Der Nationalrat hat das Veto des Bundesrats gegen insgesamt vier Corona-Pakete aufgehoben. Mittels Beharrungsbeschluss wurde unter anderem das Epidemiegesetz ein zweites Mal verabschiedet. Ein weiterer Einspruch der Länderkammer ist nun nicht mehr möglich.
Am strittigsten war die Novelle zum Epidemiegesetz, der nur ÖVP und Grüne zustimmten. Dabei geht es weniger um die Rahmenbedingungen für im Zuge der Corona-Krise vorgesehene Screening-Programme. Skeptisch betrachtet wurden von der Opposition ein weiteres Mal die Möglichkeiten, den Zugang zu Veranstaltungen zu regeln. Diese können an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen gebunden oder auf bestimmte Personen- und Berufsgruppen eingeschränkt werden.
Keine Kriterien dürfen dabei neben der Verwendung von Contact-Tracing-Technologien ein Abstellen auf Corona-Risikogruppen, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Alter, Religion, Weltanschauung und sexuelle Orientierung sein. Diese Einschränkung hatte die Koalition ja auf Wunsch der Opposition definiert. Dass trotzdem Ablehnung im Nationalrat und das Veto im Bundesrat kam, empörte die Mandatare von ÖVP und Grünen noch heute.
Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement
Der zweite zwischenzeitlich blockierte Beschluss, bei dem die NEOS mit der Koalition mitgingen, dreht sich um den Anerkennungsfonds für freiwilliges Engagement. Diesem wird ermöglicht, auch Aktivitäten und Initiativen zu fördern, die zur Bewältigung der Corona-Krise geleistet wurden. Dafür werden dem Fonds 600.000 Euro aus dem Krisenbewältigungsfonds zur Verfügung gestellt.
Steuerpaket für Masken und Kurzarbeit auf EU-Ebene
Gesetzespaket Nummer drei, das zum zweiten Mal nur von ÖVP und Grünen beschlossen wurde, war ein Steuerpaket, das zwischen 13. April und 1. August Lieferungen und innergemeinschaftliche Erwerbe von Schutzmasken steuerfrei stellt. Weiters in der Novelle enthalten ist die Ermächtigung, dem von der Europäischen Investitionsbank in der Corona-Krise errichteten Garantiefonds 650 Millionen Euro zuzuweisen und Bundeshaftungen in Form von Garantien bis zu einem Betrag von 720 Millionen Euro übernehmen zu können, um das Instrument der Kurzarbeit auf europäischer Ebene zu unterstützen.
Paket zu Verwaltungsverfahren
Auch noch - mit Unterstützung der NEOS - determiniert wurde ein Paket, das Verwaltungsverfahren betrifft und gewisse Einschränkungen beim Parteienverkehr als eine seiner Folgen hat. Zudem wird die Frist zur Bewältigung der Integrationsvereinbarung verlängert.
Stimmung vergiftet
Die Stimmung zwischen Koalition und Opposition ist jedenfalls wegen der Corona-Krise vergiftet. Das zeigte sich bei der Nationalratsdebatte sehr deutlich, denn gegenseitige Angriffe dominierten, um die Sache ging es allenfalls am Rande.
SPÖ-Klubchefin Pamela Rendi-Wagner bestritt den Auftakt und warf der Regierung „Show-Politik“ vor, die weder Unternehmern helfe, noch Arbeitslosen einen Job oder Künstlern eine Perspektive bringe. Die Hilfen seien zu wenig, kämen zu spät und seien zu bürokratisch. Was es brauche, sei ein neues Konjunkturpaket und eine Erhöhung des Arbeitslosengelds.
Heftige Attacken von FPÖ und NEOS
Deftiger wurde es wenig später bei FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Widerstand gegen den „Corona-Wahnsinn“ sei angebracht, findet der freiheitliche Fraktionschef, der der Koalition eine „autoritäre Geistesdurchseuchung“ attestierte und Fantasien zur Zwangsüberwachung der eigenen Bevölkerung ortete. An Vetos durch den Bundesrat werde man sich gewöhnen müssen: „Das ist normal im Gegensatz zu dem Ausnahmezustand, der in Ihren Hirnen herumschwirrt.“
NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker warf der Koalition vor, dass sie seit Monaten mit einer Politik der Unsicherheit handle. So sieht er auch die wahren Gründe für die Novellierung des Epidemiegesetzes, die unter anderem den Zugang zu Veranstaltungen regelt, verdeckt: „Darum misstrauen wir Ihnen.“ Die Behörde habe künftig „einen riesengroßen Spielraum - und dem sind die Bürger ausgeliefert“.
Kritik für Koalition nicht nachvollziehbar
Die Koalition konnte die Kritik nicht nachvollziehen. Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) argumentierte etwa, dass die Novelle eine „massive Verbesserung gegenüber dem Status quo“ sei, weil viel mehr Veranstaltungen möglich würden.
Für reichlich unnötig hielten die Fraktionschefs der Koalition, dass der Bundesrat überhaupt Einspruch gegen vier Corona-Gesetze eingelegt hatte. ÖVP-Klubobmann August Wöginger meinte in Richtung Opposition: „Corona findet ja anscheinend nicht statt.“ Österreich sei offenbar unter der Glaskuppel. Dass SPÖ und FPÖ unter anderem auch die 600.000 Euro für freiwilliges Engagement in der Corona-Krise beeinsprucht haben, „das verstehe, wer will“.
Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer erinnerte Kickl daran, dass ihm noch vor Kurzem der Lockdown nicht scharf genug gewesen sei. Solche spontanen Sinneswandel seien in einer Krise eben nicht möglich, wenn man in Verantwortung sei. Anschober fürchtete, dass mit der Oppositionsrhetorik das falsche Signal gesetzt werde, dass die Krise schon vorbei sei.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.