Nach dem Felssturz in der Bärenschützklamm am Mittwoch, der drei Menschen das Leben gekostet hat, sitzt der Schock in Mixnitz tief. Helfer erinnern sich an die tragischen Stunden. Der „Krone“ erzählen sie ihre Geschichte.
Touristen kommen aus halb Europa, um zwischen den schroffen Felsen und imposanten Wasserfällen die steirische Natur zu genießen: Die Bärenschützklamm in Mixnitz ist eines der schönsten Ausflugsziele der Steiermark. Doch jetzt ist alles anders. Drei Tote und neun Verletzte, so lautet die tragische Bilanz nach dem Felssturz am Mittwoch.
„Einen Einsatz in diesem Ausmaß habe ich noch nie erlebt, und ich bin seit 1997 bei der Bergrettung“, sagt Markus Hörmann. Er war der Einsatzleiter an diesem tragischen Mittwochnachmittag - und auch in den Tagen danach.
Um 12 Uhr kam der Alarm
Hörmann erinnert sich. Mittwoch, 12 Uhr. Eine Nachricht erreicht den Bergretter. „Mehrere Verletzte in Bärenschützklamm nach Steinschlag“, steht auf seinem Smartphone. Er weiß: Dieser Einsatz wird ernst.
Sofort fahren die Retter über einen Forstweg zum Einstieg der Klamm. Von dort weg sind es etwa zehn Minuten zu Fuß bis zum ersten Verletzten, um die 20 Wanderer kommen den Bergrettern entgegen. „Du hast es in ihrem Gesicht gesehen, dass da was passiert ist“, schildert Hörmann.
„Wir hätten gerne alle Hubschrauber überall gleichzeitig gehabt“
Vier Hubschrauber, die Canyoning-Gruppe der Bergrettung, die Alpinpolizei, unzählige Retter und Feuerwehrleute sind in den nächsten Stunden und Tagen im Einsatz. „Das Koordinieren war die größte Herausforderung“, sagt Hörmann. „Wir hätten gerne alle Hubschrauber überall gleichzeitig gehabt.“ Für eine 21-Jährige aus Graz-Umgebung und eine 50-jährige Ungarin kommt die Hilfe zu spät. Tags darauf wird auch noch die Leiche eines 30-jährigen Slowaken im Wasser gefunden.
„Gott sei Dank war es nicht am Wochenende“
Der Einsatz war schlimm - aber er hätte noch viel schlimmer sein können. „Gott sei Dank war das ein Mittwoch und nicht am Wochenende“, hört man immer wieder von allen Seiten. An Top-Tagen sind mehr als tausend Wanderer in der Klamm unterwegs, aufs Jahr gerechnet sind es zwischen 40.000 und 50.000.
In der Bevölkerung sitzt der Schock tief
In den engen Gassen von Mixnitz ist es ruhig an diesem verregneten Samstag, drei Tage nach dem Felssturz. Ein Ortsbewohner radelt vorbei, zwei Kinder spielen am Vorplatz eines Hauses. Im Rüsthaus treffen wir Andreas Kowatsch, den stellvertretenden Kommandanten der Feuerwehr.
Wie ist die Stimmung nach der Tragödie in der Bevölkerung? „Es ist natürlich das Gesprächsthema Nummer eins im Ort“, schildert er. „Es war ein Schock, die Leute sind bestürzt. So etwas Schreckliches hat es noch nie gegeben.“ Es ist Jahrzehnte her, dass es in der Klamm einen tödlichen Unfall gab.
Letzter Todesfall in den 50er-Jahren
In den 50er-Jahren, erzählt Kowatsch, ist ein junges Mädchen dort verstorben. Ihre Schulklasse war auf den steilen Stufen unterwegs, die Kinder schaukelten auf dem Geländer - doch das hielt deren Gewicht nicht stand. Das Mädchen stürzte ab und ertrank. Jahre später traf ein Stein einen Buben am Kopf; er überlebte. Alle anderen Einsätze seither waren medizinische Probleme.
Auch ein Helm hätte nicht geholfen
Der Ort des Geschehens ist nun mit rot-weißen Sperrbändern abgesichert. Die Klamm ist auf unbestimmte Zeit gesperrt. Ein Schild beim Einstiegspunkt warnt sogar vor Steinschlag. Ob eine Helmpflicht eventuell eine Lösung wäre? „Bei dieser Größenordnung hätte das auch nichts geholfen. Entweder du hast Glück - oder nicht“, meint Kowatsch.
„Man vergisst sehr schnell“
Wie geht es nun weiter? Wird das Drama den Tourismus beeinflussen? „Man vergisst sehr schnell“, ist Kowatsch sicher. Der ansässige Wirt Hubert Grassauer hofft, dass die Touristen trotzdem kommen: „Man kann unsere schöne Natur auch auf anderen Wegen in der Gegend erkunden. Die sind alle offen“, sagt er.
Die Einwohner werden „ihre“ Bärenschützklamm nicht aufgeben. „Ich werde sicher wieder dort wandern“, sagt Kowatsch. Auch Bergretter Hörmann teilt seine Meinung. Prognosen, wann die Klamm wieder öffnen wird, traut sich derzeit noch niemand abzugeben.
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