Im Kampf gegen die Pandemie müssen die Schüler im Osten des Landes ein weiteres Mal ins Distance Learning zurück, und zwar für vier Tage nach den Osterferien. Die Details zu den verschärften Schulmaßnahmen hat Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am Donnerstagvormittag präsentiert. So gilt nun allgemein, dass bei einer Inzidenz von 400 in einem Bezirk oder einer Gemeinde Schulen ins Distance Learning wechseln. Und auch für Kontaktpersonen gibt es eine neue Regelung. Positiv ist die Bilanz des Ministeriums zu den Selbsttests an den Schulen, bei denen bundesweit bereits mehr als 5000 positive Fälle identifiziert werden konnten. Faßmann gab sich optimistisch, auch weil man bereits einen „durchaus respektablen“ Anteil an geimpften Lehrern habe. Die Reaktionen von Opposition, Eltern- und Schülervertretern fielen gemischt aus.
Während Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark und Oberösterreich am Dienstag nach Ostern (6.4.) in den Präsenzunterricht (Volksschulen) bzw. im Schichtbetrieb zurückkehren, bleiben die Schüler in Wien, Niederösterreich und Burgenland vier Tage im Distance Learning, bestätigte Faßmann die am Mittwochabend von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und den Landeshauptleuten der drei betroffenen Bundesländer verkündeten Verschärfungen im Schulbereich. Für jene Kinder, die Betreuung benötigen, bleiben die Schulen aber wie schon in der Vergangenheit geöffnet.
Der Minister präsentierte am Donnerstag regionale Maßnahmen - die nun bei einer Inzidenz von 400 die Rückkehr der Schüler ins Distance Learning zur Folge haben. Außer der Anstieg sei klar abgrenzbar auf ein spezifisches Ereignis zurückzuführen, wie präzisiert wurde. Für Faßmann sind die regionalen Maßnahmen jedenfalls ein „wesentlicher Hebel der Pandemiebekämpfung“. Verringert sich die Inzidenz dauerhaft, dann könne vom Schichtbetrieb in der Sekundarstufe auch wieder in den durchgehenden Präsenzunterricht gewechselt werden.
Auch eine neue Kontaktpersonen-Regelung ist für die Schulen, dem Beispiel Wiens folgend, vorgesehen: Schüler einer Klasse, in der eine Person positiv getestet ist, gelten automatisch als K1-Personen. Kommt es zu einem weiteren Fall, also zu einer Übertragung in der Klasse, wechseln alle in den Fernunterricht.
5000 positive Fälle dank Selbsttests identifiziert
Eine positive Zwischenbilanz zog Faßmann zu den Selbsttests, die seit Semesterbeginn an den Schulen durchgeführt werden. Diese hätten geöffnete Schulen seit den Semesterferien ermöglicht, so der Minister. Laut Angaben seines Büros wurden seit Semesterbeginn mehr als 5000 Fälle mit positivem Test identifiziert, bei funktionierendem Contact Tracing wurden auch weitere Kontaktpersonen wie Eltern und Geschwister erreicht. Rund zwei Drittel der positiven Selbsttests - laut Faßmann eine „berechtige Schätzung“ - wurden auch nach der PCR-Analyse als positiv bestätigt. In Zahlen seien das fast 3500 Schüler und Lehrkräfte weniger, die andere Menschen angesteckt hätten.
In der Vorwoche gab es österreichweit 24 geschlossene Schulen, 222 Klassen befanden sich in Quarantäne. „Natürlich gehen uns nicht alle Fische ins Netz, die besonders infektiösen aber schon“, so der Minister. Auch die Gurgelstudie zeige, dass die Dunkelziffer in der dritten Runde deutlich gesunken sei. Faßmann sieht jedenfalls eine „funktionierende Kontrolle des Systems“. Die Schule sei zweifellos „ein Ort der Ansteckung, aber auch ein Ort der Kontrolle“.
Die Akzeptanz der Tests sei weiterhin „hoch“: Nur rund ein Prozent der Schüler würden freiwillig im Homeschooling blieben. Einmal mehr betonte Faßmann dabei auch das hohe Interesse an Österreichs Testsystem aus dem Ausland: Mehrere Länder wie Tschechien, Südtirol oder deutsche Bundesländer führten Testungen nach österreichischem Vorbild ein, so der Minister.
