„Vielen, vielen Dank“ - Sebastian Kurz konnte der Freunde über das Traumergebnis seiner ÖVP bei der EU-Wahl kaum Ausdruck verleihen. „Ich bin sprachlos, so was hat es noch nie gegeben. Wir haben das historisch stärkste Wahlergebnis, das jemals bei einer EU-Wahl erzielt wurde“, sagte der Bundeskanzler vor seiner Anhängerschaft in der Wiener Parteizentrale sichtlich bewegt. Die 34,5 Prozent bedeuteten das beste Ergebnis einer österreichischen Partei bei einem europäischen Urnengang. Dennoch bleiben die Wahlverlierer SPÖ und FPÖ bei ihrem Vorhaben, Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag im Nationalrat abzuwählen.
Immer wieder erschallten in der ÖVP-Zentrale „Kanzler Kurz“-Sprechchöre (siehe auch Video unten). Der Parteichef vergaß nach den turbulenten letzten Tagen nicht, sich bei seinem Team zu bedanken. „Ein großes Dankeschön für eure Unterstützung, die ich erleben durfte.“
„Starke Stimme für die Kraft der Mitte“
Das fulminante Ergebnis sei ein „starkes Zeichen für die Europäische Union“. Dass die ÖVP sieben Mandate ins Parlament entsende, sei eine „starke Stimme für die Kraft der Mitte“. Spitzenkandidat Othmar Karas und Listenzweite Karoline Edtstadler hätten Großartiges geleistet.
Fotos von der ÖVP-Wahlparty:
Schieder: „Kurz ist an sich selbst gescheitert“
Ein völlig anderes Bild gab es dagegen im Festzelt in der SPÖ-Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße. Die SPÖ sei für Platz eins „noch nicht so weit“, man werde daran aber weiterarbeiten, so Spitzenkandidat Andreas Schieder. Wichtig sei, „dass wir nicht taktieren, sondern einfach unserem Herzen folgen“, meinte er bezüglich der Haltung zur ÖVP.
Dass der EU-Wahlkampf in der letzten Wochen ausschließlich innenpolitisch überschattet gewesen sei, schrieb er nicht nur der FPÖ, sondern auch dem Bundeskanzler zu. Der „lupenreine Egoist“ Sebastian Kurz sei „gescheitert an sich selbst, und das wird die Antwort auch am Montag sein“. Es sei „Zeit für einen politischen Neuanfang“, meinte er, ohne die kommende Misstrauensabstimmung im Nationalrat explizit zu erwähnen.
Rendi-Wagner: „Kurz freut sich vielleicht heute Abend ...“
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nutzte ihren Auftritt gleich zur Mobilisierung für die bevorstehende Nationalratswahl. Als ihren Gegner identifizierte sie dabei Kurz. „Dieses Land darf nicht Spielball einer einzigen Person werden“, rief sie ihren Unterstützern zu. Kurz freue sich vielleicht heute Abend, so Rendi-Wagner, doch zwei Drittel der Österreicher hätten ihn nicht gewählt. „Das sind die Österreicher, mit denen wir in den nächsten Monaten in die Wahlauseinandersetzung gehen“, sagte Rendi-Wagner.
Vilimskys Kampfansage an Kurz: „Er verdient kein Vertrauen“
Die FPÖ zeigte sich nach nur leichten Verlusten bei der Wahl nach der Ibiza-Affäre mehr als zufrieden. „Das zeigt, wie hoch unser Stammwählerpotenzial ist“, sagte Spitzenkandidat und Generalsekretär Harald Vilimsky. Er sah in einer ersten Reaktion keinen Grund, das Misstrauensvotum gegen Kanzler Kurz wegen des sehr starken ÖVP-Ergebnisses abzusagen. Das werde im Parlamentsklub am Montag besprochen, Kurz habe aber schon zwei Regierung gesprengt. „Er steht nicht für Stabilität und wenn Sie mich fragen, verdient er kein Vertrauen.“
Für Vilimsky ist die FPÖ „stabil geblieben, wir haben die Mandate gehalten“. „Jetzt beginnt die größte Wählerrückholaktion“. Die Ibiza-Affäre habe „Schaden verursache, keine Frage, aber wir holen uns ungeachtet dessen die Wähler zurück“.
Kogler: „Zurück zu den Grünen!“
Lautstark gefeiert wurde das grüne Spitzen-Duo Werner Kogler und Sarah Wiener bei ihrem Eintreffen bei der grünen Wahlparty im Metropol. „Wir werden auf diesem Weg weiterarbeiten: Zurück zu den Grünen!“, wiederholte Kogler sein Wahlkampfmotto unter großem Jubel über das zweistellige Ergebnis. Die Grünen seien „immer stärker auch eine Bewegung, und nicht nur eine Partei“.
„Hinfallen, aufstehen, weitermarschieren“ gab Kogler auch mit Blick auf den Herbst und die anstehende Nationalratswahl als Parole aus: „Es geht darum, in diesem Land neue Mehrheiten möglich zu machen.“ Nämlich „jenseits von korruptionsanfälligen Rasselbanden“, so Kogler. Listenzweite Sarah Wiener sprach von einer „steilen Lernkurve“ der vergangenen Wochen und sieht „erst den Anfang von etwas sehr, sehr Gutem“. Politik müsse transparenter sein, anders kommunizieren und „näher an uns alle rücken, damit wir wirklich etwas bewegen".
NEOS: „Großartiges Ergebnis“
Erfreut zeigten sich auch die NEOS - allen voran die Spitzenkandidatin Claudia Gamon. „Ich glaube, das ist ein großartiges Ergebnis, wenn wir so liegen wie beim letzten Mal“, sagte der stellvertretende Klubobmann Niki Scherak.
Wenn man die letzte Nationalratswahl als Referenz nehme, handle es sich sogar um einen Zuwachs um etwa drei Prozentpunkte. Dass sich das zweite Mandat laut der ersten Trendprognose nicht ausgehen dürfte, sei natürlich schade. „Man wünscht sich immer mehr Mandate“, sagte er, acht Prozent seien aber ein sehr gutes Ergebnis.
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