Demenzkranke Menschen, die über Jahre auf sadistischste Art und Weise gequält wurden: Die erschütternden Protokolle des Pflegeskandals von Kirchstetten zeigen, wie wenig eigentlich hinter die Mauern von Pflegestationen geblickt werden kann. Und sie werfen die Frage auf, wie es eigentlich um die behördlichen Kontrollen der Pflegeeinrichtungen bestellt ist. Denn das betroffene Heim in Niederösterreich wurde sogar von einer externen Organisation zertifiziert.
Zwei Putzfrauen haben mitbekommen, was der (mittlerweile gekündigten) Führungsebene des Kirchstettner Pflegeheims angeblich nie aufgefallen war. Externe Prüfer sowie das Land Niederösterreich haben das Heim und insbesondere die betroffene Station für Demenzkranke in Augenschein genommen und zertifiziert, berichtet der "Falter". Und das, obwohl die Pfleger, welche im Fokus der Ermittlungen rund um den Pflegeskandal stehen, zum Teil jahrelang Patienten gequält haben sollen.
Mangelt es an Kontrolle in der Pflege?
Wurde bewusst weggesehen oder mangelt es tatsächlich an Kontrolle? Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) sieht durchaus Verbesserungsbedarf. Man müsse angesichts der Dimension des aktuellen Falles die Qualitätssicherung sicherstellen. Der Sozialminister, der hier klare Versäumnisse der niederösterreichischen Landeskontrollorgane sieht, schlägt dafür die Schaffung einer "Bundesagentur für Qualitätssicherung in Gesundheit und Pflege" vor, die künftig etwa die Qualifikation der Pfleger prüfen, aber auch ein Auge etwa auf die Transparenz von Wartezeiten oder Dokumentationen haben soll. Zum Thema der Qualitätssicherung habe er die Bundesländer Ende Juni zu einem Pflegegipfel gebeten.
"Vorwürfe machen mich sprachlos"
"Die Vorwürfe machen mich sprachlos und müssen alle Verantwortlichen zutiefst beschämen", so der Minister, der angesichts der Berichte über sexuellen Missbrauch, Demütigungen sowie körperlicher und psychischer Gewalt meinte, hier seien "sämtliche Grenzen der Geschmacklosigkeit" bei Weitem überschritten worden. "Die Verantwortlichen müssen und werden zur Rechenschaft gezogen werden."
Im Fall Kirchstetten dauern die Ermittlungen derweil an, wie die Staatsanwaltschaft St. Pölten mitteilte. "Zur weiteren Abklärung der Tatvorwürfe wurde auch ein gerichtsmedizinischer Sachverständiger damit beauftragt, die Heimbewohner zu begutachten und allfällige Gesundheitsschädigungen als Folgen der Taten festzustellen", so Sprecher Leopold Bien. Die fünf Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe.
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