Nach diesem turbulenten, historischen Tag mit der Abwahl von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinem Kabinett hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montagabend angekündigt, am Dienstagvormittag die Regierung zu entlassen und den ebenfalls am Nachmittag abgesetzten Vizekanzler und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) als Übergangskanzler einzusetzen. Löger wird allerdings nur so lange die Geschäfte führen, bis ein neuer Kanzler gefunden ist, der dann die Regierung bis zur Neuwahl im Herbst führt. Van der Bellen hofft, bis Freitag die Suche nach der neuen Übergangsregierung abgeschlossen zu haben. Längstens soll es aber nicht mehr als eine Woche dauern. Ex-Nationalratspräsident Andreas Kohl sprach in der „ZiB 2“ in diesem Zusammenhang von einer „Drei-Bundeskanzler-Woche“.
Bundespräsident Van der Bellen ist es, der nach dem Sturz von Kurz und dessen Kabinett eine neue Regierung finden muss. Das Staatsoberhaupt hatte noch am Montagabend die Klubobleute aller Parteien zu sich in die Hofburg geladen. Diese berichteten danach von guten Gesprächen, hielten sich aber weitgehend bedeckt. Lediglich, dass Van der Bellen ihnen schon Namen für die kommende Übergangsregierung genannt hat, wurde verkündet, ansonsten aber auf den Präsidenten verwiesen.
„Hoffe, dass es nicht länger als eine Woche dauert“
Van der Bellen sagte in seinem Statement, er hoffe, bis Ende der Woche alle Entscheidungen getroffen haben zu können. „Das ist meine Absicht. Ob es gelingt, bis zum Freitag diese Einigung zu finden, kann ich nicht sagen, aber ich hoffe, dass es nicht länger als eine Woche dauert.“ Allfällige Namen für die geplante Experten-Regierung nannte er noch keine. Er appelliere an alle Parteien im Nationalrat, sich an der Diskussion zu beteiligen: „Es braucht einen gewissen Konsens“, damit es nicht wieder zu einem Misstrauensvotum im Nationalrat komme.
Video: SPÖ, FPÖ und JETZT stürzten die Regierung Kurz
Minister sollen interimistisch Geschäfte fortführen
Die Enthebung der Regierung Kurz wird am Dienstagvormittag - gegen 11.30 Uhr - erfolgen, danach wird Van der Bellen die Minister um die interimistische Fortführung der Geschäfte bitten und Löger mit der Führung der Kanzler-Agenden betrauen - für eine kurze Übergangsfrist. „Das ist zwar kein alltäglicher, aber doch ein ganz normaler demokratischer Vorgang“, so der Präsident. „Das ist eine Art Provisorium, bis wir eine Lösung für die Übergangsregierung gefunden haben.“
Mit Kurz vereinbart, dass Alt-Kanzler nicht zur Verfügung steht
Mit dem Zeitplan ist auch eine Teilnahme Lögers am informellen Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel am Dienstagabend möglich. Dem will Löger nachkommen. Dass Kurz, der nach seiner Abwahl im Parlament bereits in den Wahlkampfmodus geschaltet hat, nicht mehr für eine interimistische Fortführung der Kanzler-Agenden zur Verfügung steht, war dem Vernehmen nach zwischen dem Präsidenten und dem künftigen Ex-Kanzler akkordiert.
In Brüssel geht es um die Top-Jobs - Löger vertritt Österreich
Zwei Tage nach der EU-Wahl kommen in Brüssel die EU-Staats- und Regierungschefs am Dienstag zu ersten Beratungen über EU-Top-Posten zusammen. Zu dem informellen Abendessen hat EU-Ratspräsident Donald Tusk eingeladen. Nach Angaben von Diplomaten ist aber noch keine Entscheidung zu erwarten. Die Ernennungen stehen beim nächsten regulären EU-Gipfel Mitte Juni wieder auf der Tagesordnung.
Immerhin, der wohlerzogene Finanzexperte wird beim EU-Sondergipfel in Brüssel vermutlich ein ordentliches Bild abgeben. In seiner bisherigen Polit-Karriere fiel der Steirer durch gute Manieren, schnörkellose Rhetorik und solides Zahlenwerk auf.
„Keine Angelegenheit, die man leichtfertig und überhastet treffen darf“
Die Republik steht jetzt übrigens nicht am Abgrund. Jeder Schritt ist in der Verfassung verankert, deren „Eleganz, ja Schönheit“ Van der Bellen erst vor wenigen Tagen gespriesen hat. „Der Staat, die Republik Österreich muss immer funktionieren, insbesondere müssen immer alle Ministerien mit Ministern besetzt sein, um die volle Handlungsfähigkeit der Republik sicherzustellen.“ Die Bestellung einer neuen Bundesregierung sei „keine Angelegenheit, die man leichtfertig und überhastet angehen darf“.
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