Voves, der am Sonntag mit knapper Not den ersten Platz der steirischen SPÖ verteidigte, hat bei der Siegesfeier (siehe Video oben) alle Register gezogen und eine entsprechende Show geboten. Zuerst ließt er mit amerikanischem Slang Magna-Gründer Frank Stronach, der für Voves eine Wahlempfehlung ausgesprochen hatte, seinen Funktionären zuwinken: "Ich habe so eben mit Amerika telefoniert. Der Frank lässt euch alle schön grüßen."
Danach gab es kein Halten mehr: Voves griff einmal mehr zur Gitarre und sang unter euphorischem Jubel der Fans "Jamaica farewell" von Harry Belafonte. Auf "Zugabe"-Zurufe legte er noch nach und gab "für die Jugend einen Song aus meiner Jugend" zum Besten: "Imagine" von John Lennon. Ein paar Funktionäre entfachten sogar ein kleines Feuerzeug-Lichtermeer. Da ging es auch mit Voves durch: "Ich liebe euch alle", rief er in die Menge.
Am Beginn seiner Siegesrede zeigte er sich "unglaublich stolz", einen "zweiten historischen Sieg" gefeiert zu haben. "Es ist großartig", er habe es noch gar nicht ganz realisiert. Und zum "Mitbewerber" Hermann Schützenhöfer meinte Voves in einem Seitenhieb: "Er hat schon wieder gewonnen." "Singen wir was", schloss der Landeshauptmann dann seine Rede und gab den Popstar.
Wahlergebnis: Nur Voves bietet sich ein "Plan B" an
Die Landesregierung wird in der Steiermark zwar nach dem Proporzsystem gebildet, schon allein für die Wahl des Landeshauptmanns braucht es aber ohne eine Partei mit absoluter Mehrheit Vorgespräche und Unterstützungszusagen. Bisher gab es zwischen SPÖ und ÖVP daher eine Quasi-Koalition.
Aus dem vorläufigen Wahlergebnis - ein Endergebnis mit den rund 60.000 Briefwahl-Stimmen wird erst am 4. Oktober vorliegen - ergeben sich nun aber zwei Möglichkeiten, mit denen die SPÖ Mehrheiten in Regierung und Landtag bzw. die Wahl Voves' zum Landeshauptmann erreichen kann. Eine ist die bereits bekannte Große Koalition mit der Schützenhöfer-ÖVP als Juniorpartner - die zweite ein Regierungsabkommen mit der FPÖ. Zusammen würden die beiden Parteien dann fünf der neun Regierungsmitglieder stellen, im Landtag hätten sie mit 29 von 56 Mandaten eine knappe Mehrheit.
Mit den Kleinparteien, die ihren Lagern am nächsten sind, kommen die beiden Großparteien nicht voran. SPÖ, Grüne und Kommunisten erreichen zusammen ebenso 28 Sitze wie ÖVP und FPÖ gemeinsam. Einzig für Voves ergibt sich also ein "Plan B" mit der FPÖ, die Volkspartei müsste neben den Blauen noch eine weitere Fraktion gewinnen, um ihren Spitzenkandidaten Schützenhöfer zum Landeshauptmann küren zu können, was als fast unmöglich gilt.
FPÖ sieht sich als Königsmacher
Die FPÖ sieht sich folglich - nicht zu Unrecht - als Königsmacher. Der Weg, das rot-schwarze Proporzsystem in der Steiermark aufzubrechen, sei geebnet, meinte Bundesparteichef und Wien-Wahl-Kandidat Heinz-Christian Strache am Sonntagabend. Als "Zünglein an der Waage" werde sich die FPÖ nun genau ansehen, wer inhaltlich bereit sei, freiheitliche Politik umzusetzen. Demnach werde man sich entscheiden, wer von den Freiheitlichen Unterstützung für das Amt des Landeshauptmannes erhalten werde. Auch der steirische FP-Spitzenkandidat Gerhard Kurzmann zeigte noch am Sonntag eine Tendenz in Richtung SPÖ. Platz eins ergebe für die Landeshauptmann- Wahl "einen gewissen Vorteil".
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl meinte am Montag: "Der Ball liegt bei der SPÖ", so die Botschaft an den dortigen Wahlgewinner. Verhandlungen für ein etwaiges Regierungsabkommen seien "Sache der Landespartei", wollte Kickl - derzeit auch Wahlkampfleiter für die anstehende Wahl in Wien - seinen südlichen Kollegen vorerst keine Empfehlung für eine Kontaktaufnahme zu anderen Parteien geben. Aber: "Natürlich stimmen wir uns ab." Man werde sich "zusammensetzen und in Ruhe beratschlagen".
