Den Ausgang genommen hatte der Wirbel mit einer Einigung von Koalition und Grünen, wie das Parlament in die Entscheidungen des Rettungsschirms ESM einbezogen werden soll. Der entsprechende Antrag sollte dem Nationalrat mehr Mitbestimmungsrechte gewähren und ihm unter anderem ein Vetorecht über Finanzministerin Maria Fekter einräumen. Allerdings wurde der Antrag am Donnerstag sehr kurzfristig auf die Tagesordnung genommen und soll bereits in knapp einem Monat beschlossen werden.
Bucher: "Skandalöse Vorgehensweise"
BZÖ-Klubchef Josef Bucher ging das alles viel zu schnell. Er sah in der "übereilten Aktion" von SPÖ, ÖVP und Grünen eine "skandalöse Vorgehensweise", die nicht zu tolerieren sei - noch dazu, wo einzelne Punkte unter Geheimhaltung fallen sollen. Man sei überhaupt nicht in die Verhandlungen eingebunden gewesen. Es gehe um 40 Milliarden Euro, und solch ein Risiko werde in nur zwei Wochen ausverhandelt. Das BZÖ werde aber nicht locker lassen und die "aktive Stimme des Volkes" sein.
Die FPÖ blies ins selbe Horn: Heinz-Christian Strache sprach von einer "Nacht-und-Nebel-Aktion", einem "Durchpeitschen" der Materie bzw. einem "verfassungspolitischen Anschlag". Auch FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer erklärte, die Vorlage erwecke nur den "Anschein" von mehr Mitsprache, sei aber eigentlich eine "Rampe zum Durchwinken". Mit dem Beitritt zum ESM könne Österreich über seine Finanzen nicht mehr selbst bestimmen: "Sie wollen das Volk entrechten."
Koalition und Grüne: Noch genug Zeit zur Debatte
Die Koalition und die Grünen argumentierten dagegen, es sei genug Zeit zur Debatte bis zum Beschluss. Noch dazu gehe es um eine Materie, die eine Stärkung der parlamentarischen Mitsprache bringe. Grünen-Verhandler Alexander Van der Bellen etwa staunte über die Position von FPÖ und BZÖ: Auf die Rechte des Parlaments verzichten zu wollen, sei "echt stark". Dass manche Inhalte in einem geheimen Sonderausschuss beraten werden sollen, verteidigte der ehemalige Grünen-Chef. Es gebe tatsächlich Dinge, bei denen man bezüglich Zeitdruck und Vertraulichkeit Vorkehrungen treffen müsse.
BZÖ und Freiheitliche beeindruckte das nicht. Nachdem diverse Anträge, unter anderem auf Vorziehen der Materie in der Tagesordnung, abgelehnt worden waren, marschierten die beiden Fraktionen geschlossen aus dem Plenarsaal (siehe weitere Bilder). Am Abend schließlich ging die diesbezügliche Debatte dann recht unspektakulär zu Ende: SPÖ, ÖVP und Grüne verwiesen einmal mehr darauf, dass man noch genug Zeit zur Diskussion des Gesetzesvorschlags habe.
Androsch: "Lächerliche Heuchelei beim Volksbegehren"
Zuvor am Nachmittag, als sich die Wogen einigermaßen geglättet hatten und zumindest die Freiheitlichen wieder ins Parlament zurückgekehrt waren, debattierte man über das Bildungsvolksbegehren - mit dessen Entwicklung der Industrielle und Initiator Hannes Androsch alles andere als zufrieden ist. Es gibt nämlich nach wie vor keinen Gesetzesbeschluss.
"Wenn man in fünf Monaten nicht in der Lage ist, trotz Sonderausschuss und der Verankerung vieler Punkte im Regierungsprogramm etwas zur Beschlussfassung zu bringen, ist das enttäuschend", sagte Androsch. "Das ist kein Ruhmesblatt für die parlamentarische Demokratie und keine Empfehlung für mehr direkte Demokratie - da wird das Ganze zur lächerlichen Heuchelei."
Androsch hat auch der "Vorspann" zur Behandlung des Volksbegehrens bzw. die "Flucht" von BZÖ und FPÖ gestört. "Das hat der Behandlung des Volksbegehrens sicher geschadet." Dessen Initiatoren würden allerdings genau das tun, wozu man in der Debatte aufgefordert worden sei - nämlich am Thema dranzubleiben: "Das wird zu einem zentralen Thema des Nationalratswahlkampfs."
Graf weiterhin nicht abwählbar
Indes kann sich der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf von der FPÖ seines Präsidentensessels weiter sicher sein. Ein Antrag der Grünen, der die Abwahl von Nationalratspräsidenten per Zweidrittelmehrheit möglich gemacht hätte, fand keine Mehrheit. Lediglich die Antragsteller selbst - mehrheitlich in "Martin Graf muss gehen"-T-Shirts gehüllt - stimmten dafür, noch bis zum 3. Juli ein derartiges Bundesverfassungsgesetz zu schaffen, alle anderen Parteien lehnten den Vorschlag ab.
Die grüne Parteichefin Eva Glawischnig hatte eingangs betont, der Antrag sei ein "neuerlicher Versuch, den Weg freizumachen", nachdem die Grünen bereits 2009 mit eben diesem Ansinnen im Parlament gescheitert waren. Graf habe sich für sein Amt "absolut disqualifiziert". Vom Bundespräsidenten über den Kanzler und einzelne Minister bis hin zum Rechnungshofpräsidenten könnten sämtliche Amtsträger abgewählt werden - daher sei nicht einzusehen, dass dies beim Nationalratspräsidenten nicht möglich sei.
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