Teststrategie wird weiterentwickelt
Zugleich kündigte er am Donnerstag bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien eine Weiterentwicklung der Teststrategie an: Es sollen künftig höherwertige Antigen-Tests angewendet und ein PCR-Pilotprojekt gestartet werden. Konkret werden dabei regelmäßige Gurgel-PCR-Tests in der AHS Kundmanngasse in Wien durchgeführt. „Kritiker sagen, unsere Tests seien zu wenig sensitiv“, so Faßmann. „Das stimmt schon, aber eine PCR Testung aller Schüler und Schülerinnen, inklusive Lehr- und Verwaltungspersonal, und das mehrmals in der Woche überschreitet logistische Grenzen.“
Derzeit werden zwei unterschiedliche Selbsttests an den Schulen verwendet. Die Tests mit einfacher Handhabe werden in den Volksschulen weitergeführt, Schüler der weiterführenden Schulen bekommen hingegen künftig „komplexere Tests“ (Pipettieren nötig) mit höherem Sensitivitätswert. Zur Unterstützung gibt es auch neues Schulungsmaterial mit Hinweisen zur optimierten Durchführung von Selbsttests: vorher schnäuzen, volle Testzeit abwarten, auch einen möglichen zweiten sehr dünnen Strich, der Positivität anzeigt, beachten.
Elternvertreter: „Damit kann man schon leben“
Eltern- und Schülervertreter zeigten am Donnerstag Verständnis dafür, dass die Schüler im Osten im Anschluss an die Osterferien in den Fernunterricht zurückkehren. „Damit kann man schon leben“, so Christoph Drexler, Sprecher der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV). Auch Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek findet die Maßnahme vertretbar, immerhin seien Jugendliche von der britischen Mutation stärker betroffen. Womit man aber nicht leben könne, mahnte Drexler, „wäre wieder wochenlang ins Distance Learning zu gehen“. Schon jetzt sei die psychische Belastung von Kindern und Jugendlichen enorm. Aus demselben Grund hofft auch Bundesschulsprecherin Bosek, dass bei hohen Infektionszahlen rasch andere Maßnahmen gefunden werden, als die Klassen zu schließen.
Der Umstieg ins Distance Learning falle den Schülern mittlerweile zwar schon leichter, sagt Bosek. Durch die Woche im Fernunterricht könnte das Abhalten von Schularbeiten in der Ostregion allerdings komplizierter werden. Hier hoffe sie auf die Expertise der Lehrer. Elternvertreter Drexler würde sich vom Bildungsministerium eine Präzisierung wünschen, wie die Lehrer im Osten bei der Leistungsbeurteilung vorgehen sollen. Immerhin bleibe speziell in den Maturaklassen nur noch wenig Zeit zur Leistungsbeurteilung und diese sei im Distance Learning schwieriger.
SPÖ kritisiert fehlenden Anspruch auf bezahlten Sonderurlaub
Die scheidende SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid - sie wechselt wie berichtet in die Privatwirtschaft - kritisierte das neuerliche Schließen der Schulen, denn bei der Distance-Learning-Variante fehle den Eltern der Rechtsanspruch auf Sonderurlaub. Wer Schulen länger geschlossen hält, müsse demnach den Eltern „zumindest auch ein Recht auf bezahlten zusätzlichen Sonderurlaub, zur Betreuung ihrer Kinder geben. Alles andere ist untragbar!“, so Hammerschmid gegenüber krone.at.
Die SPÖ hatte dazu in der Sitzung des Nationalrats einen entsprechenden Antrag eingebracht, den die Regierung allerdings ablehnte. Einen Rechtsanspruch auf bezahlte Sonderbetreuungszeit, „auch dann, wenn an der Schule Betreuung statt Unterricht angeboten wird", forderte am Donnerstag auch SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer.
Tests: NEOS wollen noch mehr, FPÖ am liebsten gar keine
Die NEOS wollen die Osterferien und die Woche des Distance Learnings dazu nutzen, „um mittel- und langfristige Strategien zu entwickeln, wie die Schulen noch sicherer gemacht werden können und die Schülerinnen und Schüler dann rasch und bis zum Ende des Schuljahres in die Schulen zurückkönnen", so NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre in einer Aussendung. Auch sie sieht die dringende Notwendigkeit von noch mehr - und vor allem besseren - Tests, wie etwa Gurgeltests.
Weniger Freude mit der Teststrategie des Bildungsministers hat hingegen die FPÖ, die einer „allgemeinen Testpflicht“ der Schüler nichts abgewinnen können. „Beim Minister dreht sich momentan alles nur ums Testen, wie es aber den Schülern in dieser mehr oder weniger permanenten schulischen Lockdown-Phase geht, scheint ihm völlig egal zu sein“, kritisierte FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl. Auch die angekündigte Ausweitung der derzeitigen Wiener Kontaktpersonenregelung auf das gesamte Bundesgebiet, ist für Brückl „schlichtweg ein Wahnsinn“.
Geht es nach den Freiheitlichen könnte ein Regelunterricht übrigens „ganz leicht auch ohne Masken, ohne solcher Massentests und fünf Mal die Woche stattfinden“. Brückl nennt hier Acrylglastrennwände samt Umlaufleisten und mit Raumluftreiniger als Lösung.
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