Österreich steht plötzlich nur noch mit der halben Regierung da, die Ereignisse in der Regierungskrise überschlagen sich. Die „Krone“ gibt in Zeiten, in denen politisch kaum ein Stein auf dem anderen bleibt, einen Überblick: So geht es mit dem Kanzler und den blauen Ressorts bis September weiter.
Die blauen Minister räumen aus Solidarität mit Herbert Kickl das Feld. Was bedeutet das?
Der Plan von Kanzler Sebastian Kurz sieht vor, dass die blauen Ministerien von Experten besetzt werden. Bis zur Wahl im September regiert die ÖVP also alleine - allerdings ohne Mehrheit im Nationalrat. Lediglich Außenministerin Karin Kneissl - parteilos, aber mit einem FPÖ-Ticket im Amt - behält ihr Ministerium bis zur Wahl im September. Heinz-Christian Strache (Vizekanzler, Sport, Beamte), Herbert Kickl (Inneres), Norbert Hofer (Infrastruktur, Verkehr), Beate Hartinger-Klein (Gesundheit, Soziales, Familie), Mario Kunasek (Verteidigung) und Hubert Fuchs (Staatssekretär Finanzen) räumen ihre Plätze.
Was sind das für Leute, die die Ressorts weiterführen?
Die genauen Namen will der Kanzler noch am Dienstag präsentieren, schon am Mittwoch sollen sie als „Übergangsminister“ angelobt werden. Grundsätzlich vorgesehen wäre, dass die dienstältesten Spitzenbeamten die Jobs übernehmen - theoretisch könnte jetzt jeder Wahlberechtigte zum Minister gemacht werden.
Was kann diese Übergangsregierung alleine tun?
Größere Reformen sind ohne Mehrheit im Nationalrat freilich nicht von der ÖVP alleine durchzusetzen - wohl aber hätte man bei Verordnungen freie Hand. Doch weil im Ministerrat das Einstimmigkeitsprinzip herrscht, würde die Stimme eines einzigen Beamten reichen, um einzelne ÖVP-Pläne zu stoppen.
Welche Rolle spielt die Opposition bei alldem?
Eine wesentliche. Denn mangels Mehrheit im Nationalrat ist Kurz Misstrauensanträgen de facto völlig ausgeliefert - und ein solcher wird in der nächsten Sitzung am kommenden Montag auch gegen ihn eingebracht. Die FPÖ deutete eine Zustimmung an; die SPÖ hadert noch mit sich, ob sie die ÖVP-Allein-Übergangsregierung „dulden“ wird.
Was passiert, wenn Kurz tatsächlich vom Nationalrat abgewählt wird?
Eine Art Staatskrise wäre die Folge, Österreich stünde nämlich auf einmal ohne Regierungschef da. Weil es aber unwahrscheinlich ist, dass sich Kurz zurückzieht, würde er es wohl anstreben, erneut zum Kanzler ernannt zu werden. Bei der nächsten Nationalratssitzung könnten ihn SPÖ und FPÖ dann wieder abwählen - und so weiter und so fort.
Wie könnte die SPÖ doch noch überredet werden?
Der Kanzler hätte sich theoretisch mit den Roten zusammensetzen und gemeinsam auf Experten, die die blauen Minister ersetzen, einigen können - das geschah aber nicht. Also müsste er wohl auch SPÖ-nahe Experten vorschlagen, gegen die die Roten folglich wenig Einwände haben könnten, um deren Segen zu bekommen. Die Lage ist jedenfalls verfahren.
Droht uns jetzt ein Wahlzuckerl-Basar?
Davon ist wohl auszugehen, denn mit fliegenden Mehrheiten kann es zu einer echten Wahlkampfschlacht im Hohen Haus kommen.
Kronen Zeitung
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