Kaum jemand kennt Land, Leute, ihre Musik und Bräuche besser als er: Sepp Forcher, jahrzehntelang Moderator von „Klingendes Österreich“. Der 89-jährige Salzburger freut sich darüber, dass man heute wieder gerne Dirndl und Lederhose trägt - unter anderem auch beim Aufsteirern, das die „Krone“ auch heuer wieder präsentiert.
Jahrelang war die Volksmusik im Jugendjargon „out“ oder „uncool“. Heute ziehen sich auch die Jungen das Trachtenhemd an und gehen zum Aufsteirern. Woran liegt das, Herr Forcher?
Das liegt am allgemeinen Irrtum, dass Volkskultur etwas Veraltetes ist. Dabei ist der Vater von Volkskultur neuerer Art Erzherzog Johann. Speziell, wenn es um das Aufsteirern geht, haben die Steirer so etwas wie ein Nationalgefühl, ein Ehrgefühl. Denn das Aufsteirern ist etwas Großartiges, da tut man gerne mit. Ich vergleiche das mit meiner Sendung: Manche Leute sagen mir, meine Sendung gefällt ihnen, obwohl sie mit der Volksmusik nichts anfangen können. Dabei ist die Volksmusik eine der ältesten Ausdrucksformen schöner Musik. Nach dem Krieg waren Worte wie „Heimat“ oder „Brauchtum“ verpönt, negativ konnotiert. Heute tragen viele Menschen mit Stolz Ausseer Dirndl und Altsteirer-Anzüge, sind Mitglieder in Brauchtumsvereinen.
Wie erklären Sie sich diese Trendwende?
Leider ist es so, dass jedes totalitäre Regime den Begriff der Heimat für sich vereinnahmt, weil es um ein ganz wichtiges Gefühl im Volkskörper geht: das Heimatgefühl. Ob es im Kommunismus, im Bolschewismus oder im Faschismus war, in allen totalitären Regimen wird es instrumentalisiert und für sich in Anspruch genommen. Und wenn man die Bagage endlich los ist, sagt man halt: Das war braun, das war kommunistisch usw. Bis man das überwunden hat, dauert es mindestens eine Generation, bis die alten Werte wieder zu Tage treten. Wobei niemand etwas für diesen Missbrauch von Heimat und Brauchtum kann.
Ist das auch eine Folge unserer globalisierten Welt, dass man sich wieder aufs Heimatliche, aufs Regionale rückbesinnt?
Das ist eine Frage der Vernunft. Wenn man an die Weltkonzerne denkt und an die neuen Milliardäre jeden Tag, während daneben Tausende verhungern, dann frage ich mich schon: Was ist denn das für eine Welt? Da muss man doch froh sein, dass man Österreicher ist, dass man Steirer ist. Und dass man geordnete Verhältnisse hat, eine wunderbare Natur herum, und wenn man Glück hat, auch noch gute Nachbarn. Also was will man mehr?
In der Steiermark ist die Volkskultur traditionell tief verwurzelt, wie sich jedes Jahr beim Aufsteirern zeigt. Was ist denn für Sie der berühmte „Steirische Brauch“, den es anderswo vielleicht nicht gibt?
Für mich ist die Steiermark Erzherzog Johann, Peter Rosegger, Paula Grogger. Das sind große Namen, die immer auf der Seite einer vernünftigen, schönen Volkskultur waren. Warum? Weil sie gewusst haben, dass sie das Rückgrat der Kultur ist. Wenn man ein gutes Rückgrat hat, kann man aufrechten Ganges durchs Leben gehen.
Zum Aufsteirern gehört auch gutes Essen und Trinken, für das die Steiermark berühmt ist. Was schmeckt Ihnen bei uns am besten?
Backhendl, Käferbohnen mit Kernöl, Steirerkas und ein guter Wein dazu - da habe ich alles für mein steirisches Menü!
Sie sind für Ihre Sendung Dutzende Male durch die Steiermark gewandert. Wo waren sie besonders gern?
Das ist eine Frage, die mir oft gestellt wird, und dann sage ich: Besonders gerne bin ich in Österreich. Daheim bin ich in Salzburg, ich bin lange Hüttenwirt gewesen und, was das Leben in harter, aber schöner Natur betrifft, ein gesegneter Mensch. In der Steiermark gefallen mir die Dachsteinregion gut, die südliche Weingegend ist großartig, die Gegend um Klöch mit ihrem wunderbaren Traminer einfach traumhaft. Graz, Schladming, Leibnitz, Oberwölz: alle schön. Es ist ganz wurscht, wo ich in der Steiermark unterwegs bin. Es ist überall so, dass ich mich wohlfühle.
Was fasziniert Sie an echter Volksmusik abseits vom kommerziellen Schlagerkitsch?
Ich bin froh, dass der ORF so vernünftig war und mich werken hat lassen. Ich habe Freunde aus der klassischen Musik, die mir sagen, wie schön es für sie ist, wenn in meiner Sendung Musikanten einfach drauflos spielen. Ohne Noten, makellos. Perfektion ist in der Volksmusik nicht unbedingt das Erstrebenswerte. Ich habe manchmal schon Angst, dass die Volksmusikanten zu gut werden: Die Volksmusikanten der klassischen Zeit von früher haben keine Noten gebraucht, und so ist’s mir auch am liebsten.
Der private Sepp Forcher hört also durchaus auch klassische Musik?
Ja, das ist ganz klar. Dieses Repertoire ist mir sehr vertraut. Zwischen Mozart und Webern können Sie mich alles fragen. Das bringt das Hüttenwirtsein mit sich. Da ist man mit vielen Menschen beieinander, die ihre Ansichten vertreten. Wenn sie das mit Überzeugung machen, dann denk ich mir: Da muss was dran sein. Das ist wie bei einem guten Buch: Wenn es jemand lobt, kaufe ich es mir und lies es dann.
Vom Hüttenwirt zum Fernsehstar - was ist das Erfolgsrezept des Sepp Forcher?
Dass man das nicht will! Ich habe mir nie gedacht, dass ich irgendetwas mit dem Fernsehen machen werde, obwohl es ein Medium ist, das mich immer fasziniert hat. Was ist ein Star? Star ist ein Stern! Ich bin ein ganz normaler Mensch, der das, was er macht, gern macht. Und wenn ich’s nimmer gerne mache, höre ich auf.
Wann wird das sein?
2020, nach der 200. Sendung. Weil ich niemandem das Schauspiel bieten will, dass ein alter Datterich seine fünf Sinne nicht mehr bei einander hat. Im Rahmen der 199. Sendung werde ich mich dann aus der Steiermark verabschieden.
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