Ein Arbeitsblatt, das in einer Grazer Volksschule im Rahmen des Unterrichts an Kinder verteilt wurde, sorgt derzeit für Aufregung. So werden darin in einem Atemzug drei Landplagen genannt, von denen Graz in der Vergangenheit heimgesucht wurde: Heuschrecken, die Pest - und Türken. „Unvorstellbar, was diese Entmenschlichung in den Köpfen unserer Kind auslöst“, zeigt sich ein SPÖ-Politiker empört.
Mustafa Durmus, Landesvorsitzender der Jungen Generation der SPÖ Steiermark, veröffentlichte das Arbeitsblatt am Donnerstag auf Twitter und Facebook. Das Blatt sei vergangene Woche an Schüler einer dritten Klasse in einer Grazer Volksschule verteilt worden. „Hier wird in offiziellen Schuldokumenten eine in Graz lebende Menschengruppe mit einer Heuschreckenplage und einer ansteckenden tödlichen Seuche gleichgesetzt. Bei der Vermittlung dieser Lerninhalte muss man im Jahr 2020 mehr Sensibilität an den Tag legen“, forderte Durmus „dringende Aufklärung“.
Arbeitsblatt von Lehrerin selbst gestaltet
Wie die Bildungsdirektion Steiermark auf krone.at-Anfrage am Samstag in einer Stellungnahme erklärte, handle es sich bei dem Papier um ein von einer Lehrerin selbst gestaltetes Arbeitsblatt „in einfacher Sprache“. Die Lehrerin habe dabei auf die auf der Website des Austria-Forums veröffentlichten Informationen zurückgegriffen. Dort ist unter anderem im Beitrag „Als die großen Plagen übers Land kamen“ zu lesen: „Wanderheuschrecken, Pest und Türken - gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde die Steiermark von den sogenannten Landplagen entsetzlich heimgesucht.“
Hinter der Website steht der Gemeinnützige Verein „Freunde des Austria-Forums - Verein zur Förderung der digitalen Erfassung von Daten mit Österreichbezug“.
Wenn die Kinder der betroffenen Klasse nächste Woche wieder in der Schule sind, wird das Thema noch einmal mit ihnen besprochen.
Bildungsdirektion Steiermark
Blatt vermutlich in keiner anderen Klasse verwendet
Laut Bildungsdirektion sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass das von der Lehrerin gestaltete Arbeitsblatt noch in anderen Schulen verwendet wurde. Das Arbeitsblatt sei mittlerweile online gelöscht worden und würde nicht mehr verteilt werden. „Wenn die Kinder der betroffenen Klasse nächste Woche wieder in der Schule sind, wird das Thema noch einmal mit ihnen besprochen“, heißt es in der Stellungnahme.
Das Landplagenbild müsse jedenfalls in der Schule behandelt werden. Jedoch sei es wichtig, „nicht den Eindruck entstehen zu lassen, die heute in den Schulklassen sitzenden Kinder türkischer Herkunft hätten etwas damit zu tun oder seien ‚eine Plage‘“, so die Bildungsdirektion.
Sie ist eine beliebte Lehrerin und steht nicht im Verdacht, Kinder mit Migrationshintergrund schlecht zu behandeln.
Bildungsdirektion Steiermark
Lehrerin zeigt sich einsichtig
Die betroffene Lehrerin habe nicht in böser Absicht gehandelt und habe sich auch einsichtig gezeigt. „Sie ist eine beliebte Lehrerin und steht nicht im Verdacht, Kinder mit Migrationshintergrund schlecht zu behandeln. Auch die Schule selbst kann man durchaus als Vorzeigeschule in Sachen Integration bezeichnen. Sie ist zur Aufarbeitung dieser unerfreulichen Angelegenheit auch mit der Antidiskriminierungsstelle in Kontakt.“
Abschließend betonte die Bildungsdirektion, dass sich niemand bei der Lehrerin oder der Schule über das Arbeitsblatt beschwert hatte: „Es wurde gleich der Weg an die Öffentlichkeit gewählt.“
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