Der Pflegeregress wird abgeschafft. Alle Fraktionen außer den NEOS haben Donnerstagnachmittag einer entsprechenden Gesetzesvorlage im Nationalrat zugestimmt. Zur Kompensation ihrer Einnahmen-Ausfälle erhalten die Länder zumindest 100 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich. Als eine der Maßnahmen zur Gegenfinanzierung wird im Sinne der Betrugsbekämpfung ein Foto auf der E-Card verpflichtend. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zeigte sich über die Einigung erfreut: "Menschen wegen Pflegebedürftigkeit zu enteignen war durch nichts zu rechtfertigen. Ich freue mich mit 40.000 Menschen und ihren Familien. Das ist ein guter Tag für das Miteinander in Österreich."
Derzeit sieht das System des Pflegeregresses so aus, dass nicht nur der größte Teil des Pflegegelds und der Pension für Pflege im Heim herangezogen wird, sondern auch allfälliges Privatvermögen der Betroffenen. Selbst bei Schenkungen kann noch einige Jahre etwa auf übertragene Wohnungen zugegriffen werden. Die Länder haben dabei unterschiedliche Regelungen. Nunmehr wird ihnen per Verfassungsgesetz dieser Regress untersagt.
Fotos auf E-Cards ab 2019
Teilweise gegenfinanziert werden soll die Abschaffung durch die Einführung von Fotos auf den E-Cards. Ab 2019 sollen nur noch Karten mit Foto neu ausgegeben werden, bis 2023 muss der Austausch abgeschlossen sein. Ebenfalls Einsparungen erhofft man sich dadurch, dass Pflegeheime künftig Arzneimittel direkt einkaufen können.
Politkonkurrenz erfreut, nur NEOS gegen "Wahlzuckerl"
Größtenteils erfreut fiel die Reaktion der politischen Mitbewerber und auch Interessensvertreter aus, nur die NEOS tanzten dabei aus der Reihe. Deren Sozialsprecher Gerald Loacker sagte, in seiner derzeitigen Form sei der Pflegeregress zwar "inakzeptabel", bei der "hastigen Einigung" von SPÖ und ÖVP auf eine Abschaffung ortete er aber eine Entwicklung in Richtung Wahlkampf 2008, als milliardenschwere Wahlzuckerl verteilt wurden. "Woher die zusätzlichen 100 Millionen Euro kommen sollen, kann und will keiner der Regierungsvertreter sagen. Ein Foto auf der E-Card wird jedenfalls für eine umfassende Gegenfinanzierung kaum ausreichen", so Loacker, der überzeugt ist, dass die Abschaffung des Pflegeregresses letztlich weit mehr kosten werde.
FPÖ-Behindertensprecher Norbert Hofer sprach hingegen von einem "großen Erfolg" für die FPÖ und meinte, dass die pflegebedürftigen Menschen und ihre Angehörigen nun aufatmen könnten. Durchgesetzt habe sich die FPÖ nicht nur beim Pflegeregress sondern auch beim Foto auf der E-Card, so der Dritte Nationalratspräsident. Team-Stronach-Gesundheitssprecherin Ulla Weigerstorfer freute sich ebenfalls, dass mit der Abschaffung des Pflegeregresses auch das Foto auf der E-Card beschlossen werden soll. Damit werde eine Forderung des Team Stronach umgesetzt. Im Mai sei ein Antrag ihrer Partei dafür von SPÖ und ÖVP noch abgelehnt worden, jetzt im Wahlkampf werde das Foto doch beschlossen, so Weigerstorfer.
Seniorenorganisationen euphorisch
Euphorisch reagierten die Seniorenorganisationen auf die Abschaffung des Pflegeregresses. "Österreich ist Pflegeregress-frei", jubelte der Präsident des SPÖ-Pensionistenverbands, Karl Blecha. "Höchst erfreut" zeigte sich auch die Präsidentin des ÖVP-Seniorenbundes, Ingrid Korosec, über den "richtungsweisenden Beschluss, der voll im Sinne aller Betroffenen" sei. Die verpflichtende Einführung eines Fotos auf der E-Card ist für Korosec "ein wichtiges Werkzeug im Kampf gegen Sozialmissbrauch".
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