Der Ibiza-U-Ausschuss ist am Mittwoch in die nächste Runde gestartet. Eine wichtige Rolle spielte dabei das Corpus Delicti, das am Dienstag von der Staatsanwaltschaft übermittelte, großteils geschwärzte Ibiza-Video, von dem ein Teil erstmals auch zu sehen war. Die Fraktionen haben angekündigt, wegen der Unkenntlichmachung vor den VfGH zu ziehen. Noch mehr Aufmerksamkeit als das Video erhielt aber Wolfgang Sobotka (ÖVP), der in seiner Befragung die Tätigkeit des Alois-Mock-Instituts verteidigte, dessen Vorsitzender er ist. Gleichzeitig bestätigte er aber, dass es indirekte Geldflüsse in Form von Inseraten an das Institut gab.
Geht es nach der Opposition, könnte Sobotka selbst Teil eines vermuteten Netzwerks rund um Korruption und Gesetzeskauf sein. SPÖ und NEOS argumentierten, dass Sobotka auch Präsident des Alois-Mock-Instituts ist. Dieser Verein erhielt in den vergangenen Jahren Geld von Novomatic, dessen Involvierung in die Casinos-Affäre und mutmaßliche verdeckte Parteispenden im Ausschuss geprüft wird.
Liveblog zum Ibiza-U-Ausschuss
Das Institut sei 2012 von ihm gegründet worden mit dem Ziel, „die politischen Ansätze Mocks langfristig zu erhalten“. Es handle sich um eine „Plattform für Vordenker“. Die operative Führung hatte er jedoch nie inne, betonte er. „Meine Aufgabe war es, Kontakte zu Wirtschaftsunternehmen herzustellen“, antwortete Sobotka auf die Frage von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl zu seiner genauen Tätigkeit in diesem Institut.
Sobotka kennt Adresse des Mock-Instituts nicht
SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer machte Sobotka darauf aufmerksam, dass das Alois-Mock-Institut bis vor Kurzem eine Durchwahl der Telefonnummer der ÖVP Niederösterreich hatte und somit Infrastruktur der Partei genutzt habe. Um diese Dinge habe er sich nicht gekümmert, antworte Sobotka, er kenne auch nicht die frühere Büroadresse, weil man dort nie getagt habe. „Nachdem wir nicht allzu viel Geld hatten, hatten wir anfangs ein kleines Büro.“ Krainer hielt Sobotka zudem vor, dass das Alois-Mock-Institut in einer Publikation den ÖVP-Politiker Lukas Mandl mit „unser Kandidat“ tituliert hatte.
Geldflüsse bestätigt
Sobotka bestätigte in der Befragung, dass es - indirekt - Geldflüsse an den Arbeitnehmerflügel der ÖVP gab, dessen Vorsitzender er ist. Dabei seien Inseratengelder von Unternehmen wie Novomatic im „Mock-Report“ der Zeitschrift des gleichnamigen Instituts geflossen. Dieses wiederum schaltete Inserate im Magazin „Arbeiten für Niederösterreich“, das vom niederösterreichischen Presseverein herausgegeben wird. Sobotka verwies darauf, dass Inserate möglich seien, wenn es eine Gegenleistung gibt.
Zusammenarbeit mit Novomatic aus „wirtschaftlichen Interessen“
Die Zusammenarbeit mit dem Glücksspielkonzern Novomatic begründete Sobotka mit wissenschaftlichen Interessen. Man habe „ausgelotet“, welche Themen den Glücksspielkonzern interessieren könnten, die mit den Zielen des Instituts vereinbar sind. Geeinigt habe man sich etwa auf Arbeiten zur Balkanregion, da das Unternehmen dorthin exportieren wollte. Als Gegenleistung habe Novomatic eine Veranstaltung für 250 Personen finanziert, also die Räumlichkeiten und das Buffet gezahlt, berichtete Sobotka. Dies sei das Wesen solcher Kooperationen, betonte er.
Terrassen-Szene aus Ibiza-Video gesichtet
Sobotkas Befragung wurde relativ bald unterbrochen. Jan Krainer wollte „probeweise“ eine Terrassen-Szene aus dem Ibiza-Video mit Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus sehen. Die entsprechende Szene wurde auch gesichtet, ehe die Befragung weiterging. Generell zog sich Sobotkas Auftritt in die Länge. Auch eine Pause zum Lüften stand auf dem Programm, weshalb die zweite von drei Befragungsrunden erst am frühen Nachmittag begann.
Hafenecker will Verfassungsgerichtshof einschalten
Sobotka wird von der Opposition aber auch vorgeworfen, die Arbeit des Ausschusses selbst zu behindern. Denn der Nationalratspräsident war es, der das Angebot eines deutschen Rechtsanwalts, das gesamte Video zu übermitteln, aus juristischen Gründen ursprünglich abgelehnt hatte. Am Dienstag wurde es von der Oberstaatsanwaltschaft Wien dennoch übermittelt. Der Zeitpunkt der Übermittlung wurde von der Opposition als „Affentanz“ (Jan Kainer), „Störfeuer“ und „mögliche Nebelgranate“ bezeichnet. Christian Hafenecker (FPÖ) und Stephanie Krisper (NEOS) kündigten zudem an, deshalb in Abstimmung mit den anderen Fraktionen „möglichst rasch den Verfassungsgerichtshof anzurufen“.
Sobotka lässt sich von Bures vertreten
Trotz der Vorwürfe ist Sobotka nicht bereit, seinen Vorsitz zurückzulegen. Aufgrund seiner Befragung am Mittwoch wird er sich den ganzen Tag von der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) vertreten lassen.
Braun bleibt wegen Quarantäne fern
Nach Sobotka wird am Mittwoch noch der frühere Novomatic-Konzernsprecher Bernhard Krumpel befragt. Bevor Krumpel beim Glücksspielkonzern anheuerte, war er für Wolfgang Sobotka tätig. Markus Braun, Schwager von Peter Sidlo und mutmaßlich in die Vereinsspenden-Affäre involviert, musste wegen eines Covid-19-Verdachts in seinem Umfeld absagen, da er sich in Quarantäne befindet. Am Donnerstag wollen die Abgeordneten dann Ex-Finanzminister Hartwig Löger, die Generaldirektorin der Casinos Austria Bettina Glatz-Kremsner und Casinos-Austria-Prokurist Peter Erlacher befragen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.