geforderten und neu verhandelten Regierungsübereinkommen enthalten. Es gibt keinen Grund, warum wir es nun nicht gemeinsam umsetzen sollten."
"Polizei braucht unmittelbaren Zugriff auf Videomaterial"
Auch die Kritik eines drohenden Überwachungsstaates lässt Sobotka nicht gelten. "Es wäre vollkommen sinnbefreit, flächendeckend und rund um die Uhr Videomaterial zu sammeln. Alles, was die Polizei braucht, ist ein unmittelbarer Zugriff auf bereits bestehende Kameras im Anlassfall. Wenn ich mit Menschen auf der Straße spreche, gehen diese immer davon aus, dass wir das bereits können. Dem ist aber leider nicht so. Selbst bei begründetem Verdacht dauert es mitunter Stunden, bis die Polizei die Erlaubnis bekommt, Videomaterial einzusehen. Das ist schlichtweg untragbar", stellt Sobotka klar.
Bis zum Mittwoch hat die Regierung noch Gelegenheit, das Sicherheitspaket - wie geplant - gemeinsam umzusetzen. Der Vorschlag des Innenministeriums sieht auch bei der Kennzeichenerfassung nur eine vorübergehende Speicherung von Daten vor, um im Falle eines begründeten Verdachts Verkehrswege von Kriminellen und potenziellen Terroristen offenzulegen. "Die Österreicher haben ein Recht auf größtmöglichen Schutz", so Sobotka abschließend.
"Äußerst sensible Materie": SPÖ verlangt Begutachtung des Pakets
Noch-Koalitionspartner SPÖ verlangte am Montag eine eingehende Begutachtung des Pakets. Denn es handle sich aus Sicht des Datenschutzes um eine "äußerst sensible Materie", wie der Sprecher von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), Stefan Hirsch, gegenüber der APA sagte. Der Innenminister könne und solle seinen eigenen Entwurf in Begutachtung schicken, um in der Öffentlichkeit einen breiten Diskurs darüber zu ermöglichen, so Hirsch. "Wir halten diesen Weg für richtig und würden das begrüßen."
Die Begutachtung sollte stattfinden, bevor der Gesetzesentwurf ins Parlament kommt, meinte Hirsch. Die SPÖ sei grundsätzlich dafür, das sei ja auch im Jänner beschlossen worden. Wenn die Polizei mehr Mittel benötige, dann sollte sie diese auch erhalten.
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