Um drei Jahre früher und ohne finanzielle Einbußen in Pension gehen. Diese verlockende Möglichkeit, sich mit 62 Jahren in den Ruhestand zu verabschieden, haben FPÖ und SPÖ am 19. September im Parlament beschlossen. Wie das in der Realität aussieht, weiß Roman Scherer aus Wörgl zu erzählen. Ihm brachte diese „Verlockung“, so wie vielen anderen, große Einbußen.
Diese Pensionsanpassung, die gegen die Stimmen der NEOS verabschiedet wurde und am 1. Jänner 2020 in Kraft tritt, soll Bezieher niedrigerer Renten begünstigen. So kann man künftig mit 45 Versicherungsjahren wieder abschlagsfrei mit 62 Jahren in Pension gehen. Wobei Frauen bis zu fünf Jahre Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Dazu wurde noch fixiert, dass die erste Pensionserhöhung bereits mit Jahresbeginn nach Pensionsantritt schlagend wird.
Nach 47 Arbeitsjahren 300 Euro weniger
Wie sieht die Regelung im konkreten Fall aus? Der heute 63 Jahre alte Roman Scherer kann auf ein arbeitsreiches Leben zurückblicken. 47,5 Jahre war der gebürtige Wörgler in der Kfz-Branche tätig. Mit 1. Jänner 2019 entschied er sich dazu, seinen wohlverdienten Ruhestand anzutreten. Roman Scherer war sich bewusst und damit auch einverstanden, dass er dadurch eine Einbuße von rund 300 Euro im Monat in Kauf nehmen müsse. „Die Geburtsjahrgänge 1954 bis 1957 fallen nicht in den Genuss der Neuregelung des Pensionsgesetzes. Warum dem so ist, kann mir bis jetzt niemand erklären. Man kommt sich schon sehr benachteiligt und ungerecht behandelt vor“, erklärt der 1956 geborene Scherer. Auch in der Arbeiterkammer Tirol konnte ihm nicht wirklich weitergeholfen werden, da auch diese Servicestelle mit dieser Gesetzesänderung völlig überraschend und ohne Ankündigung konfrontiert wurde.
Verfassungsrechtlich nicht bedenklich
Der Innsbrucker Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte der Universität Innsbruck am Institut für Arbeitsrecht, Sozialrecht und Rechtsinformatik, Peter Wallnöfer, hat sich der Problematik angenommen und kann Folgendes mitteilen:
„Die Regelung, dass ab Jänner 2020 wieder abschlagsfrei Frühpensionen bei 540 Beitragsmonaten aus Erwerbstätigkeit möglich sind, beseitigt die Abschläge bei Pensionsantritten in bestimmten Pensionsarten ab dem Stichtag 1.1.2020. Dass die Pensionsleistungen vor diesem Stichtag mit Abschlägen trotz der 540 Beitragsmonate nicht erfasst werden, erscheint ungerecht, ist jedoch aufgrund des sogenannten Stichtagsprinzips nicht unbedingt verfassungsrechtlich bedenklich.“
Und weiter: „Es wird wohl der Umsetzung eines dementsprechenden politischen Willens bedürfen, diese als ungerecht und in Abhängigkeit vom Geburtsjahrgang zufällig auftretende Differenzierung zu beseitigen. Zu bedenken ist auch, ob wirklich nur auf Beitragsmonate aus Erwerbstätigkeit zurückgegriffen wird, womit wohl etwa Karenzzeiten nicht erfasst wären. Ohne Anpassung der gesetzlichen Vorschriften wird es schwierig, die Regelung, mag sie auch verständlicherweise als ungerecht empfunden werden, verfassungsrechtlich zu bekämpfen.“
Hubert Berger, Kronen Zeitung
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