Reform für ÖVP „Farce“

Parteienfinanzierung: SPÖ, FPÖ und JETZT einig

Österreich
30.06.2019 15:57

Nach der Offenlegung aller Parteispenden der ÖVP ist eine neue Debatte über eine Reform der Parteienfinanzierung losgetreten worden. Nun kommt Bewegung in die Sache, denn es dürfte im Nationalrat tatsächlich eine Mehrheit für eine Änderung des Parteiengesetzes geben. Wie am Sonntag bekannt wurde, haben sich FPÖ, SPÖ und JETZT auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt. Für die ÖVP ist dieser eine „Farce“: Der Entwurf sehe weder eine Verringerung der Parteienförderung noch ein Aus für „Umgehungsvereine“ vor, kritisierte Generalsekretär Karl Nehammer. Die „rot-blaue Allianz der Intransparenz“ sei durch den „Erfüllungsgehilfen Peter Pilz“ vervollständigt worden.

Der gemeinsame Antrag sieht unter anderem Folgendes vor: Zum einen werden Einzelspenden von über 7500 Euro pro Jahr untersagt, zum anderen darf keine Partei pro Kalenderjahr mehr als 750.000 Euro an Spenden insgesamt lukrieren. Spenden über 2500 Euro pro Kalenderjahr sind dem Rechnungshof unverzüglich zu melden. Dieser muss den Spender und die Höhe ebenfalls sofort veröffentlichen. Auf Überschreitungen der Wahlkampfkostenobergrenze stehen massive Strafen, die bis zu 150 Prozent der illegal erhaltenen Summe betragen können.

(Bild: ©Lena Balk - stock.adobe.com)

Ebenfalls abgestellt werden soll der Missbrauch durch sogenannte Personenkomitees. Diese müssen sich künftig beim Unabhängigen Parteientransparenzsenat registrieren lassen, ihre Aufwendungen werden in die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro eingerechnet. In dem Senat soll auch ein Monitoringsystem eingerichtet werden, das die Wahlkampfkosten einer Partei nach Plausibilitätskriterien beurteilt.

Keine ausländischen Spenden mehr erlaubt
Der Parteibegriff wird dahingehend präzisiert, dass nicht nur regionale Unterorganisationen wie Landesgruppen darunter subsumierbar sind, sondern auch überregionale Teilorganisationen. Ausländische Spenden wird es in Hinkunft gar nicht mehr geben dürfen, Barspenden und anonyme Spenden nur mehr im Ausmaß von 500 Euro.

Nicht nur das Parteiengesetz wird geändert, sondern auch die Klubförderung - in diesem Fall aber nur mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ. So wird die Summe der Fördermittel um bis zu drei Prozent erhöht, wenn der Anteil der Frauen in einer Fraktion über 40 Prozent liegt. Dies entspricht nicht dem Wunsch der ÖVP, die sich Sanktionen für Klubs gewünscht hatte, die diesen Anteil nicht zustande bringen.

Video: Im Wahljahr 2017 flossen mehr Spenden an die ÖVP, als bisher bekannt war

Wen die neuen Regeln am härtesten treffen
Die Einigung kommt gerade rechtzeitig, den damit kann die Reform noch im Juli beschlossen werden und damit ihre Wirkung bereits bei der Nationalratswahl im Herbst entfalten. Treffen dürften die neuen Regeln insbesondere jene Parteien, die diesen nicht zugestimmt haben, also ÖVP und NEOS. Denn diese haben in den vergangenen Jahren die meisten Großspenden erhalten. Keine Obergrenzen gibt es auch künftig allerdings für Sponsorings und für Inserate in Parteizeitungen.

Verärgerte ÖVP ortet „Tricksereien“
Die ÖVP beklagte, dass sich die drei Parteien „gegenseitig dabei helfen, weiterhin Gelder und Wahlkampfausgaben in Vereinen zu verstecken“. Generalsekretär Nehammer bedauerte auch, dass es in Zukunft kein Wahlkampfkosten-Monitoring durch den Rechnungshof geben wird. „Die SPÖ will offenbar weiterhin mit Tricksereien über Vereinskonstruktionen ihre Wahlkampfkosten niedrig halten“, lautete sein Verdacht.

ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer (Bild: APA/HANS PUNZ)
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer

Rechnungshof: „Noch keine grundlegende Reform“
Auch der Rechnungshof übte Kritik. „Eine grundlegende Reform ist das noch nicht“, schrieb ein Sprecher auf Twitter. Echte Kontrolle könne es nur mit dem Rechnungshof selbst geben. Präsidentin Margit Kraker werde daher weiter für eine grundlegende Änderung des Systems eintreten.

SPÖ: „Großspender-Einfluss auf Politik damit ausgeschlossen“
SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried sieht hingegen eine „ausgezeichnete Grundlage für eine saubere Parteienfinanzierung“. Und: „Ich lade alle anderen Parteien, die an sauberer, nicht gekaufter Politik interessiert sind, ein, sich diesem Vorschlag anzuschließen.“ Dadurch werde ausgeschlossen, „dass Großspender mit Millionenbeträgen Einfluss auf die Politik nehmen können“.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Klubobmann Jörg Leichtfried (Bild: APA/Roland Schlager)
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Klubobmann Jörg Leichtfried

FPÖ: „Kulturwende im politischen System“
Für FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer kommt es mit dem vorliegenden Entwurf zu einer „Kulturwende im politischen System Österreichs“. Mit dem Beschluss werde sichergestellt, dass Spenden zwar weiterhin möglich sind, aber sich niemand durch Großspenden Einfluss in einer Partei erkaufen kann: „Hinkünftig wird es vermögenden Personen und Unternehmen nicht mehr möglich sein, politische Parteien anzufüttern oder gar zu kaufen.“

FPÖ-Obmann Norbert Hofer (Bild: APA/Roland Schlager)
FPÖ-Obmann Norbert Hofer

JETZT sieht einen „wichtigen Schritt“
Wolfgang Zinggl, Klubchef von JETZT, bedauerte zwar, dass es nicht möglich gewesen sei, die von ihm geforderten Einsichtsrechte des Rechnungshofs durchzusetzen, ungeachtet dessen sei der Gesetzesentwurf aber ein „wichtiger Schritt“. Jede Partei werde sich nun ordentlich überlegen, die Wahlkampfkosten zu überschreiten, sprach er die schärferen Sanktionsmöglichkeiten dahingehend an.

Wolfgang Zinggl (Bild: APA/HERBERT P. OCZERET)
Wolfgang Zinggl

„Anschubfinanzierung“ für neue Parteien
Übrigens: Für neue Parteien, die noch nicht in den Genuss der Parteienförderung gekommen sind, wird es Erleichterungen bei den Obergrenzen geben. Für diese gilt im ersten Jahr ihres Antretens nicht die jährliche Obergrenze von 750.000 Euro, sondern das Doppelte. Die Obergrenze für Einzelspenden darf von neuen Listen um das Fünffache überschritten werden. Eine solche „Anschubfinanzierung“ hatte JETZT gefordert.

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