Die Bundeshauptstadt greift dem Bund vor und hat am Freitagvormittag Verschärfungen in fünf Bereichen angekündigt, um gegen den stetigen Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Wien - am Freitag wurden 580 neue Fälle gemeldet, fast die Hälfte davon in der Bundeshauptstadt - vorzugehen. Neben einer Fortführung der Teststrategie und der Ausweitung der Maskenpflicht sollen auch Spielregeln für Arbeitsstätten kommen - besonders was die Sozialräume in den Firmen betrifft, wie Bürgermeister Michael Ludwig ankündigte. Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (beide SPÖ) konkretisierte im Bereich der Gastronomie: „Wir brauchen jetzt die Maske an der Bar - das wird uns keinen Spaß machen, aber es ist notwendig.“
In den vergangenen Tagen hätten sich nicht mehr nur vorrangig junge Menschen infiziert, sondern auch wieder mehr ältere. „Das macht uns Sorge“, sagte Ludwig und kündigte fünf Maßnahmen an, um der Corona-Krise „mit Nachdruck“ entgegenzutreten.
Hacker: „Was an der Bar gilt, gilt auch an der Budel am Sportplatz“
Gesundheitsstadtrat Hacker konkretisierte vor allem die neuen Spielregeln, die für die Gastronomie geplant sind: Neben dem Tragen einer Maske am Weg zum Tisch soll künftig eine Pflicht auch an der Schank gelten. „Wir brauchen jetzt die Maske an der Bar“, so Hacker, „das wird uns keinen Spaß machen, aber es ist notwendig.“ Und was an der Bar gilt, das gelte „natürlich auch an der Budel am Sportplatz und in der Halle und im Theater und gilt natürlich auch in der Oper“.
Hacker sagte, Wien habe die von der Regierung bestimmten Lockerungen bezüglich der Maskenpflicht nicht verstanden, man könne auch nicht nachvollziehen, warum derzeit in Lebensmittelgeschäften ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden muss, in anderen Geschäften aber nicht. „Wir müssen mit den verwirrenden Spielregeln aufhören“, so der Stadtrat. Deshalb wolle man dafür sorgen, dass in Wien in jedem Geschäft mit Kundenkontakt Nase und Mund bedeckt werden muss. Die Maßnahmen „sind vernünftig und umsetzbar“, unterstrich Michael Binder, ärztlicher Direktor des Wiener Gesundheitsverbundes.
„Werden Boden der Rechtsstaatlichkeit nicht verlassen“
Rechtlich sind die angekündigten Maßnahmen - eigentlich „Handlungsempfehlungen“ eines Expertenrates - aber nicht in Stein gemeißelt bzw. kann Wien das gar nicht alleine umsetzen. Man werde diesen Empfehlungen jedoch folgen, „den Boden der Rechtsstaatlichkeit aber nicht verlassen“, so Hacker, der sich zuversichtlich zeigte, dass der Bund den Vorschlägen nachkommen und das „juristische Dilemma so rasch wie möglich aufgelöst“ werde. Bürgermeister Ludwig betonte einen „intensiven Kontakt und Dialog“ mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne).
Aufgelöst könne das „Dilemma“ werden, indem es entweder ein Bundesgesetz gibt - was zum Teil bereits bei der Ampel-Pressekonferenz der Regierung bekannt gegeben werden könnte -, oder der Bund die Möglichkeit schafft, dass Wien die entsprechenden Wünsche regional umsetzen kann, wie Hacker ausführte.
Größter Infektionsherd in Wien ist die Familie
Ludwig gab auch ein paar Eckpunkte zur aktuellen Lage in Wien bekannt: So seien bisher rund 337.600 Tests durchgeführt worden - das seien 26 Prozent aller in Österreich. Der größte Infektionsherd sei mit 41,9 Prozent die Familie, danach folgen Betriebe mit 19,5 Prozent. Reiserückkehrer machen in Wien 18 Prozent aus. Pflegeheime, Spitäler und Schulen seien mit Werten zwischen 0,3 und 0,8 Prozent zu vernachlässigen.
Was Kritik an teilweise zu langen Wartezeiten auf Testungen bzw. danach auf das Ergebnis betrifft, so gab Hacker zu, dass die Gesundheitsdienste über dem Limit gearbeitet hätten. Man habe die Kapazitäten mehr als ausgereizt und „übersehen, dass wir nicht in der Lage sind, dieses Tempo zu halten“. Abhilfe sollen künftig Gurgeltests schaffen, die nicht mehr den Einsatz medizinischen Personals nötig machen.
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