Seit mehr als einem Vierteljahrhundert wird um eine rauchfreie Gastronomie in Österreich gerungen. Am Dienstag hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Antrag der Wiener Landesregierung zum Tabak- und Nichtraucherschutzgesetz in der seit 1. Mai geltenden Fassung abgewiesen. Der VfGH sieht den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Raucherlaubnis in der Gastronomie nicht überschritten. Kommen dürfte das Verbot aber trotzdem, denn die ÖVP hatte nach dem Ende von Türkis-Blau zuletzt angekündigt, eine entsprechende Initiative im Parlament zu unterstützen. Am Dienstagabend hieß es seitens der Volkspartei, das Rauchverbot in der Gastronomie solle mit 1. November 2019 schlagend werden.
In Bezug auf den Arbeitnehmerschutz hielt der VfGH am Dienstag fest, „dass die Rechtsordnung in vielfachem Zusammenhang menschliche Verhaltensweisen akzeptiert, die auf die eine oder andere Weise (auch erhebliche) negative Auswirkungen für andere Menschen oder die Allgemeinheit haben können, weil der Gesetzgeber den Freiheitsgewinn höher bewertet als die nachteiligen Folgen“. Im demokratischen Rechtsstaat sei es die Aufgabe des Gesetzgebers, hier die Freiheit der einen mit der Schutzbedürftigkeit der anderen und mit den öffentlichen Interessen in Einklang zu bringen, heißt es in dem Entscheid.
ÖVP will Antrag auf Rauchverbot zustimmen
Man darf gespannt sein, wie die Volkspartei nun auf die Entscheidung des VfGH reagiert. Vor knapp zwei Wochen hieß es, man werde für den Nichtraucherschutz in der Gastronomie stimmen, sofern nicht ohnehin der Verfassungsgerichtshof für ein Rauchverbot in Lokalen sorgt. „Sollte das Rauchverbot nicht mit der kommenden Session des Verfassungsgerichtshofes kommen, wird die ÖVP einem Antrag dafür im Parlament zustimmen“, sagt Klubobmann August Wöginger am 6. Juni zur „Krone“. Darauf habe er sich mit ÖVP-Chef und Ex-Kanzler Sebastian Kurz geeinigt.
Nach dem Bruch der Koalition mit der FPÖ hat die ÖVP nun de facto kein Argument mehr, weiterhin gegen ein Rauchverbot zu stimmen. Schließlich verwiesen die Türkisen bei der 2018 erfolgten und heftigst umstrittenen Aufhebung des eigentlich geplanten Qualm-Banns stets darauf, dies nur aus Koalitionsräson getan zu haben. Das Rauchverbot in der Gastronomie komme, und zwar per 1. November 2019, hieß es nun nach dem VfGH-Urteil im türkisen Klub. Die Volkspartei bleibe „natürlich“ bei ihrer kürzlich gefundenen Linie, eine entsprechende Initiative im Parlament zu unterstützen.
NEOS: „Entscheidung liegt bei der Politik“
„Wie der VfGH klarmacht, obliegt es dem Gesetzgeber, ‚die Freiheit der einen mit der Schutzbedürftigkeit der anderen und mit den öffentlichen Interessen in Einklang zu bringen‘. Genau deshalb muss der Nationalrat aktiv werden und das Verbot beschließen, auch im Sinne der über 900.000 Menschen, die das ‚Don’t Smoke‘-Volksbegehren dafür unterschrieben haben“, erklärte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker in einer ersten Reaktion auf die VfGH-Entscheidung.
Er fordert von der ÖVP nun Pakttreue in der Causa: „Klubobmann Wöginger hat offiziell und per Aussendung angekündigt, dass die Volkspartei einem Antrag auf ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie zustimmen wird, sollte der Verfassungsgerichtshof das bestehende Gesetz nicht kippen. Ich erwarte mir, dass er und die ÖVP dazu stehen und am 2. Juli im Plenum im Sinne der Gesundheit und der Prävention abstimmen.“
Verbot soll noch im Juli beschlossen werden
SPÖ, NEOS und JETZT hatten sich schon in der Vergangenheit für das Verbot eingesetzt, die ÖVP war erst nach dem Aus der türkis-blauen Koalition darauf eingeschwenkt. Es sei schon alles ausverhandelt, wurde im ÖVP-Klub erklärt, beschlossen werde das Verbot daher schon in der Juli-Plenarwoche des Nationalrats.
Ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie wäre eigentlich bereits am 1. Mai 2018 in Kraft getreten, ein entsprechendes Gesetz wurde damals von der ÖVP-FPÖ-Regierung auf Druck der Freiheitlichen gekippt. Die Freiheitliche Partei ist die einzige Parlamentsfraktion, die sich gegen das Rauchverbot in Lokalen ausspricht. Entsprechend kommentierte der designierte Wiener FPÖ-Obmann Dominik Nepp das VfGH-Erkenntnis als „Sieg der Vernunft“ und als „Gewinn für alle Wiener Gastronomen“. Die Abgeordneten und „allen voran die Kurz-ÖVP“ sollten sich in den kommenden Abstimmungen daran orientieren, erklärte er.
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