Voves schloss Zusammenarbeit mit FPÖ nicht aus
Voves ließ sich am Montag nicht in die Karten schauen: "Ich bitte um Verständnis, dass wir zuerst interne Gespräche führen müssen", meinte er auf "Krone"-Anfrage. Dass der Amtsinhaber zur Not auch auf freiheitliche Stimmen zurückgreifen würde, um erneut Landeshauptmann zu werden, hatte er schon im Wahlkampf klargemacht. Diese Position wurde auch am Wahltag bekräftigt. Solange es den Proporz gebe, könne man Gespräche mit niemandem ausschließen, meinte Voves, der aber gleich vom Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl verwarnt wurde. Häupl sieht seinen Wahlkampf bedroht, sollte Voves die FPÖ vor der Wien-Wahl am 10. Oktober in eine Verantwortungsposition hieven. Eine Koalition mit den Freiheitlichen hält er daher "schlicht für unmöglich".
Eher zurückhaltend zeigen sich die übrigen SPÖ-Landeschefs mit Ratschlägen für ihren steirischen Kollegen bezüglich einer Regierungsbildung nach der Landtagswahl. Oberösterreichs Josef Ackerl, Kärntens Peter Kaiser und Tirols Hannes Gschwentner ließen am Montag zumindest eine deutliche Distanz zu einer möglichen Kooperation mit der FPÖ erkennen. Die FPÖ habe nicht "das große Ganze" im Kopf, kritisierte beispielsweise Gschwentner. Salzburgs Gabi Burgstaller appellierte vor allem an die ÖVP, sich einer Zusammenarbeit nicht zu verweigern.
Bundes-SPÖ lässt der Steiermark rot-blaue Option offen
Bundeskanzler Werner Faymann, der auf Bundesebene eine Zusammenarbeit mit der FPÖ ausschließt, begnügte sich am Sonntag damit, die "Sensation" des Voves-Sieges zu bejubeln. Etwas deutlicher wurde Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Dass Voves möglicherweise mit der FPÖ zusammenarbeiten muss, sehe sie realistisch: Die FPÖ sei automatisch in der Regierung, und Voves müsse mit allen reden, um eine breite Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit für die Steiermark zu erreichen, meinte sie am Montag. Eine Kooperation der SPÖ mit der FPÖ auf Bundesebene schloss sie aber weiterhin kategorisch aus.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter hofft, dass in der Steiermark neuerlich eine Kooperation mit der ÖVP möglich ist. Aber: Wenn die ÖVP "weiter außer Rand und Band" bleibe, würden andere Optionen relevant, meinte er am Montag zur Variante Rot-Blau. Die SPÖ-Regierungsmitglieder basteln indes offenbar bereits an ihrem Wording, damit eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ nicht gleich Koalition genannt werden muss. Für Verteidigungsminister Norbert Darabos wäre eine solche Koalition in der Steiermark nämlich "nicht vorstellbar", sagte er am Montag. Es gehe nun aber darum festzustellen, wie man im Proporzsystem generell zusammenarbeite. Darabos appellierte dabei, "kühlen Kopf zu bewahren und nicht gleich von Kooperation oder Koalition zu sprechen".
Allerdings könnte mit den Briefwahl-Stimmen noch ein rotes Mandat zur KPÖ wandern, womit auch allfällige rot-blaue Planspiele beendet wären. Bis dahin befindet sich Voves aber in einer relativ komfortablen Ausgangslage für die Parteienverhandlungen.
Landtag konstituiert sich am 21. Oktober
Noch im Laufe des Montags treten die Parteigremien von SPÖ, ÖVP, KPÖ und Grünen zusammen. Bei der FPÖ und dem abgeschlagenen BZÖ erfolgt dies erst am Dienstag. Wann die Parteienverhandlungen aufgenommen werden, ist noch offen. Grundsätzlich hat man bis zur konstituierenden Sitzung des Landtags am 21. Oktober Zeit, etwaige Kooperationen, die dann auch die Wahl des Landeshauptmannes beinhalten dürften, auszuhandeln. Theoretisch wäre es auch möglich, nur die nach dem Proporz zusammengesetzt Regierung und Präsidium zu wählen und - bei längerem Verhandlungsbedarf - die Landeshauptmann-Wahl nach hinten zu verschieben.
2005 war Voves von Teilen der ÖVP sowie von der KPÖ mitgewählt worden. Die KPÖ hat diesmal schon vorzeitig abgewunken: Man werde weder den einen noch den anderen mit Vertrauen ausstatten. Die Grünen haben überhaupt noch nie für einen LH mitgestimmt. 2000 war VP-Wahlsiegerin Waltraud Klasnic von den Freiheitlichen mitgewählt worden, ohne dass es ein Abkommen gegeben hat.
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