Flüchtlingsrat droht

“Bringen Zehntausende in Zügen an den Brenner”

Österreich
15.07.2017 19:52

In dieser Deutlichkeit ist Österreich bisher noch nicht unter Druck gesetzt worden: "Wir öffnen die Häfen und schicken den Großteil unserer Flüchtlinge in Zügen und Bussen an den Brenner", drohte jetzt der Direktor des italienischen Flüchtlingsrats, Christopher Hein. Er will damit erreichen, dass "Europa endlich reagiert". Dafür will Hein offenbar auch unkalkulierbare Spannungen an der Staatsgrenze riskieren.

Dass Österreichs Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) das Bundesheer auf Krisensituationen an der Staatsgrenze am Brenner vorbereiten lässt, scheint nun durchaus berechtigt: Im Führungsstab des mithilfe der UNO gegründeten Flüchtlingsrats in Rom (Consiglio Italiano per I Refugiati, CIR) liegen aufgrund des anhaltenden Massenzustroms über das Mittelmeer die Nerven blank.

(Bild: Hubert Rauth, APA/BUNDESHEER/WOLFGANG GREBIEN)

"Bringen wir die Flüchtlinge an die Grenze, wird Europa reagieren"
In den ARD-"Tagesthemen" drohte nun CIR-Direktor Christopher Hein wörtlich: "Lassen wir alle Schiffe ankommen, öffnen wir unsere Häfen für die Flüchtlinge. Stellen wir aber Busse und Züge zu Verfügung und bringen einen Großteil der Menschen an den Brenner und nach Ventimiglia zur französischen Grenze, nach Como zur Grenze mit der Schweiz - dann wird Europa reagieren."

Der italienische Flüchtlingsrat will also Zehntausende Migranten direkt vor Österreichs Grenze "abliefern" und riskiert damit eine weitere dramatische Asylkrise wie bereits im Herbst 2015.

Polizisten am Brenner bei einer Demonstration im Mai 2016 (Bild: APA/EXPA/Johann Groder (Archivbild))
Polizisten am Brenner bei einer Demonstration im Mai 2016

"In Deutschland steht alles leer, in Italien ist alles überfüllt"
Italien fühlt sich - nicht zu Unrecht - im Massenansturm über das Mittelmeer noch immer alleingelassen: 89.000 Migranten kamen allein im ersten Halbjahr 2017 über das Meer, die Quartiere in Italien sind überfüllt. Flüchtlingsrat-Direktor Hein: "In Deutschland, in Belgien, in den Niederlanden stehen Hunderte von Aufnahmeeinrichtungen leer. Und in Italien ist alles überfüllt - das ist doch paradox."

(Bild: AFP)

"70 bis 90 Prozent haben gar keine Chance auf Asyl"
Im Verteidigungsministerium in Wien wird die Entwicklung in Italien genau beobachtet, die Vorbereitungen des Heeres für eine Grenzsicherung in Tirol mit 750 Mann laufen weiter. Inoffiziell werden die Drohgebärden in Rom scharf kritisiert: "70 bis 90 Prozent dieser Zuwanderer aus Nigeria, Elfenbeinküste, Senegal oder Guinea haben gar keine Chance auf Asyl. Sie fallen auch nicht unter die von der EU beschlossenen Umverteilungsregeln."

Sobotka: "Drohungen werden nichts so schnell ändern"
Innenminister Wolfgang Sobotka kündigte an: "Der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit wurde von mir beauftragt, mit seinem italienischen Pendant in Kontakt zu treten, um eine diesbezügliche Klarstellung zu erhalten. Auch ich werde den Kontakt mit Innenminister Minniti suchen, um die Thematik zu besprechen. Die Zusammenarbeit mit Italien funktioniert nach wie vor sehr gut, das werden auch Drohungen einer italienischen Hilfsorganisation nicht so schnell ändern."

Er setzt vor allem auf genaue Beobachtung der Situation: "Klar ist, dass wir die Situation genauestens im Auge behalten und im Falle eines Ansturms das Grenzmanagement am Brenner innerhalb von 12 bis 24 Stunden hochfahren können. Klar ist aber auch, dass die Schließung der Mittelmeerroute angesichts der Entwicklungen an Italiens Küste keine Option, sondern eine Notwendigkeit ist. Die Forderung von Außenminister Kurz, den Fährverkehr für illegale Migranten hin zum europäischen Festland zu unterbinden, halte ich in diesem Zusammenhang für essenziell."

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