Keine Volksabstimmung

Nationalrat: Regierung kippte Gastro-Rauchverbot

Österreich
22.03.2018 16:43

In Österreichs Kaffeehäusern und Lokalen darf weiterhin gequalmt werden. Die türkis-blaue Bundesregierung stimmte am Donnerstag im Parlament geschlossen für die Rücknahme des ab 1. Mai geplanten Verbots, die erboste Opposition votierte dagegen. Einzig ein im Vorfeld kritischer ÖVP-Abgeordneter blieb der Abstimmung fern, beteiligte sich aber auch nicht an der Debatte. Die von der SPÖ beantragte Volksabstimmung über das Rauchverbot fand keine Mehrheit.

Außerdem wurde ein Verkaufsverbot für Zigaretten an Unter-18-Jährige beschlossen, das allerdings erst 2019 in Kraft tritt. Untersagt wird zudem Rauchen in Fahrzeugen, wenn Jugendliche bis 19 mit an Bord sind. Wer in so einem Fall erwischt wird, soll bis zu 100 Euro Strafe zahlen - im Wiederholungsfall bis 1000 Euro.

(Bild: stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

28 ÖVP-Mandatare stimmten 2015 noch für Rauchverbot
Jene 28 ÖVP-Abgeordneten, die das Rauchverbot 2015 gemeinsam mit der SPÖ beschlossen hatten, erklärten ihren Meinungsschwenk in der Debatte nicht - keiner dieser Mandatare meldete sich zu Wort. Der Arzt und ÖVP-Abgeordnete Josef Smolle, der sich ursprünglich gegen die Aufhebung des Rauchverbots ausgesprochen hatte, blieb sowohl der Debatte als auch der Abstimmung fern. Er hatte die Sitzung nach Angaben des ÖVP-Klubs bereits am Vormittag verlassen.

NEOS-Chef Strolz: „Sie entscheiden sich bewusst fürs Sterben“
Besonders tat sich ein schreiender NEOS-Chef Matthias Strolz hervor: „Sie handeln wider besseres Wissen und ohne Gewissen. Sie entscheiden sich bewusst fürs Sterben.“ Als Strolz Briefe von Betroffenen vorzulesen begann, wurden zahlreiche Zwischenrufe laut, was den NEOS-Chef zum Schreien motivierte: „Ich schäme mich für diesen Berufsstand.“

NEOS-Chef Matthias Strolz (Bild: APA/HANS PUNZ)
NEOS-Chef Matthias Strolz

Nehammer: „Nichtraucherschutz für Jugendliche wird gestärkt“
Auch ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer wurde gehörig laut: „Schleppen Sie nicht unschuldige Menschen, die todkrank sind, vor die Kulisse zur politischen Agitation“, schmetterte er in Richtung Strolz. Aus Sicht Nehammers wird in die falsche Richtung emotionalisiert. Das Wesentliche an den Beschlüssen sei, dass der Nichtraucherschutz für Jugendliche gestärkt werde.

Karl Nehammer, ÖVP (Bild: APA/Georg Hochmuth)
Karl Nehammer, ÖVP

Als Ablenkung tat dies die Liste Pilz ab. Deren Klubobmann Peter Kolba wurde nicht müde, der ÖVP vorzuwerfen, ihre Abgeordneten durch Klubzwang zu nötigen, für die „Initiative für mehr Lungenkrebs im Land“ zu stimmen. Der Nichtraucherschutz werde mit Füßen getreten. Die Zuhörer forderte Kolba auf, das zur Unterschrift vorliegende Volksbegehren für ein Rauchverbot in der Gastronomie zu unterfertigen.

Hartinger-Klein: „Dass Rauchen ungesund und eine Sucht ist, wissen wir“
Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) - ursprünglich ebenfalls nicht begeistert vom Aus für das Rauchverbot - erbat von der Opposition „Wertschätzung und Respekt gegenüber Andersdenkenden“ und für Raucher. „Dass Rauchen ungesund und eine Sucht ist, wissen wir“, so die Ministerin, aber: „Minderheiten auszugrenzen, Suchtkranke auszugrenzen, das verurteile ich.“

Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) (Bild: APA/HANS PUNZ)
Sozial- und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ)

Rendi-Wagner: „ÖVP-FPÖ verraten die Gesundheit unserer Kinder“
Auch Ex-Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) sparte nicht mit Emotionen, warf sie FPÖ und ÖVP doch vor, das politische Vermächtnis der früheren (mittlerweile verstorbenen) Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) und die „Gesundheit unserer Kinder zu verraten“. Gezeigt werde von der Regierung dagegen eine Ignoranz, die ihresgleichen suche, nicht nur gegenüber allen Experten sondern auch gegenüber jener mehr als einer halben Million Österreicher, die das Anti-Raucher-Volksbegehren unterschrieben haben.

Pamela Rendi-Wagner (Bild: APA/HANS PUNZ)
Pamela Rendi-Wagner

Der freiheitliche Abgeordnete Peter Wurm wollte die Debatte „versachlichen“. Er wies darauf hin, dass ohnehin 90 Prozent aller Restaurants und 75 Prozent aller Cafés und Gasthäuser rauchfrei seien. Dieser Trend werde sich weiter fortsetzen.

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