Recherchen des Nachrichtenmagazins "profil" über "Negative-Campaigning-Aktivitäten der SPÖ gegen den ÖVP-Spitzenkandidaten Sebastian Kurz" wollte der Bundesgeschäftsführer der Kanzler-Partei zuvorkommen. Unter anderem mit einer am Freitag um 19 Uhr schriftlich verschickten Warnung, "alle rechtlichen Mittel gegen Datendiebstahl zu prüfen".
Hintergrund der mysteriösen Geschichte: Knapp zwei Wochen nach der Festnahme des SPÖ-Kampagnenberaters Tal Silberstein in Israel am 14. August kursierten geheime Papiere aus dem Zentrum und dem Umfeld der den Sozialdemokraten nahestehenden Werbestrategen. In der am Montag erscheinenden Ausgabe von "profil" wird laut Aussendung des Nachrichtenmagazins berichtet, dass die von der SPÖ engagierte Werbeagentur "Anti-Kurz-Videos produzierte".
"Anti-Kurz-Videos" für den internen Gebrauch
Der Chef der Werbeagentur, Michael Kapfer, bestätigte laut "profil" die Produktion der Videos gegen den ÖVP-Spitzenkandidaten. Diese Videos seien jedoch "in Abstimmung mit dem SPÖ-Berater Tal Silberstein nur für den internen Gebrauch in Fokusgruppen erstellt worden", zitiert "profil" den Werbechef.
"Kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen"
Grundlage für die Recherchen sind "profil" vorliegende Unterlagen, die zuletzt einem erweiterten Personenkreis zugespielt wurden. Noch vor der Veröffentlichung lenkte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler die ganze Aufmerksamkeit auf diese fragwürdigen Vorgänge: "Dass nun Korrespondenzen zwischen der Agentur und der SPÖ-Kampagne bei Journalisten auftauchen, ist ein deutlicher Beleg dafür, dass immer wieder versucht wird, Details der SPÖ-Kampagne auf allen Wegen in Erfahrung zu bringen", erklärte Niedermühlbichler in einer Aussendung. Der Wahlkampfchef behauptet dabei indirekt, dass man gehackt worden sei, wenn er schreibt: "Hacken und interne Daten missbräuchlich zu verwenden ist aber kein Kavaliersdelikt, sondern ein Verbrechen."
"In nordkoreanischer Verehrung …"
Die der "Krone" vorliegenden Unterlagen aus der SPÖ-Wahlkampagne ergeben allerdings den Eindruck eines eher sorglosen Umgangs mit E-Mails und Analysen. In dem Konvolut befinden sich unter anderem Schreiben des PR-Beraters Rudolf Fußi an den Bundeskanzler, den er in "nahezu nordkoreanischer Verehrung" schätze.
Zu dieser vermutlich einem eigenartigen Humor geschuldeten Anrede kommt auch der Dank des PR-Beraters an den "lieben Christian" (gemeint ist Kern, Anm.), eine Rede für den Vorsitzenden der Partei halten zu dürfen, "die man mir unter (Ex-Kanzler Werner) Faymann genommen hat".
"Die SPÖ ist bedingt kampagnenfähig"
Zu diesen sich intellektuellen Bewertungen entziehenden Formulierungen finden sich in den geheimen Papieren allerdings auch Einschätzungen über den Zustand der SPÖ im Jänner dieses Jahres. Verfasst hatte das Dossier ein früherer Sekretär von Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Der heute als Kommunikationschef eines Immobilienkonzerns tätige Ex-Politikersekretär hatte mutmaßlich für Tal Silberstein wenig schmeichelhafte Beschreibungen über einzelne Regierungsmitglieder und SPÖ-Mitarbeiter streckenweise sehr pointiert ("Die SPÖ ist bedingt kampagnenfähig") niedergeschrieben.
Internes Dossier über Stärken und Schwächen
Im Bundeskanzleramt heißt es zu diesem bisher nur intern kursierenden Dossier, dass "hier offenbar potenzielle Angriffe der politischen Konkurrenten besprochen bzw. eine Stärken- und Schwächenanalyse vorgenommen wurde".
An den aktuellen Spekulationen oder diversen Mutmaßungen, wie diese Papiere an die Öffentlichkeit gelangen konnten, "will sich das Bundeskanzleramt nicht beteiligen".
Claus Pándi, Kronen Zeitung
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