ÖVP und Grüne haben im Parlament eine Reform des Epidemiegesetzes eingebracht. Das Gesetz sieht - bis Ende 2021 befristet - „Screeningprogramme“ zur Ermittlung von Regionen, die besonders von Covid-19 betroffen sind, vor. Es erlaubt aber auch den Ausschluss „bestimmter Personengruppen“ von Veranstaltungen. Die Opposition hat große Bedenken gegen die - von der Regierung ohne jede Ankündigung oder Erklärung - im Nationalrat eingebrachte Änderung. Die SPÖ etwa befürchtet, dass mit „bestimmten Personengruppen“ jene gemeint sind, die keine Tracking-Apps installieren.
Eine Begutachtung des Gesetzes ist nicht geplant, auch in ihren Pressekonferenzen hat die Regierung die Novelle nicht vorgestellt. Im ÖVP-Klub hieß es dazu, dass man rasch handeln müsse, damit die im Gesetz fixierte neue „Containment-Strategie“ rechtzeitig zur „Öffnung“ nach der Corona-Krise in Kraft sei. Das Gesundheitsministerium verwies ebenfalls auf die knappe Frist. Außerdem wurde betont, dass die Screenings nötig seien, um etwa die Situation in Seniorenheimen zu überprüfen. Außerdem sei die Teilnahme freiwillig und die Rechtsgrundlage bis Ende 2021 befristet.
Auch bestimmte Berufsgruppen können untersucht werden
Bis dahin kann Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) Screeningprogramme „zur Feststellung von besonders betroffenen Gebieten oder Einrichtungen“ durchführen lassen. Auch bestimmte Bevölkerungsgruppen oder Berufsgruppen können untersucht werden. Die Teilnahme setzt aber eine Einwilligung voraus, wie im Gesetz festgehalten wird - ist also freiwillig. Die Ergebnisse werden einer Datenbank gespeichert („Screeningregister“). Auch dies ist bis Ende 2021 befristet.
Dauerhaft ergänzt wird die Bestimmung des Epidemiegesetzes, die den Behörden erlaubt, Veranstaltungen zu verbieten, die das Zusammenströmen großer Menschenmengen mit sich bringen (§15). Hier können Veranstaltungen künftig auch an bestimmte Auflagen geknüpft oder auf bestimmte Personengruppen eingeschränkt werden.
SPÖ, FPÖ und NEOS forderten am Donnerstag im Gesundheitsausschuss zwar, die umstrittene Novelle doch noch einer Begutachtung zu unterziehen. Dies lehnte die Regierung einmal mehr unter Hinweis auf gebotene Eile ab und schickte das Gesetz mir ihrer Mehrheit ins Plenum. Dort wird das 16. Covid-19-Gesetz kommenden Dienstag beschlossen. Die darin enthaltene Möglichkeit, die Abhaltung von Veranstaltungen an Auflagen zu knüpfen, sah die Opposition ebenso kritisch wie die Tatsache, dass Kontaktdaten wie E-Mail-Adressen oder Telefonnummern beim Screening gesammelt und Quarantäne-Bescheide telefonisch ausgestellt werden sollen. Die Grünen wollen sich immerhin bemühen, die Kritikpunkte und Bedenken bis zum Plenum auszuräumen.
SPÖ befürchtet „verpflichtende Corona-App durch die Hintertür“
SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher befürchtet eine „verpflichtende Corona-App durch die Hintertür“. „Coronavirus-Bekämfpung ja, Blankoschecks für Eingriffe in Grundrechte der Bevölkerung nein“, so Kucher in einer Aussendung. Er fordert eine Begutachtung des Gesetzes, denn hier seien „grundlegende Demokratie- und Freiheitsrechte der Bevölkerung betroffen“. Erst am Dienstag hatten über 300 Wissenschaftler in einem offenen Brief zum Einhalten des Datenschutzes und der Privatsphäre bei Kontaktverfolgungs-Apps aufgefordert.
Weiters sieht das Gesetz vor, dass nichtmedizinische Labors zwar Tests für den Menschen durchführen können, ihnen diese Berechtigung aber wieder entzogen werden kann, wenn Qualitätsstandards nicht eingehalten werden. Und für den Fall, dass nach dem Epidemiegesetz stillgelegte Betriebe entschädigt werden müssen (Verdienstentgang), kann der Gesundheitsminister österreichweit einheitliche Vorhaben zur Entschädigung festlegen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.