Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (50) steht derzeit unter Dauerbeschuss. Im „Krone“-Gespräch verrät sie, wie sie mit Krise und Kritik umgeht, was sie antreibt und wie sie privat tickt. Eine Frau zwischen Männerdomänen und Modemut.
Das Heer wird umfunktioniert zu einer Art bewaffneter Feuerwehr. Nein, doch nicht. Nach einem Gespräch beim Oberbefehlshaber - dem Bundespräsidenten - wird nun nur umgerüstet. Ein „ZiB“-Interview zum Thema wurde zum Klick-Hit in den sozialen Netzwerken, nachdem sich die neue Verteidigungsministerin konsequent sämtlichen Fragen widersetzte und eisern mit vorgefertigten Stehsätzen antwortete.
Schon zu Beginn ihrer Amtszeit sorgte Klaudia Tanner für Aufsehen, als sie den Feind mit ihrer Drohung „Eurofighter wird mich noch kennenlernen“ überrumpelte. Amts-Vor-Vor-Vor-Vor(!)gänger Hans Peter Doskozil (SPÖ) teilte diese Woche aus: „Das größte Problem im Heer ist die Ministerin selbst.“
„Es war kein Rapport beim Bundespräsidenten“
So, halt, jetzt muss sie aber schon auch etwas sagen: „Es war kein Rapport beim Bundespräsidenten. Ich habe selbst angeboten hinzukommen, ihm hätte ein Telefonat gereicht. Wir haben Missverständnisse ausgeräumt und wollen künftig mehr kommunizieren. Ich halte an meinem Weg fest.“
„Doskozil ist mit seiner Strategie gegen Eurofighter gescheitert“
Schon bei der ihretwegen einberufenen Parlamentssondersitzung gestand sie mit einem kleinen Augenzwinkern und unter Gelächter in den Rängen ein, dass „man über die Kommunikation zuletzt diskutieren“ könne. Doskozils Attacke hingegen wischt sie weg: „Ich darf nur erinnern, dass er mit seiner Strategie gegen Eurofighter gescheitert ist. Wäre er erfolgreich gewesen, hätte die Republik jetzt ein Problem weniger.“ Eine schier endlose Causa des Verschleppens und Versagens vieler Vorgänger, die sie nun auszubaden hat.
Wer ist die 50-Jährige, die gut getarnt und militärisch völlig unbelastet Anfang des Jahres mitten ins Gefecht hüpfte? Die studierte Juristin ist das älteste von fünf Kindern einer Imker-Familie aus der Gegend von Scheibbs. Sie stammt aus der mächtigen niederösterreichischen ÖVP und gehörte schon 2001 dem Kabinett von Innenminister Ernst Strasser an.
Die vergangenen neun Jahre war sie Direktorin des niederösterreichischen Bauernbunds - auch als erste Frau. Mit Zimperlichkeit kommt man dort nicht weit. Stattdessen zog sie mit Zähigkeit und Konsequenz in 64 Bezirksbauernratskonferenzen mehr als 15.000 Funktionäre auf ihre Seite und formte die Organisation zu einem politischen Schwergewicht.
Na gut, gerissen hat sich keiner. Offensichtlich müssen immer Frauen ran, wenn es schwierig wird. Natürlich ist eine Frau in dieser Position für viele neu.
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
Wäre da die Funktion einer Landwirtschaftsministerin nicht näherliegend gewesen? „Nein, das wäre keine Herausforderung mehr für mich gewesen. Ich wollte wieder etwas als erste Frau machen und Vorreiterin sein.“ Mangelndes Fachwissen? „Sehen Sie, das ist wieder so ein Fehler, den Frauen oft begehen. Dafür gibt es ja die Experten bei uns im Haus. Ich treffe die politischen Entscheidungen auf deren Basis.“
„Habe mir über die Jahre ein dickes Fell zulegen müssen“
Dass sie ihr Amt nur bekommen habe, weil es in Anbetracht der ungemütlichen Lage keiner der Männer wollte, lässt sie nur bedingt gelten: „Na gut, gerissen hat sich keiner. Offensichtlich müssen immer Frauen ran, wenn es schwierig wird. Aber auch wenn mir das keiner glaubt: Für mich ist das eine echt tolle und verantwortungsvolle Aufgabe.“ Auch sei ihre Ernennung kein PR-Gag gewesen: „Wer mich kennt, weiß, dass ich dafür nicht zur Verfügung stehe. Ich nehme meine Aufgabe sehr ernst.“ Nachsatz: „Natürlich ist eine Frau in dieser Position für viele neu. Aber ich bin bekannt für meine Durchsetzungskraft und habe mir über die Jahre ein dickes Fell zulegen müssen. Das hilft. Wenngleich ich sagen muss, dass ich gut aufgenommen wurde.“
Ich wollte etwas als erste Frau machen und Vorreiterin sein!
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
Auch im Team setzt die Neue auf Frauenpower. Vize-Kabinettschefin ist Katharina Nehammer (37), Ehefrau des Innenministers, Tochter von ORF-Legende Peter Nidetzky und gestählt durch ihre Zeit als Sprecherin von Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka.
Büro mit eigenem Wintergarten
Ihre Kommandozentrale im obersten Stock der Roßauer Kaserne in Wien ist riesig mit Panoramablick über Lände und Schwedenplatz. Wahrscheinlich das größte Büro der Republik mit mehr als 100 Quadratmetern und eigenem Wintergarten, den einer ihrer roten Vorgänger errichten ließ. Heute empfängt Klaudia Tanner („Klaudia mit ,K‘. Meine Eltern wollten eine besondere Schreibweise“) ganz in Weiß und Lila. Lila Top, lila Lippenstift, lila Uhr, lila Stöckelschuhe. Um ihren Hals trägt sie ein goldenes „K“.
Tanner erinnert an Mikl-Leitner
Mit ihrem Modemut und ihrer (wie soll ich sagen?) Extrovertiertheit erinnert sie an ihre blau-gelbe Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (56). Wie diese hört man sie meist, bevor man sie sieht. Und wenn sie mit ihrer Ganzkörper-Rhetorik, lauter Stimme und ausladender Geste spricht, haben neben ihr gleich mehrere Baby-Panzer Platz. „Die Hanni“, freut sie sich über den Vergleich: „Wir sind befreundet und gehen manchmal sogar gemeinsam shoppen!“
Dass sie sich bei ihren Auftritten bei der Truppe modisch meist in militärischer Camouflage anpasst, rief Herbert Kickl in der Sondersitzung auf den Plan: „Sie immer mit ihrem Grün und Schlammfarben!“ „Ja, wie zieht sich eine Frau im Feld an? Traurig, dass man darüber diskutieren muss, oder?“ Das viele Grün in ihrer großen Garderobe stamme im Übrigen aus der Zeit beim Bauernbund.
Verheiratet, eine 14-jährige Tochter
Privat ist die Ministerin verheiratet und Mutter einer 14-jährigen Tochter. Ihr Mann ist technischer Einkäufer, Gemeinderat in Gresten und heißt „Max“ (eigentlich Martin), die Tochter Maxima.
Anfang der Woche hatte die Herrin über das Heer nun eine nicht mehr aufschiebbare Entscheidung über die Luftraumüberwachung zu treffen. Die Aufgaben der uralten Saab übernehmen nun erst wieder die Eurofighter. Weiter Gelegenheit für den Konzern, die Verteidigungsministerin endlich näher kennenzulernen.
Edda Graf, Kronen Zeitung
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