Der Reigen der ORF-Konfrontationen zur Nationalratswahl ist am Dienstag mit dem Duell Blau gegen Grün gestartet. Im Studio war allerdings nicht FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, der in der Vorwoche im Puls-4-Studio mit der grünen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek heftig zusammengekracht war, sondern der freiheitliche Parteivize Norbert Hofer. Doch auch dieser war durchaus angriffig: "Sie kandidieren für das österreichische Parlament, wollen aber den Nationalstaat Österreich abschaffen", warf er Lunacek an den Kopf.
Durch eine Vision der "Vereinigten Staaten von Europa" wollten Lunacek und die Grünen die österreichische Souveränität abschaffen, so Hofer. Ein Zeichen dafür ortete er in der grünen Unterstützung für den Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, einen europäischen Finanzminister zu installieren.
"Das heißt, dass wir unsere Steuerhoheit aufgeben. Da gibt sich Österreich tatsächlich auf. Wir wollen unsere Souveränität nicht an Brüssel abgeben und schon gar nicht an Herrn Juncker, dem ich wirklich nicht vertraue."
Lunacek präzisierte, sie würde ihre EU-Idealvorstellung eher "Republik Europa" nennen und nicht "Vereinigte Staaten". Und sie fuhr auch gleich den Gegenangriff: "Sie, Herr Hofer, haben im Präsidentschaftswahlkampf gesagt, Sie wollen den Öxit. Nachher haben Sie das wieder abgeschwächt, jetzt ist die Haltung der FPÖ sehr unterschiedlich." Außerdem konfrontierte sie Hofer mit einer Festschrift seiner Burschenschaft Marko-Germania, in der gefordert werde, dass Österreich als "geschichtswidrige Fiktion" quasi abgeschafft werden solle. Hofer konterte, dass das Schriftstück mehr als 20 Jahre alt sei und "kein Teil der Grundsätze der Burschenschafter".
"Österreichische" statt Europäische Menschenrechtskonvention?
Empört zeigte sich Lunacek darüber, dass die Freiheitlichen in ihrem Wahlprogramm die Europäische Menschenrechtskonvention "evaluieren" und durch eine österreichische ersetzen wollten. Das würde auch einen Austritt aus der EU bedeuten, so Lunacek. Hofer erwiderte, dass "wir natürlich auch so etwas wie ein Recht der Menschen auf die eigene Heimat festschreiben müssen".
Stichwort Wahlrecht: Aus Hofers Sicht solle dieses ein Staatsbürgerschaftsrecht bleiben. "Sie sagen: Jeder, der in Österreich lebt, soll wählen dürfen. Jeder Asylwerber, jeder Ausländer." Lunacek wies das zurück, sagte aber, es wäre "sinnvoll", wenn "die, die schon lange da leben, auf Gemeinderatsebene auch mitwählen könnten".
Mehr direkte Demokratie als FPÖ-Koalitionsbedingung
Hofer sprach sich einmal mehr für die Weiterentwicklung direkt-demokratischer Modelle aus. Dass das funktionieren könne, habe die Schweiz gezeigt: "Da ist über Steuersenkungen abgestimmt worden und herausgekommen ist ein Nein." Mehr direkte Demokratie sei für die FPÖ eine Koalitionsbedingung: "Wir gehen in keine Regierung, wenn es diese direkt-demokratischen Entscheidungen nicht gibt." Lunacek nannte das umstrittene Freihandelsabkommen CETA als einen Fall für eine Volksbefragung.
Versöhnlich zeigten sich die Kontrahenten beim Klimaschutz. "Ich glaube, dass wir uns da in vielen Bereichen treffen", sagte Hofer. Bezüglich der Klimawandelleugner gestehe er ein, "dass es - nicht nur in meiner Partei - zwei Meinungen dazu gibt", jedoch sei es "unerheblich", welchen Anteil der Mensch an der globalen Erwärmung habe, denn die Maßnahmen zum Schutz des Klimas blieben dieselben. Lunacek verwies darauf, dass die FPÖ im Nationalrat und im Europaparlament gegen das Pariser Klimaabkommen gestimmt hat und dafür eintritt, dass Dieselmotoren bis 2050 erlaubt bleiben sollen. Die Grünen sprechen sich bekanntlich dafür aus, Diesel-Neuzulassungen bereits ab 2030 zu untersagen.
FPÖ zückte Hofer-"Joker"
Dass sich Hofer und nicht Strache dem Duell gestellt hatte, liegt daran, dass der ORF den Parteien freigestellt hatte, für eine der Live-Konfrontationen nicht den Spitzenkandidaten, sondern einen anderen Vertreter zu entsenden. Die FPÖ zückte diesen "Joker" bereits bei der ersten Gelegenheit.
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