Das vor allem auf Social-Media-Plattformen heftig kritisierte Statement des SPÖ-Bundesgeschäftsführers Georg Niedermühlbichler über die (Zitat) "mangelnde politische Kompetenz von Ex-Missen" bleibt weiter ein Wahlkampfthema: Die bekannte Psychoanalytikerin Rotraud A. Perner erklärt nun in einem offenen Brief, dass sie die SPÖ als Genossin wegen dieser Frauenverachtung verlassen werde. Perner wörtlich: "Mir reicht's. Ich will mich nicht mehr fremdschämen."
"Für wie dumm hält mich meine Partei SPÖ, der ich am 1. September 1967 beigetreten bin, dass ich nicht merke, wie die Führungsriege versucht, Menschen - besonders Frauen - abzuwerten?", schreibt die bekannte Psychoanalytikerin und Juristin in ihrem aktuellen "Brief gegen die Gewalt".
Und Rotraud A. Perner nimmt konkret Bezug auf den aktuellen Eklat, für den SPÖ-Bundesgeschäftsführer gesorgt hat, als er den Quereinsteigerinnen auf der Nationalratswahlliste der ÖVP keinerlei politische Kompetenz zugestanden hat: "Diese andauernden Tatsachenverdrehungen sind unerträglich geworden. Ja glauben Herr Kern und sein 'Mann fürs Grobe' Niedermühlbichler, wir merken nicht, dass sie es selbst sind, die 'dirty campaigning' betreiben, nur weil sie es immer und immer wieder ihrem ernsthaftesten politischen Mitbewerber vorwerfen?"
Die Langzeit-Genossin hat sich über die von Niedermühlbichler kritisierten ÖVP-Kandidatinnen informiert und will sich nun mit ihnen "solidarisch erklären": Dass viele Frauen extrem lernbereit sind und dies auch schicksalsbedingt sein müssen, mache "ja vielen weniger leistungs- als verbrüderungsorientierten Männern Angst".
Im letzten Absatz ihres ausgezeichnet formulierten Textes schreibt die Psychoanalytikerin und Trägerin des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich: "Ich zitiere mein Lieblings-Sprichwort: 'Ein Dieb sieht auch bei einem Heiligen nur die Taschen' - und bei einer Frau nur deren Sex-Appeal."
"Frage nach politischer Qualifikation muss gestattet sein"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler selbst hat seine Aussagen mittlerweile relativiert: "Es steht mir selbstverständlich fern, den drei Kandidatinnen ihre berufliche Qualifikation abzusprechen, die Frage nach der politischen Qualifikation muss aber gestattet sein", betonte er am Samstag. Auch bei anderen Quereinsteigern, etwa bei Rudolf Taschner "mit seinen eigenwilligen Aussagen zum Thema Kindererziehung", habe man deren Eignung hinterfragt. Und weiter: "Sollte bei den Kandidatinnen der Eindruck entstanden sein, dass ihre berufliche Qualifikation infrage gestellt wurde, so bedauere ich das, das war selbstverständlich nicht die Intention."
Bereits zweiter Sexismus-Eklat dieses Jahr
Dennoch: Der "Missen"-Sager des Bundesgeschäftsführers war heuer schon der zweite Sexismus-Skandal in der SPÖ. Erst im Mai hatte der Wiener Bezirksrat Götz Schrage die ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger mit "jungen Damen der ÖVP Innere Stadt der frühen 80er-Jahre, die mit mir schliefen" verglichen. Schrage kam mit einer "Verwarnung" davon.
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