Die Gefahr wird trotz wiederkehrender Warnungen immer noch unterschätzt: Bei heißen Sommertagen wie diesen können Fahrzeuge rasend schnell zu tödlichen Hitzefallen für Kinder und Tiere werden. Zuletzt schockierte der Fall eines Zweijährigen in der Steiermark. In seiner Heimatgemeinde herrscht Fassungslosigkeit und Trauer.
Bereits in den Morgenstunden schrillten am Donnerstag bei der Feuerwehr Steyregg in Oberösterreich die Alarmsirenen. Eine Mutter hatte ihr eineinhalbjähriges Mäderl schon ins Auto gesetzt, musste aber noch ein paar Sachen einräumen. Der Schlüssel befand sich bereits im Fahrzeug, als die Heckklappe zufiel. Das Auto hatte automatisch verriegelt, das Kind war gefangen. Obwohl es noch früh war, heizte sich das Innere des Wagens in der prallen Sonne rasch auf, das verängstigte Mädchen begann zu schreien. Rasch rückten die Einsatzkräfte an, schlugen die Seitenscheibe des VW ein und befreiten das Kind. Der Vorfall endete zum Glück glimpflich.
Wie schnell das Pendel in die andere Richtung ausschlagen kann, zeigt der tragische Fall eines Buben in der Steiermark. Wie berichtet, war der Zweijährige (zunächst war von einem Dreijährigen die Rede), unbemerkt ins Auto seiner Eltern geklettert und eingeschlafen – er starb an den Folgen einer Dehydrierung (siehe unten).
„Gefahr wird unterschätzt“
Dass geschlossene Fahrzeuge innerhalb von Minuten zur Todesfalle werden können, sollte mittlerweile zwar bekannt sein, „die Gefahr wird aber nach wie vor unterschätzt“, so Gerhard Samek vom ÖAMTC. Bei den aktuellen Temperaturen um die 36 Grad heizt sich das Innere des Fahrzeugs binnen einer halben Stunde auf 50 Grad auf – für Kleinkinder, die sich noch nicht selbst befreien können, sowie Tiere eine mitunter tödliche Falle. Übrigens: Die Fenster einen Spalt offen zu lassen, bringt wenig bis nichts.
Die Hitze ist doppelt gefährlich: Nicht nur, dass sie Autos aufheizt, wirkt sie sich negativ auf die Konzentration aus. Und dann kann man auch einmal etwas im Auto vergessen - manchmal mit fatalen Folgen ...
„Wir stehen unter Schock“
Die Sonne knallt Donnerstagmittag vom Himmel, mächtig thront wie seit Jahrhunderten die Riegersburg über die gleichnamige Gemeinde. Es wirkt wie Idylle pur. Doch für eine Familie im Ort ist nichts mehr so wie vor wenigen Tagen. „Die Betroffenheit ist sehr groß. Wir stehen unter Schock“, ringt Bürgermeister Manfred Reisenhofer um Worte.
Die Familie besitzt einen großen Hof, die jungen Eltern bauen einen Direktvertrieb auf. Am Montag legte sich ihr kleines Kind, ein erst zweijähriger Bub, unbemerkt von allen Erwachsenen ins Auto und schlief ein. Als er schließlich gefunden wurde, war er bereits dehydriert, am Mittwoch verloren die Ärzte im Grazer Krankenhaus den Kampf um sein Leben. Auch wenn der Fall bei der Staatsanwaltschaft angezeigt wird, im Ort sind - im Gegensatz zu in den sozialen Medien - keine Vorwürfe gegen die Familie zu hören. „Gestraft ist sie bereits genug“, so der Tenor.
„Es genügen oft schon 15 Minuten“
Eindringlich warnt die Kinderärztin Dr. Christine Saahs aus Krems in Niederösterreich vor tödlichen Gefahren, denen Kinder bei Hitze ausgesetzt sind.
„Krone“: Warum sind denn Kinder besonders gefährdet?
Christine Saahs: Unsere lieben Kleinen haben noch deutlich weniger Schweißdrüsen als wir Erwachsene und können daher auch noch nicht richtig schwitzen.
Die dramatischen Folgen?
Es kommt schneller zu einer lebensbedrohlichen Überhitzung. Denn der junge Organismus schafft es nicht den Wärmehaushalt zu regulieren. Das kann zum tödlichen Multiorganversagen führen.
Und das sehr sehr rasch.
Ab einer Temperatur von 46°C in einem geschlossenen Raum - auch wenn die Fenster offen sind - wird es für Kinder und Tiere lebensgefährlich. Und das schon nach nur 15 Minuten.
Können auch Kinderwägen zur Todesfalle werden?
Wenn der Luftaustausch eingeschränkt ist, kann das tödlich sein. Babys haben noch kaum Fähigkeiten ihren Wärmehaushalt zu regulieren und auch wenig Flüssigkeitsreserven. Bei Kindern besteht aus diesem Grund bei Bewegung im Freien schon wenn es über 28 Grad heiß wird Hitzschlaggefahr.
Oliver Papacek, Mark Perry, Jakob Traby und Christoph Gantner, Kronen Zeitung
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